„Tanzende Derwische“

Musikwissenschaftler Ralf Martin Jäger über Musik im Kontext des Islam

Über Musik im Kontext des Islam hat der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Ralf Martin Jäger in der Ringvorlesung „Musik und Religion“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ gesprochen. „Musik im Kontext des Islâm war und ist stets Gegenstand der Diskussion islamischer Rechtsgelehrter“, so der Forscher vom Institut für Musikwissenschaft der WWU. Während orthodoxe islamische Theologen seit Beginn der islamischen Zeitrechnung vielfach Musizierverbote durchgesetzt hätten, um hierdurch das Hören von Musik in religiös unrechter Weise zu unterbinden, hätten liberale Gelehrte die Musikaufführung befürwortet.

Der Vortrag „Musik im Kontext des Islam – Zwischen Moschee und Derwisch-Bruderschaft“ führte in das gleichnamige Konzert in der Folgewoche ein. Der Exzellenzcluster lädt am Dienstag, 27. Mai, um 18.15 Uhr zum Konzert mit dem Istanbuler Ensemble Ayangil ein, das in der Petrikirche am Jesuitengang in Münster zu hören ist (hinter dem Fürstenberghaus am Domplatz 20-22). Der Eintritt ist frei.

Prof. Jäger nahm in seinem Vortrag neben religionsrechtlichen Bewertungen auch religiöse Vortragsformen und musikalische Gattungen in den Blick. Der Vortrag beleuchtete den Musikbegriff im Islam und stellte die Moschee und die Tekke der Derwische, einem Konvent der Bruderschaft, als Aufführungsort religiös motivierter Musik vor. „Die islamischen Sufi-Bruderschaften pflegten in der Tekke „ẕikr-Zeremonien“, die dem Ziel dienten, der Anwesenheit Gottes inne zu werden“, erläuterte Prof. Jäger. Das von Musik begleitete Ritual habe sich je nach Bruderschaft unterschieden. „Von besonders großer Bedeutung für das religiöse wie weltliche Musikleben war im Osmanischen Reich die Sufi-Bruderschaft der ‚tanzenden Derwische‘, die Mevlevi. In ihr hätten bis 1925 zahlreiche Musiker und Komponisten ihre Ausbildung erhalten, die in der islamisch motivierten wie auch der weltlichen Musik einflussreich waren. Im Jahr 1925 erließ Atatürk ein inzwischen wieder gelockertes Verbot der Bruderschaften, was eine Schließung der türkischen tekke-ler nach sich zog. (maz/ill)

Ringvorlesung „Musik und Religion“ mit Vorträgen und Konzerten

Unter dem Titel „Musik und Religion“ lädt der Exzellenzcluster im Sommersemester zu Vorträgen und Konzerten ein. Das Spektrum der Vorträge der öffentlichen Ringvorlesung reicht von der Musik in Judentum, Islam und Hinduismus über die christliche Kirchenmusik bis zum Klavierlied des 19. Jahrhunderts und der Popmusik der Gegenwart. Neben die Vorträge tritt das Erleben: neben dem Liederabend mit Benjamin Appl sind Interessierte zu einer orthodoxen Vesper und einem Konzert mit Islam-Musik des Ensembles Ayangil aus Istanbul eingeladen. An den Vorträgen beteiligt sind Musik-, Religions- und Islamwissenschaftler sowie Theologen und Soziologen. Sie untersuchen das vielschichtige Verhältnis von Musik und Religion seit der Antike bis heute, in Europa und Nordamerika, in Indien und im Nahen Osten.

Die Vorträge der Ringvorlesung sind bis 18. Juli 2017 dienstags um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22 in Münster zu hören, die Konzerte und die Vesper in der benachbarten Petrikirche. Veranstalter der Reihe sind der Musikwissenschaftler Dr. Dominik Höink, die Islamwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Bauer und Dr. Monika Springberg-Hinsen, der katholische Theologe und Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Clemens Leonhard und die Leiterin der Wissenschaftskommunikation am Exzellenzcluster, Viola van Melis. (vvm)