Nachrufe

2019

Nachruf für Prof. Dr. Jörg Ritter
Wir trauern um Prof. Dr. Jörg Ritter, der am 17. Juli 2019 im Alter von 74 Jahren verstarb. Mit der Musik verband ihn eine doppelte Liebe: Wie viele Mediziner seiner Generation hatte er ein Instrument erlernt, war der klassischen Musik zutiefst verbunden und er erzählte, dass er seit 1971 im Deutschen Kinderärzteorchester Bratsche spielte. Anfang der 2000er lernte er die südkoreanische Musiktherapiestudentin Aeri Kang kennen, die 2003 hier an der Universität Münster ihr Diplom in Musiktherapie abschloss und mit der er dann auch verheiratet war.
Als wir ihn bei der 2009 fälligen Umstellung des Diplomstudiengangs Musiktherapie in die Masterstruktur fragten, ob er sich vorstellen könne, für einige Zeit die Verantwortung für den medizinischen Teil dieser Ausbildung zu übernehmen, war er dazu gerne bereit. Da er kurz zuvor in den Ruhestand getreten war, beauftragte ihn das Rektorat dafür mit einer Seniorprofessur, die er bis 2012 innehatte. Aber auch danach engagierte er sich ehrenamtlich für den Master Klinische Musiktherapie, indem er weiterhin ein zweisemestriges Einführungsseminar in die Grundlagen der Medizin anbot, zusammen mit Prof. Dr. Stefan Evers die mündlichen Prüfungen in Medizin abnahm und auch im Prüfungsausschuss weiterhin mitwirkte. Die Studierenden verblüffte er immer wieder mit seinen beeindruckenden Musikgeschichtskenntnissen. Für die von ihm initiierte und organisierte Ringvorlesung „Musik und Medizin“ konnte er bekannte Mediziner u.a. zu Themen rund um das Schnittfeld Musik und Medizin gewinnen und so seine berufliche Qualifikation mit der eines tiefen Liebhabers der Musik verbinden.
Unser Mitgefühl gilt unserer Kollegin Aeri Kang-Ritter.
Dr. Bernd Reichert, Prof. Dr. Rosemarie Tüpker im August 2019

2017

Nachruf für Hedda Auffahrt

Wir, die Kolleginnen und Kollegen und die Studierenden der Musiktherapie an der Universität Münster, trauern um Hedda Auffahrt, geb. am 1. Juni 1958, die am 19. August 2017 nach langer schwerer Krankheit von uns gegangen ist.
Hedda Auffahrt studierte zunächst Instrumentalpädagogik und Allgemeine Musikerziehung an der Musikhochschule Köln und arbeitete als selbständige Klavierlehrerin. Dann fand sie über die Weiterbildung am Fritz-Perls-Institut in Hückeswagen zur Musiktherapie und verband beide Tätigkeiten zu der ihr eigenen Kombination, war daneben immer wieder auch musikalisch-künstlerisch tätig. Musiktherapeutisch arbeitete sie in einer Rehaklinik für Psychosomatik und onkologische Nachsorge, dann im Paulusheim in Osnabrück und in eigener Praxis. Der Musiktherapie in Münster war sie durch verschiedene Kontakte verbunden und seit Beginn des Masterstudiengangs betreute sie Studierende in ihrer musiktherapeutischen Selbsterfahrung.
Wir, die ehemaligen Studierenden des Masterstudiengangs Klinische Musiktherapie, lernten Frau Auffahrt als Lehrbeauftragte für Gruppenmusiktherapie kennen. Sie verstand es, aus der Gruppe der neu zusammengefundenen Studierenden ein Team zu machen, das auf sich achtgab und das lernte, Hürden gemeinsam zu meistern.
Mit der spürbaren Begeisterung für ihr Fach und dem Schaffen einer vertrauensvollen Atmosphäre verwandelte sie den Raum im Untergeschoss des Instituts, in dem die Gruppenmusiktherapie stattfand, in einen sicheren Ort. Hier konnte man sich wohlfühlen und sich verstanden fühlen. Ihre Fürsorge uns gegenüber entwickelte sich bei uns zu einer wachsenden Selbstfürsorge, die für den Beruf des Musiktherapeuten von großer Bedeutung ist. Ihre wärmende Persönlichkeit und positive Ausstrahlung ermutigten uns, uns auf die Selbsterfahrung einzulassen und an uns zu arbeiten. Sie schenkte uns ein offenes Ohr und wohlwollende Worte, mit denen sie uns ihre Wertschätzung entgegenbrachte.
Aufgrund der positiven Erfahrungen aus den Gruppenstunden führten nach Abschluss der Gruppenmusiktherapie einige Studierende die Selbsterfahrung bei ihr in Kleingruppen oder im Einzel fort, wodurch sich die Beziehung vertiefte und sie weiter an unserer Entwicklung Anteil hatte.
Wir sind ihr sehr dankbar für die Zeit, in der sie uns auf methodischer und persönlicher Ebene an die Musiktherapeutische Selbsterfahrung herangeführt und uns dabei begleitet hat. Wir werden sie und ihr Wirken in guter Erinnerung bewahren und die Art und Weise, wie sie uns bewegt hat, wird auch über ihren Tod hinaus in unserem Tun weiterwirken.
Wir, die Kolleginnen und Kollegen, schätzten ihre Sorgfalt im Umgang mit allen Fragen, ihre Zuverlässigkeit und Offenheit, ihre Kollegialität und Freundschaft, ihr Strahlen und ihren Ernst. Wir werden sie sehr vermissen.
Münster, den 31. August 2017
Kristen Krägelin und Rosemarie Tüpker


