Politische Mythen und Verschwörungen

Zeithistorikerin Sarah Thieme sprach im Palace of Westminster über NS-Märtyrer

Sarah Thieme, M.A.
Sarah Thieme, M.A.
© maz

Die Zeithistorikerin Sarah Thieme vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ hat auf einer Tagung über politische Mythen in London im Palace of Westminster über Märtyrerfiguren der NS-Bewegung in der Weimarer Zeit gesprochen. Der Vortrag war Teil der Konferenz „Protagonists of Political Mythology: How Individuals and Collectives become History?” (Protagonisten politischer Mythologie: Wie wurden Individuen und Kollektive zu Geschichte?). Historiker und Politikwissenschaftler aus Großbritannien, den USA, Italien, Frankreich, Schweden, Russland und Deutschland erörterten auf Einladung der University of East Anglia die Frage, wie Mythen und Verschwörungen Einfluss auf die Politik nehmen. Die Konferenz fand auf Einladung des House of Commons im Palace of Westminster statt und wurde unterstützt von der Stiftung „Phenomen Trust“.

Eröffnet wurde die Tagung mit einem Podium zum Zusammenbruch der Sowjetunion. Zeitzeugen diskutierten mythische Auflösungsnarrative über das Ende der UdSSR, darunter der Politiker und Wissenschaftler Prof. Stanislav Shushkevich, erstes Staatsoberhaupt des unabhängigen Weißrussland von 1991 bis 1994, sowie der ehemalige russische Staatssekretär Dr. Gennady Burbulis (1991–1992).

Märtyrerfiguren der NS-Bewegung

Im Anschluss daran gingen die Forscher der Frage nach, wie mythische Narrative von Nationen und oppositionellen Gruppen im 20. Jahrhundert geformt wurden. Sie erörterten die Funktionen von Geschichtsmythen und Verschwörungstheorien für politische Kollektive und beleuchteten, wie sich diese im Laufe der Zeit wandelten und welchen Einfluss sie gewinnen konnten. Sarah Thieme präsentierte Ergebnisse ihrer am Exzellenzcluster entstandenen Dissertation. Sie zeigte auf, wie verstorbene SA-Männer in der Zeit der Weimarer Republik in Mythen und Kult zu Märtyrerfiguren der NS-Bewegung gemacht wurden. So sollten Aktivisten zum weiteren Engagement für die erstrebte Etablierung des NS-Heilsziels im „Dritten Reiches“ motiviert werden. (exc/vvm)