Entstehung und Aufgabe des Instituts für vergleichende Städtegeschichte

Die Beschäftigung mit der Stadtgeschichte, besonders der Geschichte der eigenen Stadt, hat einen enormen Aufschwung genommen - entspricht sie doch einem wachsenden Bedürfnis nach Orientierung und Identifizierung in einer vorwiegend städtischen Gesellschaft. Der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte unserer in vielerlei Hinsicht bedrohten Städte widmet sich das Institut für vergleichende Städtegeschichte an der Universität Münster (IStG).

Das Institut wurde 1970 von dem im Jahr zuvor gegründeten Kuratorium für vergleichende Städtegeschichte e. V., dem zur Zeit über neunzig renommierte Stadtforscher aller relevanten Disziplinen sowie auch institutionelle Mitglieder angehören, als interdisziplinäre Forschungseinrichtung begründet. Angeregt wurde die Institutsgründung durch das Forschungsprogramm, das von der  Commission internationale pour l'histoire des villes (CIHV) des Internationalen Historikerverbandes (Comité international des sciences historiques) bei ihrer Gründung in Rom 1955 entwickelt und bei ihrer Sitzung in Oxford 1969 präzisiert worden war. Der Gründung kam zugute, dass die Bestände der Marburger Forschungsstelle für Städtegeschichte übernommen werden konnten.

Aufgabe des IStG ist es, dem Forschungsprogramm der CIHV auch im deutschsprachigen Raum einen institutionellen Rahmen zu geben. Entsprechend bilden die Erarbeitung von Städteatlanten (Deutscher Historischer Städteatlas,  Westfälischer Städteatlas, Historischer Atlas westfälischer Städte) als Teil der  Europäischen Städteatlanten der CIHV, die Publikation des Deutschen Städtebuchs, die Edition bildlicher und schriftlicher Quellen sowie bibliographische Arbeiten (mit Schwerpunkt auf der Bibliographie zur deutschen historischen Städteforschung und der bis 2000 regelmäßig erschienenen Berichterstattung zu stadtgeschichtlichen Neuerscheinungen) die Basis der Institutsarbeit. Die Grundsätze der Atlasarbeit der CIHV wurden bei einer Sitzung ihrer Atlas Working Group in Münster im Mai 1995 neu gefasst. So ist das Institut während seines bisherigen Bestehens stets unmittelbar in die Arbeit der CIHV konzeptionell und personell eingebunden gewesen.

Daneben hat sich das IStG seit seiner Gründung bemüht, der stadtgeschichtlichen Forschung nicht nur des deutschen Raums innovative Anstöße zu geben und sie konzeptionell zu begleiten sowie ihr durch Tagungen und Kolloquien ein Forum zu bieten. Die Erträge der Tagungen werden neben anderen Forschungsergebnissen in der Publikationsreihe Städteforschung veröffentlicht, die in drei Reihen seit 1976 im IStG herausgegeben wird. Zudem werden regelmäßig stadtgeschichtliche Einzelprojekte im Institut bearbeitet. Gerade in den Einzelprojekten und Kolloquien reichen die Forschungen über Deutschland hinaus und suchen nach einer vergleichenden europäischen (und in jüngerer Zeit auch außereuropäischen) Perspektive, die dem Städtewesen vom Mittelalter bis in die Gegenwart Rechnung trägt. Schließlich unterstützt das Institut seit den frühen 1970er Jahren Kommunen bei der Erarbeitung von wissenschaftlichen und populären stadtgeschichtlichen Publikationen.

Die Bibliothek, deren Grundstock verschiedene Sammlungen und Nachlässe stadtgeschichtlicher Literatur waren, ist heute die größte Spezialbibliothek zur vergleichenden Städtegeschichte in Deutschland. Ihre Bestände werden von in- und ausländischen Wissenschaftlern, z.B. Humboldt-Stipendiaten, regelmäßig genutzt.

Im Rahmen der Kooperation mit der Westfälischen Wilhelms-Universität beteiligt sich das IStG an der universitären Lehre. Der von 1976-1986 an der Universität Münster bestehende SFB 164 "Vergleichende geschichtliche Städteforschung" wurde von ihm initiiert. Eine enge Zusammenarbeit bestand auch mit dem SFB 231 "Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter" (1986-1999) sowie dem DFG-Schwerpunktprogramm "Die Stadt als Dienstleistungszentrum" (1987-1992). Fortgeführt wurde diese Kooperation im SFB 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution", der am 1. Januar 2000 an der WWU seine Arbeit aufnahm und dessen Teilprojekt A 3 "Herrscherlicher und fürstlicher Adventus und bürgerliche Selbstdarstellung im Reich des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit" der Institutsdirektor des IStG leitete. Seit September 2008 besteht zudem eine Kooperation mit dem Exzellenzcluster 212 "Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne" der Universität Münster, wobei das Teilprojekt B4 "Segen für die Mächtigen: Legitimität und Legitimation politischer Herrschaft in spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Stadtprozessionen" bis zum Frühjahr 2012 an das IStG angeschlossen war. Zudem sind weitere Teilprojekte des Exzellenzclusters am IStG verankert: D 2-2 "Lokale Märtyrer des Dritten Reiches" sowie C2-23 "Topographie des Multireligiösen".

Neben den finanziellen Trägern des Instituts, der  Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und dem  Landschaftsverband Westfalen-Lippe, unterstützen verschiedene forschungsfördernde Stiftungen und Kommunen das IStG.