Nachruf für Mary Priestley

Wir trauern um Mary Priestley, geb. am 4. März 1925 in London, die am 11. Juni 2017 in London verstorben ist.
Mary Priestley war die Begründerin der Psychoanalytischen Musiktherapie und hat auch die deutsche Musiktherapie maßgeblich mit geprägt. Musiktherapeuten wie Johannes Th. Eschen und Ole Teichmann haben bei ihr gelernt und ihre Selbsterfahrung gemacht und diese Erfahrungen in den Mentorenkurs Musiktherapie Herdecke und die Hamburger Musiktherapieausbildung getragen. Mary Priestley war aber auch selbst mehrfach als Dozentin und Lehrtherapeutin in Herdecke und Hamburg. Ihre Vorlesungen zur Psychoanalytischen Musiktherapie wurden 1983 in dem Buch: „Analytische Musiktherapie. Vorlesungen am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke“ im Klett-Cotta-Verlag veröffentlicht. Ihr erstes Buch, „Music Therapy in Action“, schrieb sie 1975 bald nach ihrer Ausbildung und ihren ersten musiktherapeutischen Erfahrungen, in deutscher Sprache erschien es 1982 unter dem Titel  „Musiktherapeutische Erfahrungen“ bei Fischer/Bärenreiter. Beide Bücher gehören zu den Standardwerken der Musiktherapie und begründen die Psychoanalytische Ausrichtung in der Musiktherapie.
Mary Priestley war die Tochter des berühmten Schriftstellers John Boynton Priestley und der Pianistin Jane Wyndham-Lewis. Die Eltern waren nicht verheiratet und lebten auch nicht zusammen, Mary hatte Kontakt zu beiden Eltern und den jeweiligen Halbgeschwistern. Musik hatte durch die Mutter schon früh eine Bedeutung für sie, mit 7 Jahren erhielt sie ihren ersten Klavierunterricht. Ihr Hauptinstrument aber wurde die Geige. Als ihre Schule aufgrund der Kriegsereignisse im zweiten Weltkrieg den Lehrbetrieb nach Herefordshire verlegte, intensivierte sie ihre musikalische Ausbildung, nahm Kompositionsunterricht bei Arthur Villner und gründete mit Freunden ein Streichquartett. Ihre Geigenlehrerin Isolde Menges brachte sie an das renommierte Royal College of Music und damit zurück nach London, wo sie 16jährig die deutschen Bombenangriffe erlebte. Ihre weiteren Musikstudien führten sie in die Schweiz an das Conservatoire de musique de Genève, wo sie  ihren späteren Mann, den dänischen Geiger und Dirigenten Sigvald Michelsen kennenlernte, dem sie 1949 nach Dänemark folgte und wo sie eine Stelle als Orchestergeigerin einnahm.
Zuvor erlitt sie einen ersten Schub einer manisch-depressiven Erkrankung. Später berichtete sie, wie traumatisierend die damalige Psychiatrie, deren Umgang mit den Patienten und die bei ihr durchgeführten Insulin- und Elektroschocktherapien waren. 1951 brachte sie Zwillinge, zwei Jungen zur Welt, 1954 einen weiteren Sohn. Als es nach zweieinhalb Jahren zur Scheidung kam und Mary in ihre Heimatstadt London zurückkehrte, musste sie aufgrund der dänischen Rechtsprechung die Zwillinge beim Vater lassen und konnte sie erst nach London holen, als sie bereits 13 Jahre alt waren.
