Was von Tunesiens Islamisten zu halten ist

Seit der Jasmin-Revolution gewinnt der islamistische Oppositionelle Rashid al-Ghannoushi an Bedeutung

Gastbeitrag-preuschaft

Menno Preuschaft

Nach 22 Jahren im Londoner Exil ist der Führer der islamistischen Ennahda-Bewegung, Rashid al-Ghannoushi, nach Tunesien zurückgekehrt. Mit Begeisterung empfingen Tausende den Oppositionellen am Flughafen von Tunis. Die Islamisten-Bewegung könnte sich nach der Jasmin-Revolution Experten zufolge zu einer bestimmenden politischen Kraft entwickeln. Islamwissenschaftler Menno Preuschaft schreibt in einem Beitrag für www.religion-und-politik.de, wie die Haltung des politisch-religiösen Denkers Ghannoushi zu Fragen von Demokratie und Bürgerrechten aussieht. 

Der Beitrag:

Anfuehrungszeichen

Die Jasmin-Revolution vom Januar 2011 hat die Hoffnung vieler Tunesier auf die Errichtung und Etablierung eines demokratischen Systems in ihrem Land geweckt. Vielen Beobachtern in Europa und den USA bereitet hingegen der Gedanke an erstarkende oder gar regierende Islamisten in dem nordafrikanischen Land und anderswo in der arabischen Welt Sorgenfalten. Schreckbilder eines Gottesstaats nach iranischem Vorbild, der Beschneidung bürgerlicher Freiheiten und von Frauen- und Minderheitenrechten stehen dem einen oder anderen vor Augen. Doch wie berechtigt ist diese Sorge mit Blick auf Tunesiens Islamisten?

Schon einmal, im November 1987, wuchs bei der islamistischen Bewegung des Landes die Hoffnung auf einen Neuanfang in Tunesiens politischer Landschaft: Nach 32 Jahren an der Macht war der seit der Unabhängigkeit Tunesiens von der französischen Kolonialmacht herrschende Habib Bourguiba durch den bisherigen Ministerpräsidenten Zine el-Abedin Ben Ali im Zuge eines „verfassungsgemäßen Putsches“ im Amt ersetzt worden. Ben Ali hatte den Islamisten zunächst signalisiert, ihnen den Weg in den politischen Meinungsbildungsprozess frei zu machen und ihre Organisation, die „Movement de la Tendance Islamique“ (MTI) als Partei zuzulassen, sofern diese bereit wären, auf den Verweis auf die Religion in ihrem Namen und politischen Programm zu verzichten. Ein durch den Einsatz Bourguibas erlassenes Todesurteil gegen den geistigen und politischen Anführer der Bewegung, Rashid al-Ghannoushi (auch Rached Ghannouchi), wurde aufgehoben und dieser auf freien Fuß gesetzt. Doch die von Ben Ali angekündigte Öffnung und Demokratisierung des politischen Systems währte nicht lange: Ben Ali führte das „System Bourguiba“ weitgehend fort und obwohl sich die Bewegung 1989 von ihrem alten Namen trennte – sie nannte sich von nun an Hizb an-Nahda (die gekürzt auch „Ennahda“ genannte „Renaissance Partei“) – und damit den offenen Bezug zum Islam in ihrer Politik strich, wurde ihr mit der Begründung, eine Vermischung von Religion und Politik müsse unbedingt vermieden die Zulassung als Partei verweigert.

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