Literatur des Mittelalters

Gegenstandsbereich der Germanistischen Mediävistik ist die deutsche Literatur einschließlich der nicht-dichterischen Texte von ihren Anfängen im 8. Jahrhundert bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Die in diesem Zeitraum entstehenden Texte unterliegen einem massiven Sprachwandel, weshalb sich Literatur in althochdeutscher (8.–11. Jh.), mittelhochdeutscher (12.–15. Jh.) und frühneuhochdeutscher Sprache unterscheiden lässt. Besonders interessant ist diese zeitlich bei weitem längste Epoche der deutschen Literatur aus mehreren Gründen: Das Deutsche emanzipiert sich, ausgehend von tastenden Anfängen im 8. Jahrhundert, zusehends vom Lateinischen, der Gelehrtensprache des Mittelalters, und entwickelt sich hin zu einer eigenständigen Literatursprache, in der sich am Ende des Mittelalters gewissermaßen »alles« ausdrücken lässt. Damit einher geht die Ausbildung einer deutschen Literatur, beginnend mit Wörterbüchern und Bibelerklärungen, über die geistliche Epik des Frühmittelhochdeutschen, die später als »klassisch« empfundenen, vielfach nachgeahmten Werke der mittelhochdeutschen Lyrik (Minnesang und Spruchdichtung) und Epik (höfischer Roman und Heldenepik), bis hin zum Schrifttum der Mystik und der geistlichen wie weltlichen Prosa des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Verbunden mit dem Ausgreifen auf neue Inhaltsbereiche und neue Gattungen ist die Entwicklung immer komplexerer ästhetischer Formen, die, nach den Höhepunkten der »Mittelhochdeutschen Klassik« (um 1200), im Spätmittelalter Werke von höchster poetologischer Artifizialität entstehen lässt. Dabei stehen Produktion und Rezeption der Literatur unter spezifischen, von denen der Moderne grundverschiedenen Bedingungen und sind damit gerade in ihrer Andersartigkeit gegenüber der Gegenwart von hoher Faszinationskraft.


Abteilungssprecher:

Prof. Dr. Bruno Quast