Religion und Gewalt

Öffentliche Ringvorlesung zur Rolle von Christentum, Islam und Judentum in Konflikten

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Prof. Dr. Gerd Althoff

Das Verhältnis von Religion und Gewalt steht ab Anfang April im Mittelpunkt der öffentlichen Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster. Die christlichen Kirchen hätten sich bis ins 20. Jahrhundert an Gewaltakten beteiligt oder sie zumindest nicht verhindert, sagte der Historiker und Cluster-Sprecher Prof. Dr. Gerd Althoff am Montag in Münster. Als Beispiele nannte er den Spanischen Bürgerkrieg und Militärdiktaturen in Südamerika. Heute habe das Christentum „seine gewalttätigsten Phasen hinter sich“. In der Geschichte sei es aber immer wieder zu Rückfällen gekommen, unterstrich der Historiker. Die Ringvorlesung solle den Zuhörern die geschichtlichen Wandlungen vor Augen führen und zum Nachdenken anregen.

Auch in anderen Religionen stehen laut Althoff oft friedfertige und fundamentalistisch-gewaltnahe Richtungen nebeneinander. Diese Vielfalt werde die Veranstaltungsreihe widerspiegeln, sagte der Mittelalter-Historiker. „Wir vergleichen den Umgang mit Gewalt im Christentum mit dem in Judentum, Islam und Religionen der Antike.“ So schildert der Islamwissenschaftler Prof. Dr. Marco Schöller die vielfältigen Formen des Dschihads, Judaistin Prof. Dr. Regina Grundmann spricht über jüdisch-christliche Zwangsdisputationen. Insgesamt beleuchten die 14 Vorträge „Erfahrungen aus drei Jahrtausenden Monotheismus“, wie der Untertitel der Reihe sagt. Prof. Althoff hat sie gemeinsam mit der Neuzeit-Historikerin Prof. Dr. Silke Hensel organisiert.

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Plakat der Ringvorlesung

Die Vorträge untersuchen, unter welchen geschichtlichen Bedingungen Religionen ihr Friedenspotenzial entfalteten und wann sie Gewaltanwendung mit ihren heiligen Schriften rechtfertigten, propagierten oder sogar geistliche Belohnung dafür in Aussicht stellten. „Häufig wurden und werden Konflikte religiös und ethnisch verbrämt“, erläuterte Prof. Althoff. Zugleich hätten die Religionen aber auch Friedenspotenzial: „Die frühe Kirche etwa war geradezu pazifistisch, und auch später gab es immer wieder Strömungen, die an dieses Urchristentum anknüpften.“

In der Ringvorlesung kommen wieder Vertreter unterschiedlicher Disziplinen wie Historiker, Germanisten, Theologen und Religionswissenschaftler zu Wort. Kirchenhistoriker Prof. Dr. Arnold Angenendt eröffnet die Reihe am 5. April mit einem Vortrag über „Gottesfrevel und Gotteszorn als Quellen der Religionsgewalt“. In der Folgewoche spricht der renommierte Ägyptologe und Religionswissenschaftler Prof. Dr. Jan Assmann, der in Heidelberg und Konstanz lebt, zum „Ursprung und Wesen religiöser Gewalt“. Prof. Althoff referiert am 19. April über „Das Reformpapsttum und die Gewalt im Mittelalter“. Weitere Themen und Referenten finden sich im Programm unten. Diesmal beteiligen sich besonders viele jüngere Wissenschaftler des Exzellenzclusters.

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O-Töne zur Ringvorlesung

Die Vorträge mit anschließender Diskussion finden jeweils dienstags ab 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses, Domplatz 20-22, statt. Die Ringvorlesung ist aus dem Themen-Schwerpunkt „Gewalt“ des Exzellenzclusters hervorgegangen. Sie ist Teil der Reihe „Dialoge zum Frieden“, für die der Exzellenzcluster im Rahmen der „Allianz für Wissenschaft“ mit der Stadt Münster zusammenarbeitet. Der ehemalige Leiter des Stadtarchivs Münster Prof. Dr. Franz-Josef Jakobi, Vorsitzender des Arbeitskreises „Westfälischer Friede“, spricht in Vertretung von Oberbürgermeister Markus Lewe zur Eröffnung ein Grußwort. (arn/vvm)

Programm

05.04.2011 Arnold Angenendt (Münster) Gottesfrevel und Gotteszorn als Quellen der Religionsgewalt  
12.04.2011 Jan Assmann (Heidelberg/Konstanz) Zum Ursprung und Wesen religiöser Gewalt  
19.04.2011 Gerd Althoff (Münster) Zum Guten zwingen. Das Reformpapsttum und die Gewalt im Mittelalter  
26.04.2011 Johannes Schnocks (Münster) Helden und Heilige. Das Vorbild der Makkabäer und die Legitimation von Gewalt im Mittelalter  
03.05.2011 Marco Schöller (Münster) Wortgewalt, Kampf und Seelenheil: Warum es nicht den einen Dschihad gibt  
10.05.2011 Thomas Lentes (Münster) Mit unsichtbaren Waffen gegen die sichtbaren Feinde. Krieg und Liturgie im Mittelalter  
17.05.2011 Rüdiger Schmitt (Münster) „Yr sollet euch nit erbarmen…“ Biblische Legitimation religiöser Gewalt bei Thomas Müntzer  
24.05.2011 Andreas Pietsch (Münster) Wehrlos um Christi willen. Zur Delegitimierung von Gewalt im Täufertum  
31.05.2011 Matthias Pohlig (Münster) Religiöse Gewalt im konfessionellen Zeitalter?  
07.06.2011 Regina Grundmann (Münster) Christlich-jüdische Zwangsdisputationen  
21.06.2011 Gianmaria Zamagni (Münster) „Gott segne Euch!“ Die Legitimation physischer Gewalt im spanischen Bürgerkrieg  
28.06.2011 Stephan Ruderer (Münster) Mit der Hilfe Gottes? Die Militärdiktaturen in Argentinien und Chile und die katholische Kirche  
05.07.2011 Martina Wagner-Egelhaaf (Münster) „... und steuere deiner Feinde Mord.“ Gewalt im Kirchenlied  
12.07.2011 Hans-Richard Reuter (Münster) Von der „Kriegstheologie“ zur Friedensethik. Zum Wandel der Kriegswahrnehmung im deutschen Protestantismus der letzten 100 Jahre    

Sommersemester 2011
Dienstag 18.15 bis 19.45 Uhr
Hörsaal F2 im Fürstenberghaus
Domplatz 20-22
48143 Münster