Religion und Politik in Myanmar

Tagung zum Spannungsfeld ethnischer und religiöser Vielfalt in Yangon, Myanmar

Teilnehmer der Tagung zum Thema „Ethnische und religiöse Vielfalt in Myanmar“
Teilnehmer der Tagung zum Thema „Ethnische und religiöse Vielfalt in Myanmar“
© Großhans

Im Rahmen des von Wissenschaftlern des Exzellenzclusters geleiteten Projekts „Religiöser Pluralismus im Diskurs – Buddhisten und Christen in Myanmar und ihr Umgang mit religiöser Pluralität“ fand vom 5.-8. Februar in Yangon (früher: „Rangun“) eine Tagung zum Thema „Ethnische und religiöse Vielfalt in Myanmar“ statt. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt befindet sich seit 2018 in seiner zweijährigen Verlängerungsphase und wird in Kooperation mit dem „Myanmar Institute of Theology“ (MIT), Yangon, durchgeführt.

Der evangelische Theologe Prof. Dr. Hans-Peter Großhans und der Religionswissenschaftler und Theologe Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel vom Exzellenzcluster diskutierten auf der Tagung die spannungsreichen Querverbindungen zwischen ethnischer und religiöser Vielfalt mit international renommierten Experten aus Thailand, Indien, Australien, USA, Dänemark, Estland, sowie acht internationalen und nationalen Wissenschaftlern, die in verschiedenen Landesteilen Myanmars tätig sind. Konzipiert und organisiert wurde die Tagung von der Religionswissenschaftlerin Dr. Madlen Krüger, die an der Universität Münster arbeitet und im Rahmen des Projekts die Feldforschung in Myanmar durchführt.

Ethnische Vielfalt aus religiöser Perspektive

Myanmar, das unter britischer Kolonialherrschaft als „Burma“ oder „Birma“ bekannte Land zwischen Thailand und Indien, geriet in den letzten Jahren insbesondere durch die gewaltsamen Vorgänge um die als „Rohingya“ bekannte muslimische Ethnie aus dem Landesteil Rakhine in die Schlagzeilen. Die Probleme im Spannungsfeld zwischen ethnischer und religiöser Vielfalt sind jedoch wesentlich weitreichender und komplizierter. In Myanmar werden bis zu 135 Ethnien gezählt, in denen sich teilweise sehr unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten finden, auch wenn das Land insgesamt vom Buddhismus dominiert wird, dem ca. 88% der Bevölkerung zugerechnet werden.

Die Konferenz nahm die Spannung zwischen nationaler Identität und ethnischer Vielfalt aus der Perspektive der drei größten Religionsgemeinschaften Myanmars in den Blick: Buddhismus, Christentum und Islam. Die Schwerpunkte lagen dabei auf der geschichtlichen Entwicklung Myanmars und seinem gegenwärtigen nationalen Selbstverständnis (und dessen kritischer Beurteilung aus der Sicht ethnischer und religiöser Minderheiten), den unterschiedlichen Konstitutivelementen ethnischer und religiöser Identitäten, sowie der Suche nach politischen und religiösen Strategien zur Konfliktlösung im gegenwärtigen Übergang von einer zentralistischen Militärdiktatur zu einer demokratischen föderalen Union der Völker Myanmars. Einzelfallanalysen wie z.B. hinsichtlich der Chin, Kachin, Karen, Shan und muslimisch geprägter Ethnien (wie den Rohingya) wurden teilweise ergänzt durch vergleichende Perspektiven auf andere Länder. (exc)

Das Projekt

Das seit 2014 von der DFG geförderte Projekt untersucht schwerpunktmäßig die Einstellungen buddhistischer und christlicher Dozentinnen und Dozenten zur religiösen Vielfalt in Myanmar. Neben umfangreicher Feldforschung mit zahlreichen qualitativen Interviews wurden hierzu 2015 und 2017 bereits zwei Konferenzen in Myanmar durchgeführt. Die Ergebnisse der ersten Konferenz sind inzwischen in Buchform veröffentlicht. Die Beiträge der zweiten Konferenz werden in Kürze als eine Publikation des Myanmar Institute of Theology erscheinen.

Für die Verlängerungsphase wurde der Fokus des Projekts aufgrund des neueren antimuslimischen Diskurses in Myanmar insofern erweitert, als die muslimischen Religionsgemeinschaften Myanmars in ihrem wechselseitigen Verhältnis zu Buddhismus und Christentum mit untersucht werden, sowie die Auswirkungen des antimuslimischen Diskurses auf das religiöse Feld insgesamt. Zudem hatte sich in der bisherigen Forschung des Projekts gezeigt, dass ethnische und regionale Gegebenheiten stärker als ursprünglich geplant bei der Analyse der religiösen Situation in Myanmar und insofern auch bei den Einstellung zur religiösen Vielfalt bei Buddhisten, Christen und Muslimen berücksichtigt werden müssen. Dieser Aspekt stand nun im Zentrum der dritten Konferenz.