1968 begann Mary Priestley eine Psychoanalyse und ein Jahr später eine Weiterbildung bei der Londoner Musiktherapeutin  Juliette Alvin an der Guildhall School of Music and Drama, wo sie besonders von der freien Improvisation fasziniert war, die dort (wie später auch in Herdecke und Hamburg) von Alfred Niemann gelehrt wurde. Mit ihrer musiktherapeutischen Arbeit an der psychiatrischen Klinik St. Bernhard’s in London verband sie ihre eigenen Leiderfahrungen, ihr musikalisches Können und ihre psychoanalytischen Kenntnisse, um einen musiktherapeutischen Zugang zu den Erlebenswelten vor allem von psychotisch erkrankten Patienten zu finden. Im Wechsel von freier musikalischer Improvisation und Gespräch entdeckte sie vor allem das Potenzial, welches in der feinen Beobachtung der Gegenübertragung in der gemeinsam entstehenden Musik steckt.
Später gab sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen durch vielfache Beteiligungen an Ausbildungen, durch Kurse und persönliche Betreuungen von Studierenden weiter. Sie entwickelte die Form der Intertherapy als einer Lehrmusiktherapie auf kollegialer Ebene und betonte die Bedeutung der persönlichen Lehrtherapie für werdende Musiktherapeuten, die heute international zum Standard musiktherapeutischer Ausbildungen gehört.
Ich selbst lernte Mary Priestey im Mentorenkurs Musiktherapie Herdecke kennen und besuchte sie auch später noch einmal in London in ihrer Wohnung. Ich erlebte sie als sehr ernst, auch ein wenig düster und darin zunächst etwas einschüchternd, bis spürbar wurde, wie scheu sie selbst im Grunde war, welch großes Leid sie erfahren hatte und dass sie sich auch schützen musste. In der Lehre gelang es ihr, den psychoanalytischen Geist in den Mittelpunkt zu stellen und in allem, was sie lehrte, war fühlbar, wie zugetan sie ihren Patienten war und wie respektvoll sie ihnen begegnete. In der Selbsterfahrung war es vor allem das Dritte Ohr (Theodor Reik), welches sie in beeindruckender Weise ausgeprägt hatte. Sehr in sich gekehrt, wie abgewandt, begleitete sie das Spiel ihres Gegenübers und war ihm doch über das Ohr aufs Innigste verbunden. So hörte sie in der gemeinsamen Improvisation durch die eigene Gegenübertragung hindurch auf die verborgenen Empfindungen dessen, mit dem sie spielte.
Ihr Werk und ihr doppelter Kampf um seelische Gesundheit wirken in vielen Menschen weiter. Die von ihr etablierte Psychoanalytische Musiktherapie trägt international viele Früchte und bewahrt ihr Andenken in vielen kreativen Formen.
Münster, den 22. August 2017
Prof. Dr. Rosemarie Tüpker


2016
Wilhelm Salber
Ein Nachruf aus der Musiktherapie

Wir trauern um den großen Psychologen und Begründer der Morphologischen Psychologie, Prof. Dr. Wilhelm Salber, der am 2. Dezember 2016 in Köln verstorben ist. Sein Querdenken, seine kunstanaloge Auffassung vom seelischen Geschehen, seine flexiblen Forschungsmethoden und seine immer wieder neuen Inspirationen haben die Entwicklung der Musiktherapie in außergewöhnlicher Weise mitgestaltet.

