(A2-15) Philosophische Anthropologie als Basis einer säkularen Normbegründung

Basierend auf der Religions- und Idealismuskritik Ludwig Feuerbachs entwickelt sich im Kontext der Linkshegelianischen Debatte eine philosophische Anthropologie, in der an die Stelle der Subjektivitätstheorien des Deutschen Idealismus der Mensch als leiblich-gegenständliches Gattungswesen gesetzt wird. Zugleich wird die idealistische Naturphilosophie Hegels und Schellings in dieser anthropologisch-materialistischen Wende entzaubert’ und in eine an den Naturwissenschaften orientierte wissenschaftliche Weltanschauung transformiert (die in der Folge dann auch vor der Entzauberung des Menschen und seines Geistes nicht halt macht).

Durch diese Engführung mit naturwissenschaftlichen Erklärungsmodellen gerät die philosophische Anthropologie nicht nur in die Nähe des szientistischen Materialismus, sondern zieht auch im Bereich der Normbegründung Konsequenzen nach sich, die in Reduktionismus oder verschiedene  Formen  des  Relativismus  münden. Diese Entwicklung stellt einerseits eine philosophische Reaktion auf eine normative Krise, nämlich auf die Verdrängung von Philosophie und Religion aus dem „Zentrum unserer Kultur“ (Richard Rorty) dar. Andererseits löst diese Entwicklung in der Folge auch vielfältige normative Krisen aus, weil traditionelle Normbegründungen und legitimierte Ordnungen hinterfragt und in ihrer Leistungsfähigkeit geschwächt werden.

In diesem Projekt soll untersucht werden, ob und auf welche Weise die philosophische Anthropologie als Nachfolgeparadigma der idealistischen Subjektphilosophie die Grundlage einer plausiblen Konzeption der Normbegründung in Ethik, Recht und Politik sein kann, wenn man ihre Formationsbedingungen  (Religions- und  Idealismuskritik)  reflektiert. Dabei soll sich zeigen, inwiefern dieses historische Erbe Grenzen des Pluralismus und der Säkularisierbarkeit normativer Begründungen impliziert.