Leistungsanreize nicht genügend durchdacht
Bildung gegen Bares - für Prof. Alexander Dilger eine Rechnung, die so einfach nicht aufgeht. |
Einzig noch ökonomische, nicht soziale oder gesellschaftliche Argumente scheinen derzeit Gewicht zu haben, wenn es um bildungspolitische Fragen geht. Effizienz, Kostendeckung, Leistungsanreiz sind die aktuellen Schlagworte. Doch auch aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht können die Reformansätze nicht die Krise des Bildungssystems mildern, meint Prof. Alexander Dilger, geschäftsführender Direktor des Instituts für Ökonomische Bildung.
Die Umstellung auf W2- und W3-Besoldung und damit auf ein leistungsbezogenes Gehalt beispielsweise berge die Gefahr, dass die wissenschaftliche Leistung zu Gunsten von Gremienarbeit und Lehre zurücktreten müsse. "Leistung wird im Gesetzentwurf nicht definiert, dabei ist es nicht trivial, Leistung zu messen", erklärt Dilger. Weil im Durchschnitt nicht mehr Geld verteilt werde, würden nachrückende Professoren im neuen System schlechter gestellt. "Sie tauschen eine größere Unsicherheit gegen weniger Geld." Da auch die alten Leistungsanreize entfielen, wie zum Beispiel die Möglichkeit, über Berufungsverhandlungen ein höheres C-Gehalt auszuhandeln, würden wohl nur wenige Professoren freiwillig in die neue Besoldung wechseln. "Damit haben wir ein sehr langes Übergangsproblem." Dilger befürchtet darüber hinaus, dass die Konkurrenz mit den Kollegen vor Ort eher schädlich für die Motivation sei. "Sinnvoller ist es, Teams von verschiedenen Standorten miteinander zu vergleichen."
Insgesamt sei das bisherige, gewachsene System nicht so schlecht, wie manche denken. Die Möglichkeit, über Rufe das Gehalt zu steigern, sei eine Form von Leistungsanreizen, die man noch hätte stärken sollen. "Nur ein Element und nicht das ganze Umfeld zu ändern, bringt nichts", meint Dilger, denn: "Beamtenstatus und Leistungsanreize passen nicht ohne weiteres zusammen."
Nicht weit genug geht Dilger auch die Einführung der Juniorprofessur. Da Habilitationen weiter möglich sind, würden viele Fächer sie auch in Zukunft verlangen und damit die Möglichkeit, schnell in der Forschung voranzukommen, ohne jahrelang an einer einzigen Arbeit sitzen zu müssen, zunichte machen. Außerdem sei die Befreiung des Juniorprofessors von der Verantwortung gegenüber einem Professor zweischneidig: Die Gefahr bestehe, dass sich niemand mehr für ihn verantwortlich fühle oder auf der anderen Seite alle Professoren eines Fachbereiches Zugriff auf ihn nehmen würden. "Außerdem fehlt der Juniorprofessur ein klarer Abschluss. Die Leistung wird am Beginn der Karriere durch die Einstellung bewertet. Zu diesem Zeitpunkt fehlen aber noch wichtige Informationen." Die Unsicherheit nehme zu, die Karrierewege an den Hochschulen werden durch Juniorprofessur und niedrigere Besoldung unattraktiver: "Also entscheiden sich nicht mehr die besten, sondern die weniger guten Köpfe dafür, an der Universität zu bleiben", befürchtet Dilger.
Auch Studiengebühren sind für Dilger nur ein halber Schritt in die richtige Richtung. "Es wird immer so getan, als profitiere nur der Student von seinem Studium. Dabei liegt es auch im Interesse des Staates", so der Ökonom, und verweist neben den höheren Steuerzahlungen von Akademikern auf die Multiplikatoreffekte des Einkommens sowie Wachstumseffekte. "Der Nutzen eines Studiums ist für die Gesellschaft höher als die Kosten. Zudem nehmen die Studierenden in Kauf, während des Studiums kein nennenswertes Einkommen zu erzielen, und tragen das gesamte Risiko, ob sie später tatsächlich ein überdurchschnittliches Einkommen haben werden." Das Steuerungsargument sei hinfällig, solange Studiengebühren nicht den Hochschulen zugute kämen, sondern in die allgemeine Staatskasse flössen.
"Halbherzig", "nicht durchdacht", nennt Dilger die bisherigen Reformansätze, aber trotzdem: "Man muss versuchen, das Beste aus den Vorgaben zu machen. Schließlich müssen alle Hochschulen sich darauf einstellen, und wer das am besten managt, gewinnt."