Prof. Dr. Dr. h. c. Josef Pieper

Lehrstuhl für philosophische Anthropologie 1960-1972 an der Phil. Fakultät Münster

aus: Eduard Hegel, Geschichte der Katholisch-Theologischen Fakultät Münster 1773-1964, (Münsterische Beiträge zur Theologie 30,2), 2. Bd., Münster 1971, S. 62-65:

* 4.5.1904 Elte/Krs. Steinfurt, 1923 Abitur Gymn. Paulinum Münster, 1923/28 Stud. d. Phil., Rechtswiss. u. Soziologie Münster u. Berlin, 19.2.1928 Dr. phil. Münster, 1928/32 Ass. »Forschungsinst. f. Organi­sationslehre u. Soziologie« Münster, 1932/40 freie schriftstellerische Tätigkeit, seit 1935 leitende Mitarbeit »Institut f. neuzeitl. Volksbildungsarbeit« Dortmund, 1935 Heirat, 1941/45 Kriegsdienst u. -gefangenschaft, 1.2.1946 Dozent f. Phil. Pädagogische Akad. Essen, 1946 Habil. f. Phil. Münster, 1950 apl. Prof. ebd., 1960 o. Prof. f . phil. Anthropologie kath.-theol. Fak. [phil. Fak.] ebd., 1964 Dr. theol. h. c. München.