Ich selbst lernte Wilhelm Salber 1976 durch mein zweites Studium an der Universität zu Köln kennen und hatte nach dem vorangegangenen Musikstudium von Anfang an das Empfinden, hier auf eine Psychologie gestoßen zu sein, die meine Erfahrungen in der Musik erfassen konnte und psychologisch beschreibbar machte. Ich erinnere mich an das erste persönliche Gespräch mit ihm, bei dem er mich mit Rücksicht darauf, dass Psychologie nicht mein Hauptfach war, freundlich fragte: „Wollen Sie sich das wirklich antun?“ Aber da war es schon zu spät. Nachdem das entschieden war, begleitete er meinen persönlichen Einstieg in das morphologische Denken und die Übertragung auf die Musiktherapie über viele Jahre mit großer Offenheit, vielen hilfreichen Unterstützungen und der Ermutigung, eigene Wege zu gehen. Seine Vorlesungen und Seminare waren eine Quelle der Inspiration. Stets forderte er dazu auf, bei den Phänomenen zu beginnen, durch die eigene Mitbewegung zu einer allmählichen Psychologisierung zu kommen, die jeweilige Eigenart der Phänomene sprechen zu lassen und zur Sprache zu bringen.

Konkret entstand mit seiner Hilfe eine Kooperation zwischen dem Psychologischen Institut II der Universität Köln und der ersten Musiktherapieausbildung in Deutschland, dem Mentorenkurs Musiktherapie Herdecke (1978-80), woraus wiederum die Forschungsgruppe zur Morphologie der Musiktherapie (FMM) und das spätere Institut für Musiktherapie und Morphologie (IMM) entstand. Über die ersten Veröffentlichungen zu einem morphologischen Verständnis musiktherapeutischen Geschehens, die Durchführung von Tagungen und die mehrjährigen Weiterbildungen in Morphologischer Musiktherapie etablierte sich die Morphologie als eines der möglichen Konzepte auch in der Musiktherapie. Sie fand u.a. Einzug in die die staatlichen Musiktherapieausbildungen der Universität Münster, der Fachhochschule Frankfurt am Main, der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und der Universität der Künste Berlin .

In der Musiktherapieausbildung an der Universität Münster gehörte die Morphologische Psychologie Wilhelm Salbers – neben der Psychoanalyse – zum Standardangebot und formte durch mehrere der Lehrenden, die der Psychologie Salbers verbunden waren,  den Blick bzw. das Hinhören auf das seelische Geschehen in der Musik und die von ihr aus gestalteten Beziehungen. Wie sehr man darüber hinaus in diese Art des Denkens einstieg, blieb jedem selbst überlassen, man durfte aufgreifen, was einem entgegenkam und anderes liegen lassen. 

Die Erlebensbeschreibung als Ausgangspunkt aller psychologischen Forschung, wie Wilhelms Salber sie verstand, lernten alle Studierenden der Musiktherapie in Münster kennen. Sie übten sich ein in das Beschreiben des eigenen Erlebens beim Hören der musikalischen Produktionen aus der Musiktherapie und konnten so den Niederschlag des seelischen Lebens in der Musik jenseits der Kategorien von Krankheit und Gesundheit kennenlernen. Sie lernten, die eigene seelische Mitbewegung zu benennen und im Austausch der Beschreibungen in der Gruppe das Persönliche daran in einen intersubjektiven Kontext zu stellen.

Je nach Jahrgang werden sich die Alumni an weitere Beschreibungserfahrungen erinnern, so im Kontext der Münsteraner Skulpturenausstellung, bei einigen Besuchen Münsteraner Museen, bei den stets verblüffenden psychologischen Erkundungen des Spülens oder Putzens, des Nichts-Tuns oder des eigenen Übens, der Märchen und des Improvisierens. Viele nutzten die Möglichkeiten der entwickelten wissenschaftlichen Verfahren aus der Morphologischen Musiktherapie für ihre Diplom- oder Masterarbeiten, einige fingen Feuer und begannen „das Original“ zu lesen. Vergnügen bereitete immer wieder das „Wühlen“ in den Zwischenschritten, bei dem alle Exemplare dieser Zeitschrift auf dem Tisch lagen und nach einer ganzen Seminarsitzung des Schmökerns und Schwatzens, sich jede/r einen Artikel zum späteren Referieren aussuchen durfte. Ein besonderes Erlebnis war denjenigen vergönnt, die Wilhelm Salber selbst erleben konnten, als er auf Einladung des Fördervereins Münster 2003 im Münsteraner Schloss einen Vortrag über den Menschen als Kunst-Werk hielt und am Abend zuvor im kleinen Kreis in seiner persönlich zugewandten Art auf Fragen einging und sich sehr für das interessierte, was Studierende der Musiktherapie beruflich vorhaben.

