Zwischen verstopften Rohren und Kabelsalat

Die Hausmeister sind immer auf Achse und sorgen für den reibungslosen Betrieb

[Manfred Witt]
Immer was zu schrauben hat Manfred Witt, zumal derzeit die Physikalische Chemie vom Schlossplatz ins Naturwissenschaftliche Zentrum zieht.
Fotos (2): Peter Grewer   
Ein Hausmeister trägt einen grauen Kittel und hat einen Schlüsselbund, so schwer wie der vom kleinen Gespenst aus Otfried Preußlers Kinder-Klassiker. Manfred Witt, Herr über die Geschicke des Hauses Schlossplatz 4 bis 7, lacht: "Nee, einen grauen Kittel trage ich schon lange nicht mehr. Aber klar, mein Schlüsselbund macht was her." Zieht denselben aus der Tasche und hält ihn hoch wie eine Trophäe. Keine Frage, dass er von jedem Schlüssel weiß, in welches Loch er gehört.

Manfred Witt, eingefleischter Junggeselle, arbeitet seit zwölf Jahren im Institut für physikalische Chemie. In seinem Kabuff mit Blick auf den Eingang hat er es sich gemütlich gemacht. Überlebenswichtiges - Kaffeemaschine, Milchweißer, Würfelzucker und eine Tasse - steht griffbereit vor seiner Nase. Daneben der Pömpel gegen Verstopfungen im Abflussrohr, ein paar ausrangierte Schraubenzieher, diverse Feuerzeuge, Zigaretten und jede Menge Papierstapel. "Gemütlich will ich's schon haben", sagt der 58-Jährige. Schwer genug in diesen Zeiten, in denen es im Institut drunter und drüber geht. Denn: Die Chemiker ziehen aus Richtung Corrensstraße, obendrein läuft das Semester auf Hochtouren. Für Manfred Witt bedeutet das: Gelassen bleiben und das Programm so abspulen wie gewohnt. Wahrscheinlich ist er im Chaos momentan der Einzige, der noch weiß, wo was steht und zu finden ist.

Der Arbeitstag von Witt beginnt morgens um zwanzig vor sieben. "Dann starte ich mit meinem ersten Rundgang durch das Gebäude." Ein Blick in die Vorlesungssäle PC4 und PC7, schnell die Tafel abgewischt, schauen, ob genug Kreide bereitliegt und die Seife am Waschbecken noch nicht steinhart geworden ist. Außerdem Papierhandtücher auffüllen, prüfen, ob die Klappstühle sich tatsächlich runterklappen lassen, hier und da löst sich schon einmal eine Schraube. Manchmal werkelt Manni Witt schon morgens um sieben zwischen den Stuhlreihen, in seinem Handwerkskoffer hat der gelernte Dreher alles dabei für die kleinen Reparaturen zwischendurch.

Pünktlich sieben Uhr ist er wieder vor seinem Kabuff und schließt den Haupteingang auf. Wenig später trudeln die ersten Studierenden ein. Viele von ihnen kennt er persönlich, im Regen würde er nie jemanden stehen lassen. "Wenn's meimelt, mach' ich schon mal früher auf", sagt der gute Geist des Hauses. Was nicht heißt, dass er alles mit sich machen lässt. Vor allem den Erstis bläut er freundlich, aber bestimmt ein - gerne und mit Nachdruck auch mehrfach am Tag -, dass sie ihre Fahrräder nicht vor dem Eingang, sondern drei Meter weiter in den dafür vorgesehen Ständern abstellen sollen. "Mit den Studis komme ich bestens aus", sagt Witt, und das gilt auch für seinen Draht zu den Professoren. Die hat er sich gründlich erzogen: "Ein Mikrofon muss ich keinem Dozenten hinterher schleppen. Das holen die sich brav vor der Vorlesung bei mir ab."

Wohnen direkt am Arbeitsplatz

Praktisch, dass sein Arbeitsplatz vor der Haustür liegt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Witt wohnt im Dachgeschoss am Schlossplatz und ist damit einer der wenigen Hausmeister, denen eine Dienstwohnung zur Verfügung steht. Zwischendurch reicht die Zeit für einen Snack in der eigenen Küche; bei 50,5 Wochenstunden muss er im Zweifelsfall allerdings auch nachts raus, wenn beispielsweise Proben im Labor überköcheln. "Es handelt sich bei diesen Arbeitsverträgen um ganz normale Angestellten-Tarifverträge", winkt Hans-Joachim Fliesen ab, Leiter der Bauliegenschaftsabteilung und damit Chef aller 69 WWU-Hausmeister. "Bei den 50,5 Stunden handelt es sich um die reine Beschäftigungszeit, zwischen den Kernarbeitszeiten morgens und nachmittags gibtïs auch schon mal Leerlauf."

[Wolfgang Gellenbeck]
Alles im Griff hat Wolfgang Gellenbeck. Von seinem Regieraum aus hat er das gesamte Hörsaalgebäude unter Kontrolle.
   
