Sonderausstellung: Oliver Laric – „Reclining Pan“ (2021)
© Universität Münster | Stefan Klatt

Kurzvideo zum „Reclining Pan“

Jon Wiggermann, Student der Kunstgeschichte und Philosophie, erläutert die Besonderheiten des „Reclining Pan“ von Oliver Laric – und welche Fragen das Kunstwerk aufwirft.

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Ausstellung

Vom 4. bis 30. Oktober 2023 war Oliver Larics Skulptur „Reclining Pan“ im Archäologischen Museum der Universität Münster zu sehen. Die Ausstellung war eine Kooperation der Kolleg-Forschungsgruppe mit dem Museum anlässlich der Tagung „Zugang gestalten! Hindernisse überwinden“.

Den Flyer zur Ausstellung finden Sie hier (PDF-Download).

Vorträge

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Thema des Monats“ fanden am 22. und 29. Oktober 2023 zwei Vorträge zur Sonderausstellung statt. Die beiden Veranstaltungen gaben Einblicke in die künstlerische Konzeption der Skulptur und in die kuratorischen Überlegungen, das Werk im Kontext der archäologischen Sammlung zu präsentieren. Marei Loreen Klapproth und Jon Wiggermann führten in Oliver Larics Schaffen ein und stellten die Methoden und Potenziale postdigitaler Kunst zur Diskussion.

Reclining Pan (2021)

Ein zentrales Thema in Oliver Larics Werk ist die Untersuchung der Wechselwirkung zwischen dem Analogen und dem Digitalen. Sein künstlerisches Schaffen erstreckt sich über verschiedene Medien, darunter fotografische Scanprozesse und 3D-Druckverfahren. Angesichts der Allgegenwart von digitalen Reproduktionstechnologien hinterfragt Laric die Vorstellung von Einzigartigkeit und Authentizität durch das Schaffen digitaler Duplikate von Kunstwerken und historischen Skulpturen aus unterschiedlichen Epochen. Dies führt zu einer hybriden Ästhetik, die die Grenzen zwischen Kopie und Original verschwimmen lässt.

Seit 2006 befasst sich Laric mit den digitalen Technologien. Eine Einladung des Museums „The Collection – Art and Archaeology“ in Lincolnshire veranlasste Oliver Laric 2012, eine Konzeption für eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit der archäologischen Sammlung des Museums zu entwickeln. Ausgehend von der Idee des Scannens und der Digitalisierung begann er ausgewählte archäologische Funde wie Skulpturen und Reliefs auszumessen und die 3D-Daten in ein digitales Archiv zu überführen.

Den digitalen Code der Werke veröffentlicht er auf einer Website zum freien Download (threedscans.com), wodurch die Möglichkeit gegeben wird, sich an der Herstellung, Verbreitung und Interpretation seiner Werke zu beteiligen. Die im Scan erfassten Abmessungsdaten bilden hierbei die Grundlage für das Druckverfahren, in das der Künstler mit unterschiedlichen Materialien oder Farben eingreift und so die individuelle  Aneignung sichtbar macht.

Die Präsentation des Reclining Pan fügt sich in die der Abgüsse antiker Statuen, Bildnisse und Reliefs des Archäologischen Museums der Universität Münster ein, die seit dem 19. Jahrhundert einen unverzichtbaren Bestandteil der archäologischen Forschung und Lehre bilden. Im Kontext der Abgüsse, die in dreidimensionaler Reproduktion eine objektive Darstellung der Originalbildwerke vermitteln, verweist Reclining Pan auf Kulturtechniken der Kopie, die schon mittels analoger Technologien darauf zielten, die bedeutendsten Werke antiker Bildhauerkunst an unterschiedlichen Orten parallel zugänglich zu machen. Oliver Laric arbeitet mit 3D-Scans, die in seinen Werken als digitale soziale Skulptur wirksam werden. Durch die freie Wiederverwendbarkeit, die einen integralen Bestandteil ihrer Konzeption bildet, entfalten sie ihre kommunikativen Inhalte. Während das Ready-made ein bereits vorhandenes industrielles Objekt zum Kunstwerk erklärte, das auf den Museumssockel gehoben wurde, geht Laric den umgekehrten Weg: Mit dem 3D-Scan holt der Künstler Skulpturen, die der Public Domain angehören, von ihrem Museumssockel herunter. Er befreit sie für jegliche Form der Nachnutzung. Die gemeinfreien Werke werden dank digitaler Technologien künstlerischen Neuinterpretationen zugeführt und durch die öffentliche Verfügbarkeit bereichert. Auch im juristischen Sinne
werfen Oliver Larics Skulpturen Fragen auf, da sie die vom Urheberrecht gesetzten Grenzen der Werkkontrolle unterlaufen und Raum schaffen für immer neue Anverwandlungen, Aktualisierungen und dezentrale Zugänge. (Siehe Paul Klimpel, „3D Scans and the Law”, in: Mémoire vive. Oliver Laric, Ausst. Kat., Musée de la Romanité, Nîmes 2023, S. 99–107).

Oliver Laric

*1981 Innsbruck, lebt in Berlin. In seiner künstlerischen Praxis erforscht Oliver Laric, wie Bildwerke im Laufe der Zeit (wieder-)verwendet wurden und verfügbar bleiben, indem sie auf originelle und zeitgenössische Weise aufgegriffen und neu interpretiert werden. 3D-Modelle aller seiner Skulpturen stehen online auf threedscans.com zum kostenlosen Download bereit.

Im Jahr 2021 wurde Oliver Laric mit dem RLB-Kunstpreis ausgezeichnet, der mit einer Einzelausstellung im Ferdinandeum (Innsbruck) verbunden war. Oliver Larics Werke wurden in Soloausstellungen unter anderem in Amsterdam, Berlin, Gent, Shanghai, Lissabon, St. Louis, Braunschweig, New York, Winterthur, Savannah, Glasgow, Wien, Tokio, Tel Aviv, London und Washington, DC gezeigt. Werke von Oliver Laric befinden sich in öffentlichen Sammlungen wie dem MuMOK (Wien), der Sammlung Philara (Düsseldorf), dem Stedelijk Museum (Amsterdam), dem Institute of Contemporary Art (Boston), dem Cleveland Museum of Art, dem Walker Art Center (Minneapolis), der Fondation Galleries Lafayette (Paris) und der KAI 10 | Arthena Foundation (Düsseldorf).

Eine große Einzelausstellung im Musée de la Romanité (Nîmes) zeigt derzeit unter dem Titel Mémoire vive eine Auftragsserie von Skulpturen auf der Basis von Scans, die zum ersten Mal in Aluminium hergestellt wurden. Die Ausstellung in Nîmes wird bis zum 30. Dezember 2023 zu sehen sein.

Archäologisches Museum

Das Archäologische Museum der Universität Münster – bestehend seit 1884 – bietet mit seiner umfangreichen Sammlung allen Interessierten spannende Einblicke in Kunst und Kunsthandwerk antiker Kulturen des Mittelmeerraumes, des Vorderen Orients, Altägyptens, Südarabiens sowie des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Münsters. Sämtliche Sammlungsbestände – die Originalsammlung, die Abgusssammlung antiker Skulpturen, die Modellsammlungen antiker Monumente, Stätten und Heiligtümer sowie die Münzsammlung und die Hologrammsammlung – sind in Lehre und Forschung der Universität Münster eingebunden, stehen aber auch der Öffentlichkeit sowie den  Schulen zur Verfügung. Darüber hinaus werden Führungen und Vorträge unterschiedlicher Themenstellung, museumspädagogische Aktionen und Ausstellungen angeboten.

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