Keine Bevorzugung von Open Source

Auswirkungen von kostenloser Software untersucht

An Windows kommt niemand vorbei, der Marktführer schafft Millionen von Arbeitsplätzen.
Foto: pg   

Häufig mag es scheinen, Deutschland sei Entwicklungsland in Sachen Software, der Marktriese Microsoft nutze Übersee lediglich als Absatzmarkt. Doch eine Studie des Forschungszentrums "MICE" (Muenster Institute for Computational Economics), angesiedelt am Institut für Industriewirtschaftliche Forschung, betont die Bedeutung der Software-Branche für Deutschland. "Nach der Wertschöpfung liegt der IT-Sektor noch vor der Chemischen Industrie", erläutert Dr. Stefan Kooths, Leiter der Studie, die von Microsoft in Auftrag gegeben wurde. Microsoft stelle seinen Partnerprogrammen nicht nur eine technologische, sondern auch eine ökonomische Plattform bereit, auf der andere, vor allem mittelständische, Unternehmen ihre eigenen Geschäftsmodelle aufbauen können.

Industriepolitische Interventionen durch den Staat sind nach Ansicht von Kooths nicht zu rechtfertigen. Vor allem die einseitige Bevorzugung so genannter Open-Source-Produkte, die unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, wirke sich nachteilig aus. "In Deutschland werden rund 11,3 Milliarden Euro von zertifizierten Unternehmen erwirtschaftet, die auf Produkten von Microsoft aufbauen", erklärt Kooths. Die Angst vor der marktbeherrschenden Stellung von Microsoft ist für ihn kein Argument: "Es kann durchaus sinnvoll sein, sich auf eine gemeinsame Plattform zu einigen, wie es beispielsweise bei dem Abwassernetz einer Kommune der Fall ist", so Kooths. "Verboten ist nur der Missbrauch eines solchen Monopols und dafür gibt es Regulierungsmechanismen" - die erst jüngst für Schlagzeilen sorgten, als die EU-Kommission ein Bußgeld von 497 Millionen Euro und Auflagen zur Integration von Fremdsoftware in das Betriebssystem Windows verhängte, weil der US-Konzern seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich auf den Server- und Multimediabereich ausgedehnt habe.

Für Wettbewerb unter den Anbietern sei gerade im IT-Bereich auch dann gesorgt, wenn es eine scheinbare Monopolstellung gebe, so Kooths. "Der Druck ist viel größer als in einem klassischen Geschäftsbereich, weil die Nutzer viel leichter den Anbieter wechseln können." Microsoft sei also gezwungen, sich der potenziellen Konkurrenz zu stellen und auf sie zu reagieren. Deshalb sieht Kooths keinen Grund, dass der Staat einseitig Open-Source-Produkte bevorzuge. "Die Erfolgsbilanz ist zum einen noch sehr dürftig, zum anderen ist unentgeltliche Software weder volkswirtschaftlich kostenlos noch kommt sie den Endanwender unbedingt billiger. Denn die Unternehmen sind ja gezwungen, Geld zu verdienen - wenn nicht über die Software, dann über andere notwendige Angebote." Die Gefahr sei groß, dass durch eine einseitige, politische Entscheidung seitens des Staates - und nur den, nicht die privaten Nutzer hatten die Autoren der Studie im Blick - deutsche Software-Entwickler geschädigt würden.

Darüber hinaus stelle der fehlende Preismechanismus auf diesem Markt ein gravierendes ordnungspolitisches Problem dar. Wenn Knappheiten nicht über die Zahlungsbereitschaften der Nachfrager und die Kostenkalkulationen der Anbieter ausreguliert würden, träten andere, ineffizientere Abstimmungsprozesse an deren Stelle. Die Studie wendet sich daher auch gegen die weit verbreitete Auffassung, Software sei kein knappes Gut und solle deshalb am besten unentgeltlich für jedermann verfügbar gemacht werden. "Die Software, die schon da ist, ist nicht knapp. Volkswirtschaftlich entscheidend ist aber die nächste Softwaregeneration. In diese fließen volkswirtschaftlich knappe Ressourcen, vor allem die Arbeit hochqualifizierter Entwickler, ein. Wir leben deshalb nicht im Software-Schlaraffenland, sondern müssen auswählen, welche Software uns am wichtigsten ist und auf welche wir dafür lieber noch etwas warten. Wer sonst als der Nachfrager sollte dies in einer marktwirtschaftlichen Ordnung entscheiden?", fragen Kooths und sein Forschungsteam in der Studie. Wer den Preis aus dem Softwaremarkt herausnehmen möchte, wolle etwas effizient verteilen, was vorher aber nicht effizient produziert werden könne - nicht aus böser Absicht, sondern weil die dafür entscheidenden Preisinformationen fehlten.

Die Studie berücksichtigt allein ökonomische Faktoren und hat für Aufsehen in der IT-Gemeinde gesorgt. "Der Kampf gegen Microsoft trägt teilweise schon ideologische Züge. Natürlich kann man auch andere Kriterien heranziehen, aber uns zu denen zu äußern, fehlt uns die Kompetenz", sagt Kooths. "Wer sonst Gründe für Open-Source vorbringen möchte, kann das gerne tun, nur auf ordnungspolitische Argumente kann man dabei eben nicht zurückgreifen."

Dass die Studie von Microsoft finanziert wurde, ist für ihn kein Kriterium: "Mit einem anderen Ergebnis hätte Microsoft sie vielleicht nicht so offensiv vermarktet, aber wir haben uns von rein wissenschaftlichen Kriterien leiten lassen", versichert Kooths. Der Softwaremarkt sei kein abgeschotteter ordnungspolitischer Bereich mit eigenen Spielregeln, denn: "Auch in der New Economy gelten die alten Regeln. Ob dieses Ergebnis populär ist oder nicht, hat unsere Arbeit nicht beeinflusst."

bn