Manuel Ghilarducci
Manuel Ghilarducci

Subjekte, Sprachgewalt, Hegemonie. Sprachreflexion in der deutschen und russischen Gegenwartsprosa

Foto Manuel Ghilarducci
© Harrassowitz

Die Sprachreflexion in der deutschen und russischen Gegenwartsprosa wurde bisher als eine hauptsächlich biografisch motivierte Reaktion auf politische Unterdrückung interpretiert. Aber handelt es sich um ein politisches Anliegen, wenn die Literatur ihr eigenes Medium reflektiert? Und was bedeutet „politisch“ in diesem Zusammenhang?
Auf der Grundlage einer poststrukturalistischen Begrifflichkeit und hegemonietheoretischer Ansätze untersucht die Arbeit die Komplexität und Transversalität der Sprachreflexion in exemplarischen Texten der deutschen und russischen Gegenwartsliteratur. Die Prosa von Gert Neumann, Kurt Drawert, Vladimir Sorokin und Valerij Votrin stellt Sprachgewalt als ultimatives Fundament jeder soziopolitischen Ordnung dar – ob der DDR, der Sowjetunion oder des heutigen Deutschlands und Russlands. Aber auch die Literatur besteht aus Sprache. Über die politische Ebene der Sprache hinausgehend werfen alle Texte sprachphilosophische Fragen auf: Was ist Sprache überhaupt? Ist Literatur ohne Sprachgewalt überhaupt möglich? In welchem Zusammenhang stehen politische Systeme, Sprachnormen und Subjekte? Auf diese Weise sind politisch diskursive Gewalt und der Sprache immanente Gewalt stets miteinander verflochten. Die Versuche der Subjekte, sich als stabile Instanzen zu präsentieren, die die Sprache unter Kontrolle halten können, münden immer in einer Figur des Scheiterns, die nicht als Resultat politischer Herrschaft und Unterdrückung zu betrachten ist, sondern sich als eine konstitutive Eigenschaft des Subjekts in seinem ontologischen Verhältnis zur Sprache zeigt.

Fach: Neuere deutsche Literatur, neuere russische Literatur
Betreuer/innen: Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf; Prof. Dr. Alfred Sproede; Prof. Dr. Vladimir Novikov (MGU, Staatliche Universität Moskau)

Kontakt

  • Aktuelles

    seit 2021

    Gastprofessor am Institut für Slawistik und Hungarologie der Humboldt-Universität zu Berlin (Juniorprofessur Westslawische Literaturen, seit 2023 Juniorprofessur für ost- und westslawistische Literatur- und Kulturwissenschaft)

     

  • Akademischer Werdegang

    Oktober 2016 / Februar 2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Slawistik und Hungarologie der Humboldt-Universität zu Berlin, Fachgebiet Westslawische Literaturen und Kulturen (Polonistik)

    2017

    Verteidigung der Dissertation: Die unwiderstehliche Gewalt der Sprache. Metasprachliche Reflexion in der deutschen und russischen Gegenwartsprosa (1989-2013) zwischen Politik und Sprachphilosophie
    07/2016

    Forschungsaufenthalt an der Universität Warschau

    2013 - 2016 Lehrbeauftragter an der WWU Münster, Germanistisches Institut
    2011 - 2017 Promotion an der Graduate School Practices of Literature der WWU Münster
    08/2011 - 09/2011 Stipendiat an der FU Berlin: Abschlussredaktion der Magisterarbeit „Gegen die Wirklichkeit. Denken und Schreiben Thomas Bernhards“ unter der Betreuung von Dr. Bernd Blaschke (Peter Szondi Institut)
    2005 Erasmus-Stipendiat an der Freie Universität Berlin
    2002 - 2009

    Studium der Germanistik und Slawistik an der Universität Pisa (Italien)