Paraguays parlamentarischer Putsch

Lateinamerika-Historikerin Antje Schnoor über die vielen Stimmen der katholischen Kirche zum Sturz von Paraguays Präsident Lugo

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Antje Schnoor

Paraguays Präsident Fernando Lugo ist im Juni überraschend des Amtes enthoben worden. Über die politischen Folgen der abrupten Absetzung des früheren Bischofs und Ordensmannes schreibt Lateinamerika-Historikerin Antje Schnoor in einem Beitrag für die Website www.religion-und-politik.de des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster. Sie untersucht insbesondere die politische Rolle der katholischen Kirche im aktuellen Geschehen. „Auch aus der Kirche sind Stimmen zu hören, bei der Amtsenthebung Lugos handle es sich um einen Staatsstreich“, schreibt die Wissenschaftlerin aus der Graduiertenschule des Exzellenzclusters. „Allerdings zeigt sich nach dem Sturz Lugos die Zerrissenheit der katholischen Kirche.“

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Viel zu schnell ist die internationale Berichterstattung über den abrupten Machtwechsel Ende Juni in Paraguay abgeebbt, die Proteste im ganzen Land und in Nachbarländern des südamerikanischen Staates halten jedoch an. Schließlich hatte die Amtsenthebung des paraguayischen Präsidenten, des ehemaligen Bischofs und Ordensmannes Fernando Lugo am 22. Juni lediglich den Anschein eines demokratischen Vorganges. Kritiker aus Politik und Gesellschaft fordern nun lautstark transparente Neuwahlen. Auch aus der katholischen Kirche sind Stimmen zu hören, bei der Amtsenthebung Lugos handle es sich um einen Staatsstreich. Allerdings zeigt sich nach dem Sturz Lugos die Zerrissenheit der katholischen Kirche.

Während die Konferenz der Ordensmänner und -frauen, die CONFERPAR, umgehend Zweifel an der Rechtmäßigkeit des parlamentarischen Präsidentensturzes verlauten ließ, hält sich die paraguayische Bischofskonferenz bis jetzt gänzlich mit politischen Äußerungen zurück. Der Vatikan wiederum zögerte nicht, den neuen Präsidenten Federico Franco offiziell anzuerkennen. Diese unterschiedlichen Reaktionen auf den Machtwechsel weisen auf die Komplexität der katholischen Kirche als politischem Akteur hin. Wie bedeutsam die kirchliche Haltung zu dem politischen Geschehen ist, lässt sich auch daran erkennen, dass die De-Facto-Regierung versucht, sich durch die Kirche zu legitimieren. Anhänger der neuen Regierung nutzten die Unterstützung einzelner Bischöfe, um die Kirche insgesamt als Unterstützerin des Präsidentensturzes erscheinen zu lassen.

Die Kirche war und ist ein politscher Akteur und das Schweigen des Episkopats zu bestimmten Ereignissen muss als politische Stellungnahme verstanden werden. Komplexe politische Akteure lassen sich in korporative und kollektive Akteure unterscheiden. Bei kollektiven Akteuren schließen sich mehrere Akteure zur Kooperation zusammen, verschmelzen aber nicht miteinander. Ein korporativer Akteur ist hingegen ein einheitlicher Akteur, der eine eigene Handlungseinheit darstellt und unter einer einzigen Führung steht.

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