Dass die Morphologie Salbers in der Musiktherapie durchaus keine Außenseiterposition blieb, zeigt sich an den zahlreichen morphologisch inspirierten   Veröffentlichungen sowie an einigen musiktherapeutischen Dissertationen, die sich in unterschiedlicher Form auf seine Psychologie beziehen: Rosemarie Tüpker (1988), Frank Grootaers (2001), Eckhard Weymann (2002), Jana Maria Kalle-Krapf (2007), Sylvia Kunkel (2008), Jochen Wagner (2008), Bernd Reichert (2010), Martin Deuter (2010), Heike Plitt (2012) und Christof Kolb (2016). Dabei wurden auch neue Verknüpfungen zu anderen theoretischen Konzepten gefunden und ausgearbeitet.

Für uns als MusiktherapeutInnen war Wilhelm Salber ein Geschenk, konnte er doch glaubhaft zeigen, dass Wissenschaft und Kunst sich zwar in ihrer jeweiligen Eigenart unterscheiden, aber keinen unvereinbaren Gegensatz darstellen müssen. Dass er selbst bis kurz vor seinem Tod täglich zeichnete, mag eine der Quellen gewesen sein, die ihn mit der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Alltag und dem eigenen Erleben vertraut sein ließ. Sein reichhaltiges Werk wird uns über seinen Tod hinaus weiterhin begleiten.

Münster, den 11. Dezember 2016
Prof. Dr. Rosemarie Tüpker
für die Musiktherapie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster


2015
Nachruf Prof. Dr. Ekkehard Kreft

Wir trauern um Ekkehard Kreft, der am 27. Dezember 2015 nach einer längeren Krankheitsphase verstorben ist.

Ekkehard Kreft war von 1980 bis 2004 Professor für Musikwissenschaft und Musikpädagogik am Institut für Musikpädagogik. Er kam aus dem aktiven Schuldienst, liebte neben der „klassischen“ Musik auch Big-Band-Musik und setzte sich für die Einbeziehung der Popmusik in die Schulmusikstudiengänge ein. Einer seiner Interessenschwerpunkte war die Analyse harmonischer Strukturen, ein weiterer wurde die Eduard-Grieg-Forschung. Zu beiden veröffentlichte er mehrere Bücher. Zusammen mit seinem Kollegen Prof. Dr. Joachim Dorfmüller gründete er 1995 die Edvard-Grieg-Forschungsstelle am Institut und wurde 1997 Mitglied der Norwegischen Akademie der Wissenschaften. Lehrende und Studierende profitierten von zahlreichen Konzerten, Tagungen und Vorträgen, die die beiden im Institut und in der Stadt Münster organsierten und durch die Einbeziehung der Musik Griegs in das eigene Üben und Konzertieren. 

Obwohl Ekkehard Kreft selbst keine direkte Verbindung zur Musiktherapie hatte, hat auch die Musiktherapie am Institut ihm viel zu verdanken: Er besaß die Offenheit, das notwendige Interesse und das Engagement, dieses in den späten 1980er Jahren an der WWU neu entstehende Fach von Beginn an und in seiner gesamten Zeit als Kommissarischer Geschäftsführer des Instituts zu begleiten und zu fördern. So gehörte er zu der initiativen Gruppe von Personen, die sich für die Etablierung eines solchen Studiengangs engagierten und blieb der Idee vor allem in der schwierigen Zeit bis zur Besetzung einer hauptamtlichen Stelle 1990 treu. Danach begleitete er den Diplomstudiengang weiterhin nicht nur als Institutsleiter, sondern auch durch seine Mitwirkung im Prüfungsausschuss, die Mitbegutachtung von Diplomarbeiten und seine Teilnahme an Prüfungen. Er nahm diese zusätzliche Aufgaben für ein fremdes Fach stets mit respektvoller Zurückhaltung wahr. Viele Studierende aus dieser Zeit werden sich an die mündlichen Prüfungen erinnern, an denen teilnahm und an seine Fragen, die er oft mit der Einleitung begann: „Ich frage jetzt mal aus einer ganz anderen Perspektive…“

Ohne Menschen wie ihn, die sich über ihr eigenes Fach hinaus für Anderes interessieren und engagieren, könnten neue Fächer wie die Musiktherapie nicht entstehen. Wir sind ihm dafür zutiefst dankbar und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Für die Musiktherapie an der WWU
Prof. Dr. Rosemarie Tüpker


2013
Nachruf Prof. Dr. Johannes Th. Eschen

Wir trauern um Prof. Dr. h.c. Johannes Eschen, der am 16. Juni 2013 in Wien, dem Tag seines 85. Geburtstages, verstarb.