Veröffentlichungen:
a) Monographien: Die ontische Grundlage des Sittlichen nach Thomas von Aquin = Universitas­ Archiv. Folge 14 (1929, 21931, 71963); Die Neuordnung der menschlichen Gesell­schaft. Befreiung des Proletariats. Berufsständische Gliederung. Systematische Einführung in die Enzyklika »Quadragesimo anno« (1932, 31933); Thesen zur Gesellschaftspolitik. Grundgedanken der Enzyklika Quadragesimo anno (1933, 41947 u. d. T.: Thesen zur sozialen Politik. Die Grundgedanken des Rundschrei­bens Quadragesimo anno); Grundformen sozialer Spielregeln (1933, 41962); Das Arbeitsrecht des Neuen Reiches und die Enzyklika Quadragesimo anno (1934); Vom Sinn der Tapferkeit (1934, 81963); Über die Hoffnung (1935, 61961); (zus. m. H. Raskop) Totale Bildung. Die Grundformen ihrer Verwirklichung = Führer­bildung und Volksbildung (1935); (zus. m. H. Raskop) Christenfibel (1936, letzte Aufl. 1952); Über das christliche Menschenbild (1936, 71964); Traktat über die Klugheit (1937, 61960); (zus. m. H. Raskop) Deutsches Sonntags-Meßbuch (1938); Zucht und Maß. Über die vierte Kardinaltugend (1939, 81960); Über Thomas von Aquin (1940, 31963 u. d. T.: Kurze Auskunft über Thomas von Aquin); Kleines Lesebuch von den Tugenden des menschlichen Herzens (1941, 51957); Wahrheit der Dinge. Eine Untersuchung zur Anthropologie des Hochmittelalters (1944, 31957); Muße und Kult (1948, 61961); Was heißt philosophieren? Vier Vor­lesungen. Mit einem Nachwort von T. S. Eliot (1948, 51963); Über das Ende der Zeit. Eine geschichtsphilosophische Meditation (1950, 21953); Über das Schweigen Goethes (1951, 21963); Was heißt akademisch? Oder der Funktionär und der Sophist (1952, 21964 u. d. T.: Was heißt akademisch? Zwei Versuche über die Chance der Universität heute); Philosophia negativa. Zwei Versuche über Thomas von Aquin (1953, 21963 u. d. T.: Unaustrinkbares Licht. Über das negative Ele­ment in der Weltansicht des Thomas von Aquin); Über die Gerechtigkeit (1953, 31960); Weistum, Dichtung, Sakrament. Aufsätze und Notizen (1954); Glück und Kontemplation (1957, 31962); Hinführung zu Thomas von Aquin. Zwölf Vor­lesungen (1958, 21963); Über den Begriff der Tradition (1958); Scholastik. Ge­stalten und Probleme der mittelalterlichen Philosophie (1960); Über den Glauben. Ein philosophischer Traktat (1962); Begeisterung und Göttlicher Wahnsinn. Über den platonischen Dialog »Phaidros« (1962); Muße und menschliche Existenz = Vortragsreihe des Deutschen Industrie-Instituts 12 (1962); Tradition als Heraus­forderung. Aufsätze und Reden (1963); Offenheit für das Ganze - die Chance der Universität = Wolfsburgreihe 7 (1963); Zustimmung zur Welt. Eine Theorie des Festes (1963); Über das Phänomen des Festes (1963); Das Viergespann. Klug­heit - Gerechtigkeit - Tapferkeit - Maß (1964).
b) Abhandlungen: Die Grundbegriffe L. v. Wieses: Kölner Vierteljahreshefte f. Soziologie 9 (1930/31); Eine katholische Revision des Eigentumbegriffes vom hl. Thomas her?: Der Volkswirt 30 (1931); Sachlichkeit und Klugheit. Über das Verhältnis von moderner Charakterologie und thomistischer Ethik: Der kath. Gedanke 5(1932); Die Spielregeln der Gemeinschaft: Zeit und Volk 1 (1933); Die Spielregeln der Gesellschaft: ebd.; Die Spielregeln der Organisation: ebd.; (zus. mit H. Raskop) Totale Bildung und Berufsausbildung: Schule und Erziehung 21 (1933); Über die Spannung zwischen Organisation und Gemeinschaft in der kirchlichen Arbeit: Magazin für Pädagogik 97 (1934); Die geistige Situation der Gegenwart und die Verwirklichung echter Bildung: ebd.; Das Gesellungsideal der industriellen Arbeitswelt. Aufriß einer sozialpädagogischen Grundfrage: Pharus 25 (1934); Über soziale Ideale und Fehlideale: Bildung und Erziehung o. Jg. (1936); Weisheit, Insicht, Wissen u. Klugheit: Magazin f. Pädagogik 99 (1936); Über das Böse: Der kath. Gedanke 9 (1936); Die erste Kardinaltugend, Klugheit: Hochland 34 (1937); Moralismus, Kasuistik und die Tugend der Klugheit: Zeitschr. für den kath. RU 14 (1937); Thomas a Creatore: Hochland 35 (1938); Über Zucht und Unzucht: ebd. 37 (1939); Verteidigung der Muße: ebd. (1947); Der Mensch und die Wahrheit der Dinge: ebd. 40 (1947/48); Christliche Philosophie? : ebd.; Über das Schweigen Goethes: ebd. 41 (1949); Die Herrschaft des Antichrist: ebd. 42 (1949/50); Thomas von Aquin als Lehrer: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik VsWP 26 (1950); Über das »negative« Element in der Philosophie des Thomas von Aquin: Hochland 45 (1952/53); Der Staat und die Gerechtigkeit: ebd. 46 (1953/54); Thomas von Aquin und das Abendland. Esterhues-Festschr.: Wahrheit und Wert in Bildung und Erziehung (1955); The »Hiddenness« of Hope and Despair: Cross and Crown 8 (1956); On the Idea of »The Academic«: Thought XXX (1955/56); Was ist Glück?: Hochland 49 (1956/57); Bemerkungen über den Begriff der Tradition: ebd. 49 (1957); Knowledge and freedom: The Review of Politics 19 (Notre Dame/Indiana 1957); The concept of tradition: ebd. 20 (1958); Über den Geist des Streitgesprächs: Hochland 50 (1958); Tod und Unsterblichkeit: Philosophisches Jahrbuch PhJb 68 (1958); Über den Begriff der Tradition: Tradition im Industriezeitalter. Vorträge, hg. v. Landesverband nordrhein-westf. Geschichtslehrer (1959); Das Zeugnis des Thomas von Aquin: Universitas 14 (1959); Die Verdammung von 1277: Hochland 52 (1959/60); Le concept de tradition: La Table Ronde Nr. 150 (Paris 1960); Actualite de la scolastique: ebd. Nr. 166 (1961); Muße und mensch­liche Existenz: Mensch und Freizeit (1961); Albert der Große: Theol. Jahrbuch 4 (1961); Liberte et inquietude de la foi: La Table Ronde Nr. 169 (1962); Death and Immortality: Philosophy Today 6 (Rensselaer 1962); Über den »Göttlichen Wahnsinn«: Hochland 54 (1962); Ou en sommes nous?: La Table Ronde Nr. 177 (1962); Christian values and freedom: History and Hope hg. v. R. A. Gelesnki (London 1962); Sur la »divine folie«: La Table Ronde Nr. 183 (1963); Loisir et existence humaine: ebd. Nr. 184 (1963); Sinceridad para el todo: Folia Huma­ nistica Nr. 5 und Nr. 6 (Barcelona 1963); La fiesta ficticia y la »anti-fiesta«: ebd. Nr. 7/8 (1963); Tod und Unsterblichkeit: Pro veritate. Ein theologischer Dialog. Festg. f. Erzbischof L. Jaeger u. Bischof W. Stählin (1963); Gerechtigkeit - heute: Menschenbild u. Lebensführung, hg. v. L. Besch (1963); Der künstliche Feiertag und das »Anti-Fest«: Neue Deutsche Hefte Nr. 93 (1963); Offenheit für das Ganze - die Chance der Universität: Hochland 55 (1963).
c) Herausgeberschaft: Thomas v. Aquin, Das Wort (1935, 31955); Derselbe, Das Herrenmahl (1937); Derselbe, Ordnung u. Geheimnis. Brevier der Weltweisheit (1946, 21949); Der­ selbe, Das Auge des Adlers. Ein Brevier der Heilslehre (1947, 21950); Thomas von Aquin. Auswahl, Übersetzung, Einleitung (1956); Thomas-Brevier, Lateinisch­ Deutsch (1956).
d) Mitherausgeberschaft: (zus. m. H. Raskop) Lehrstücke z. Christenfibel (1939); (zus. m. H. Pieper) C. S. Lewis, Über den Schmerz (The problem of pain). Ins Deutsche übertragen (1954).
e) Mitarbeit: Lexikon für Theologie und Kirche (21957ff.), Handb. theol. Grundbegriffe (1963), Catholica, Frankfurter Hefte, Pädag. Rundschau, Theologische Revue, Zeitschrift für katholische Theologie u. a.

