Synagogen in der Antike
Internationale Tagung über jüdische Versammlungsorte und Methoden ihrer Erforschung
Mit jüdischen Synagogen der hellenistisch-römischen Zeit und Methoden ihrer Erforschung befasst sich eine interdisziplinäre Tagung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster. Archäologen, Theologen, Judaisten und Althistoriker erörtern jüngste Grabungsfunde sowie neue Theorien und Forschungsansätze zu diesen religiösen Versammlungsorten. „In den letzten 25 Jahren ist die Zahl der in Israel ausgegrabenen Synagogen stark gestiegen, gerade auch der frühen Synagogen aus römischer Zeit“, erläutert der evangelische Theologe und Judaist Prof. Dr. Lutz Doering, der die Tagung zusammen mit den evangelischen Theologen Prof. Dr. Hermut Löhr und Dr. Andrew Krause vom Exzellenzcluster organisiert. Aus den neuen Funde ergäben sich Fragen hinsichtlich der Definition wie der Funktion von Synagogen. „Die Zunahme der Daten macht es erforderlich, die neuen Funde kritisch daraufhin zu betrachten, ob sie in die Typologie früher Synagogen mit aufgenommen werden sollten und ob die Definition auf dieser Grundlage verfeinert werden kann.“ Eine weitere Frage betreffe die Transformationen der Institution Synagoge, etwa über die Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70 n.Chr. hinaus. Dabei soll die Tagung auch frühere Rekonstruktionen der Synagogenentwicklung neu bewerten.
Die Veranstaltung findet unter dem Titel „Synagogues in the Hellenistic-Roman Period” (Synagogen in hellenistisch-römischer Zeit) vom 13. bis 15. Juni in Münster statt. Referenten aus Europa, Israel und Nord-Amerika nehmen dabei einige der neuen Funde sowie insbesondere neue Theorien und Methoden in den Blick. „So wie Archäologen kontinuierlich neue Daten in Form materieller Funde und ihrer Zusammenhänge geliefert haben, sind Historiker und Philologen dazu übergegangen, neue und komplexere theoretische und methodische Instrumente zu nutzen, mithilfe derer sie historische Daten und literarische Quellen betrachten“, erläutert Prof. Doering. So werden alte Texte mit ergiebigen neuen sozial- und literaturwissenschaftlichen Methoden untersucht und neu bewertet, was zu einem verfeinerten Verständnis ihrer Bedeutung führe. Auch den rechtlichen und politischen Kontext sowie Funktionen der Synagogen wollen die Wissenschaftler bei der Tagung in den Blick nehmen.
Interdisziplinarität
„Die Forschung schließt ein breites Spektrum von Fächern wie Archäologie, Alte Geschichte, Bibel- und Religionsforschung ein und widmet sich materiellen ebenso wie textlichen Befunden bis hin zur Sozialgeschichte sowie der Analyse rechtlicher und politischer Strukturen“, so Prof. Doering. Dies mache regelmäßigen Austausch mit den verschiedenen Wissenschaftlern nötig, um das Wissen auf diesem Feld aktuell zu halten und die Fortschritte und Einsichten der sich ergänzenden Disziplinen zu verstehen.
In einem öffentlichen Abendvortrag am Dienstag, 13. Juni spricht der Archäologe Prof. Dr. Zeev Weiss vom Archäologischen Institut der Hebrew University of Jerusalem zum Thema „The Synagogue in an Age of Transition, from the Second Temple Period to Roman Times: Recent Developments in Research” (Die Synagoge in einer Zeit des Übergangs, von der Zeit des zweiten Tempels zur römischen Zeit. Aktuelle Entwicklungen in der Forschung). Der englischsprachige Vortrag ist um 20.00 Uhr im Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Hörsaal JO 1, Johannisstraße 1 in Münster zu hören.
Prof. Dr. Lutz Doering leitet am Exzellenzcluster das Projekt C2-24 „Integration und Diversifikation im palästinischen Judentum der hellenistisch-frührömischen Zeit (300 v. Chr.–135 n. Chr.)“, in dem Dr. Andrew Krause als wissenschaftlicher Mitarbeiter forscht. Prof. Dr. Hermut Löhr hat die Tagung im Rahmen des Projektes A2-10 „Der jüdische Nomos zwischen Normativität und Identität am Beispiel Alexandrias im 1.-3. Jh. n. Chr.“ mitorganisiert. Er ist seit dem Sommersemester Professor für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. (ill/maz)