Prof. Dr. Johannes Eschen war einer der bedeutendsten Pioniere der Entwicklung der Musiktherapie in Deutschland. Gemeinsam mit dem Psychiater Konrad Schily rief er den „Mentorenkurs Musiktherapie Herdecke“ ins Leben, dem ersten zweijährigen Vollzeitstudium in Musiktherapie, dessen mutiges Konzept einer „Ausbildung von Ausbildern“ einen wesentlichen Impuls für die akademische Ausbildungslandschaft der Musiktherapie darstellte. Dort ausgebildete Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten lehrten später an den musiktherapeutischen Hochschulstandorten Berlin, Frankfurt, Hamburg, Münster, Witten sowie in Ausbildungen in Åalborg/Dänemark, Pécs/Ungarn und in New York, einige davon in leitender Funktion.    
Johannes Th. Eschen absolvierte zunächst eine Kirchenmusikstudium und studierte Musiktherapie bei Mary Priestley in London. Die von ihr begründete psychoanalytische Musiktherapie vertrat er auch in seiner Lehrtätigkeit an der Evangelischen Fachhochschule Hannover, in den musiktherapeutischen Berufsorganisationen und maßgeblich in den verschiedenen Hamburger musiktherapeutischen Ausbildungen. Als Professur für Musiktherapie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst wirkte er von 1974 bis 1990.

1998 verlieh ihm die Hochschule die Ehrendoktorwürde. Die Deutschen Musiktherapeutische Gesellschaft ehrte ihn mit dem Ehrenvorsitz für sein Lebenswerk.

Allen die ihn kannten, wird seine besonnene Art, sein diplomatisches Geschick in der Vermittlung auch gegensätzlicher Konzepte und seine tragende Freundlichkeit in Erinnerung bleiben.

Prof. Dr. Rosemarie Tüpker


Nachruf Prof. Dr. Gaetano Benedetti

Am 2. Dezember 2013 verstarb im Alter von 93 Jahren Prof. Dr. Gaetoano Benedetti. Er war uns ein Vorbild für den verstehenden Blick auf die Psychosen und wir schätzen uns glücklich, dass er 1996 der Einladung des Fördervereins Musiktherapie an der Universität Münster zu einem Vortrag folgte. Mit seinem Vortrag "Der Wahn in der Psychotherapie" im Schloss der Universität eröffnete er die Vortragsreihe des Fördervereins zu Themen, die für das Umfeld der Musiktherapie von Bedeutung sind. Ihn und seine Frau auch im kleineren Kreis der Freitagabendgespräche erlebt zu haben, ist für alle, die dabei waren, unvergesslich. Sein Werk ist für die Künstlerischen Therapien von unschätzbarer Bedeutung und wird durch sie weiterleben.

Für die Musiktherapie und den Förderverein an der WWU
Prof. Dr. Rosemarie Tüpker 


2011
Nachruf Prof. Dr. Gerhard Rudolf

Das Fach Musiktherapie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster trauert um seinen langjährigen Begleiter, Universitätsprofessor für Psychiatrie
Dr. med. Gerhard A. E. Rudolf, der am 1. September 2011 im 72. Lebensjahr verstorben ist.

Gerhard Rudolf wurde am 8. Oktober 1939 in Berkenwerder geboren. 1960 erhielt er in Bünde das Reifezeugnis. Er studierte Medizin in Münster und Innsbruck und beendete sein Studium 1965 in Münster. 1966 promovierte er in Münster zum Doktor der Medizin. Seine Facharztausbildung erfolgte in Tübingen, die Facharztanerkennung für Nerven- und Gemütskrankheiten erhielt er 1973. Im Februar 1973 wechselte er an die Klinik für Psychiatrie nach Münster und wurde im Oktober Oberarzt der Klinik. Die Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ erhielt er 1978.

1980 wurde Gerhard Rudolf von der Medizinischen Fakultät der Universität Münster für das Fach Psychiatrie habilitiert, wo er auch im Juli 1982 zum Professor auf Zeit ernannt wurde. Die Ernennung zum Universitätsprofessor für das Fach „Psychiatrie, Schwerpunkt klinische Psychologie“ erfolgte im Dezember 1987.