Das Reich von Wolfgang Gellenbeck im Hörsaalgebäude Hindenburgplatz gleicht mehr dem Regieraum eines Theaters als einem Kabuff. "Nur etwa 20 Prozent der Arbeitszeit gehen für reine Hausmeistertätigkeiten drauf", denn angestellt ist Gellenbeck als Medien-Betreuer. Er sitzt vor einem riesigen Schreibtisch und blickt auf drei Monitore; einer davon zeigt ihm per Mausklick an, ob im Untergeschoss alle Lampen brennen, die Lüftungsanlage einwandfrei läuft, die Rundscheinwerfer auf 500 Watt eingestellt sind, sämtliche Stromschienen hängen, wo sie hingehören. Um das Licht auf der Damentoilette aus- oder anzuschalten, muss Wolfgang Gellenbeck sich keineswegs dorthin bewegen.

Vom Schreibtisch aus, die Maus fest im Griff, huscht er gewandt durch alle Stockwerke. Lüftung, Licht und Temperatur sind okay, die Monitore im Foyer und in den Hörsälen laufen ohne Flackern. "Ich habe von hier nicht nur die vier Säle im Blick, sondern auch jeden letzten Winkel des Hauses." Vor etwa zwei Jahren wurde die gesamte Haustechnik auf den modernsten Stand gebracht, seitdem ist das Gebäude unter anderem vollklimatisiert und neu bestuhlt. Der Computerfreak, der nach einem Lehramtsstudium beruflich umsattelte, war vor seiner Tätigkeit im H1 in der zentralen Gebäudeleittechnik beschäftigt. Seit eineinhalb Jahren teilt er sich mit den Kollegen Jürgen Niehaus und Bernd Kersting die Aufgaben im Hörsalgebäude. Ein Job mit Schichtdienst und Wochenendarbeit, schließlich wird der H1 auch für Firmenpräsentationen, Vorträge und Konzerte genutzt. Unterm Strich findet Wolfgang Gellenbeck die Mischung im H1 genau richtig. "Am Computer kann ich zeigen, was ich draufhabe, die Profs und deren Vorlieben kennt man nach einer Weile recht gut. Letztlich bin ich für das Gelingen einer Vorlesung mit verantwortlich." Sagt's, springt aus seinem Sessel und flitzt wie von der Tarantel gestochen aus der Regie Richtung Podium.

Dort hat der BWL-Professor seinen Laptop kaum heruntergefahren, da ist auf der Bühne alles klar für die nächste Vorlesung. Sofort rückt Gellenbeck das VIP-Board zurecht, Tageslicht-Projektor und Hubwagen werden an ihre Plätze gerollt, mit Beamer und Mikrofon für die Jura-Vorlesung steht der Medien-Betreuer pünktlich in den Startlöchern. "In der Regel sind die Assistenten eine viertel Stunde vor Beginn da, dann stöpseln wir gemeinsam die Technik um." Am liebsten ist es Wolfgang Gellenbeck, wenn möglichst viele Geräte gleichzeitig laufen. Während der Professor seine Power-Point-Präsentation hochfährt, wartet er im Regieraum auf das Handzeichen. Licht aus, Spot an, auch das per Mausklick. Im Hintergrund surren CD, DVD, Tuner, Video und Doppelkassettendeck. Erst ein einziges Mal hat ihm die Technik ein Schnippchen geschlagen, dafür ein großes: "Die Filmvorführung sollte anlaufen und ich die elf mal fünf Meter große Leinwand runterfahren." Nur leider funktionierte die Kabel- und Seiltechnik nicht. "Wir haben die Bilder einfach auf die Mahagoni-Wand projiziert und per Notruf den Techniker alarmiert. The Show must go on, da gibt es kein Vertun, die Studierenden schalten andernfalls sofort ab." Das will der Medien-Betreuer jedem Dozenten ersparen, lauschen an Spitzentagen doch knapp 1300 Studierende gleichzeitig einer einzigen Vorlesung. Dann nämlich, wenn der Professor im H1 liest und die Veranstaltung zugleich in den H2 übertragen wird: "Kann man sich ja vorstellen, was dann abgeht, wenn nicht alles läuft."

Notenständer und Heizung immer im Griff

Hat Wolfgang Gellenbeck genug von Beamern und Co., vom Trubel in den Hörsälen und den Hintergrundgeräuschen im Regieraum, geht er in die Katakomben des Gebäudes und checkt das elektronische Herz der Technik. Hier würde es niemanden wundern, wenn er tatsächlich einen grauen Kittel überstreift. Die Rohre, die Schächte, die Lüftungsklappen und jeder einzelne Gerätefilter sind dem Computerspezialisten mindestens ebenso vertraut wie sein Laptop. Nachdem er die Heizungspumpe auf Herz und Nieren geprüft hat, befindet er sich schon wieder auf dem Weg Richtung Regie. Nicht ohne auf der Treppe mit den ganz alltäglichen Fragen an einen Hausmeister konfrontiert zu werden: Ein Student stürzt auf ihn zu, wahrscheinlich kein BWLer. Gestern habe doch der Oratorienchor im H2 geprobt und nun fehle ein Notenständer. "Ist kein Thema", beschwichtigt Gellenbeck, "den habe ich zu den Fundsachen getan. Können Sie sich in drei Minuten bei mir abholen."

Christiane Bernert