Literatur: P. Breitholz - J. Eiling, Das Schrifttum J. Piepers i. d. Jahren 1928-64 (1964); V. Sturm, Das Menschenbild im Werk J. Piepers: Pädag. Rundschau (1949), 11/17; K. Thieme, Ein Anwalt der Wirklichkeit: Hochland 42 (1950), 284/95; W. Vernekohl, Deuter des christl. Menschenbildes: Begegnungen (1959), 217/30; G. Kranz, Europas christl. Literatur 1500-1960 (1961), 374/78.


Ergänzungen aus BBKL vom 19.10.2015:

Autor: Bernd Kettern
PIEPER, Josef, einer der bekanntesten christlichen Philosophen der Gegenwart, * 4. Mai 1904 in Elte bei Rheine/Münsterland, † 6. November 1997 in Münster. 
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... Im Oktober 1945 begann das Habilitationsverfahren an der Philosophischen Fakultät der Universität Münster. Nachdem er zum 1.2. 1946 als Philosophie-Dozent an die Pädagogische Akademie Essen berufen worden war, habilitierte sich P. im Juli 1946. Am 29.7. 1946 erfolgte die Ernennung zum Professor auf Lebenszeit in Essen. Nebenher lehrte P. als Privatdozent in Münster. Im Frühjahr 1949 begegnete P. anläßlich einer auf Einladung des British Council zustandegekommenen Englandreise T.S. Eliot. Ein Jahr später wurde P. außerplanmäßiger Professor an der Philosophischen Fakultät in Münster, nachdem er in früheren Jahren bereits einmal eine Berufung auf den philosophischen Lehrstuhl der Theologischen Fakultät abgelehnt hatte. Im Mai 1959 erst erfolgte die Ernennung zum ordentlichen Professor für "Philosophische Anthropologie" an der Westfälischen Wilhelms-Universität, wobei P. die nebenamtliche Tätigkeit in Essen beibehielt. P. erhielt ab 1946/47 mehrere Rufe an in- und ausländische Universitäten (Notre Dame/Indiana, Göttingen, Frankfurt a.M., Mainz, München), lehnte diese jedoch ab. Zahlreiche Gastprofessuren in Deutschland, Spanien, Indien, USA, Kanada und Lichtenstein sowie Vortragsreisen durch die ganze Welt trugen zu seiner enormen internationalen Bekanntheit bei. In Münster lehrte P. auch über seine Emeretierung im Jahre 1972 hinaus, seine Vorlesungen zählten bis 1996 zu den bestbesuchten der ganzen Universität. Erst 92jährig beendete er sie abrupt nach 50jähriger akademischer Lehrtätigkeit. P. war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Vereinigungen und Institutionen, so zum Beispiel der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften (berufen 1954 in die damalige "Arbeitsgemeinschaft für Forschung"), des internationalen PEN-Clubs, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Société Philosophique de Louvain (seit 1954) und der Pontificia Accademia Romana di San Tommaso d'Aquino (seit 1980). P. wurde vielfach ausgezeichnet.

Seit 1964 war er Ehrendoktor der Theologischen Fakultät der Universität München, seit 1974 der Theologischen Fakultät Münster, seit 1985 der Katholischen Universität Eichstätt, seit 1990 der Catholic University of America und seit 1996 der Internationalen Akademie für Philosophie in Lichtenstein. 1968 wurde er in New Orleans mit der "Aquinas Medal" ausgezeichnet, 1974 erfolgte die Ernennung zum Kommtur des päpstlichen Gregorius Ordens, 1979 die Auszeichnung mit der "Paulus Plakette" der Stadt Münster und 1980 mit dem "Doxa"-Preis der Philosophischen Akademie von Mexiko, 1981 erhielt er den Guardini-Preis, 1982 in Bern den "Balzan-Preis". Dazu kamen 1987 in Chicago der "Ingersoll-Preis" für wissenschaftliche Prosa, das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen. 1989 zeichnete ihn die Republik Österreich mit dem Grossen Goldenen Ehrenzeichen aus und 1990 war er Träger des Ehrenringes der Görres-Gesellschaft, 1994 wurden die Ehrungen mit der Verleihung der Goldenen Eule der Sokratischen Gesellschaft Mannheim abgerundet. -
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