Gerhard Rudolf war ein ausgezeichneter und erfahrener Kliniker, der sich auch wissenschaftlich im Bereich der Psychopathologie, der Psychotherapie und der psychiatrischen Pharmakotherapie einen Namen gemacht hat. Darüber hinaus war er viele Jahre engagiertes Mitglied der gemeinsamen Ethikkommission der Medizinischen Fakultät und der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

Gerhard Rudolf hat sich immer für den Einsatz von Musik und Musiktherapie in der Medizin interessiert. So war es auch ihm zu verdanken, dass an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Münster die Musiktherapie etabliert werden konnte. Im Diplom-Zusatzstudiengang Musiktherapie vertrat er über viele Jahre den Bereich der Medizin, stand als Prüfer zur Verfügung und beteiligte sich über seine gesamte Dienstzeit hinweg an der Gremienarbeit innerhalb des Studiengangs Musiktherapie und trug dadurch wesentlich zur Etablierung und zum Erhalt des Studiengangs Musiktherapie bei. Die von ihm verfassten Lehrbücher waren Standard in der Lehre und Prüfungsvorbereitung im Fach Psychiatrie für die Studierenden der Musiktherapie. Als Lehrer hat er Menschenbildung im wahrsten Sinne des Wortes betrieben.

In seiner humorigen Art war Gerhard Rudolf ein Vorbild für die Studierenden jedweder therapeutischer Fachrichtung. Er hat gelehrt, die Patientinnen und Patienten ernst zu nehmen und sich dabei nicht zu verleugnen. Empathie stand bei ihm im Mittelpunkt.

Der Lehrer Gerhard Rudolf wird in der Arbeit zahlreicher Studierender der Musiktherapie fortwirken. Die Abteilung für Musiktherapie wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

PD Dr. Rosemarie Tüpker


2010
Nachruf für Martin Drewer

Wir trauern um unserer Freund und Kollegen Dr. Martin Drewer, der am Freitag, den 26. November 2010 nach einem zweiten Schlaganfall im Alter von 51 Jahren verstarb.

Martin Drewer studierte an unserem Institut Musikpädagogik und Musiktherapie. Seine musiktherapeutische Diplomarbeit mit dem Titel „Gestalt – Ästhetik – Musiktherapie – Argumente zur wissenschaftlichen Begründung der Musiktherapie als Psychotherapie“ wurde 2000 im Lit-Verlag veröffentlicht. 2003 schloss er seine Promotion bei Professor Dorfmüller ab zu dem Thema: „Trommeln in Westafrika, Brasilien und in der Karibik. Geschichte, Merkmale und Bedeutung für Musikkultur und Musikerziehung in Deutschland“. Er blieb dem Institut und der Universität Münster in verschiedenen Rollen verbunden.

Martin hat unser Leben bereichert als lebendiger und vielfältiger Musiker und Lehrer, als kluger und querdenkender Wissenschaftler, als therapeutischer Kollege und als Freund. Seinen ersten Schlaganfall mit dem Verlust des aktiven Musikmachen-Könnens erlebten wir als ein schweres Schicksal. Seinen tapferen Umgang mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen und Bedrohungen, die Verwandlungen, die seine Kreativität und sein Denken nahmen, und die Tiefe, die sein therapeutisches Denken durch das eigene Leid, gewann, wurde vielen von uns Vorbild und erweiterte unseren Blick auf das Leben. Wir sind froh und dankbar, ihn gekannt zu haben. Er wird unser Leben weiterhin begleiten.

Rosemarie Tüpker, Bernd Reichert und weitere Kolleginnen und Kollegen der Musiktherapie an der Universität Münster


2004
Nachruf Prof. Dr. Thure von Uexküll

Am 29. September verstarb der Begründer der Psychosomatik, Prof. Dr. Thure von Uexküll.

Wir durften ihn 1997 als Gastreferenten des Fördervereins Musiktherapie kennen lernen. Sein Vortrag und die Gespräche mit ihm hat viele von uns tief bewegt und ermutigt.
Thure von Uexküll wurde 96 Jahre alt.

Wir verabschieden uns von ihm und gedenken seiner in Dankbarkeit für eine menschlichere Medizin

PD. Dr. Rosemarie Tüpker