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Johannes Remmers am Ökumenischen Institut (1964–1980)

Johannes Remmers
© Universitätsarchiv Münster

Ein niederländischer Ostkirchenexperte in Münster

Johannes Remmers (1913–1988) war von 1964 bis 1980 Professor für Geschichte und Theologie der östlichen Kirchen und (neben Erwin Iserloh und später Peter Lengsfeld) der weitere Direktor des „Katholisch-Ökumenischen Instituts“. Remmers hatte u.a. am Pontificio Instituto Orientale („Orientale“) in Rom studiert, wo er 1949 mit einer Arbeit über den russischen Jesuiten Iwan Sergejewitsch Gagarin (1814–1882), der sich intensiv um eine Union zwischen der orthodoxen und katholischen Kirche bemüht hatte, promoviert wurde.

Für ein knappes Jahr war Remmers von 1963 bis zur Annahme des Rufs nach Münster 1964 außerplanmäßiger Professor für östliche Theologie an der katholischen Universität Nijmegen. Seine Antrittsvorlesung in Nijmegen hielt er am 21. Februar 1964 zum „Ökumenischen Gespräch zwischen Orthodoxie und Katholizismus“. Die Ernennung zum Professor in Münster folgte am 4. September 1964. Seine Antrittsvorlesung in Münster hielt er am 17. Juli 1965 „Die östlichen Kirchen im Lichte des ersten und zweiten vatikanischen Konzils“. Johannes Remmers wurde am 30. August 1980 emeritiert und zog krankheitsbedingt zurück nach Nijmegen. Auf seine Zeit in Münster schaute er nach seiner Emeritierung positiv zurück:

„Mehrere Gründe lassen die 16 Jahre meines Verbleibens in Münster für mich unvergesslich sein. Namentlich das Wohlwollen und die Nachsichtigkeit der Kollegen, die unermüdliche und herzliche Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter im Institut und ‚last but not least‘ das Interesse mehrerer Studenten und Studentinnen für ein Fach, das nicht das Etikett ‚Pflichtfach‘ trägt. Den ‚Pusillus grex‘ der Doktoranden (die inzwischen Doctores der Kath. Theologie geworden sind) sowie auch die zahlreichen Seminarteilnehmer möchte ich besonders erwähnen, da ich mich vergegenwärtige wie viele [sic!] Liebe zur Ökumene und Sympathie für die Ostkirche in ihrer Teilnahme an diesen Veranstaltungen zu Ausdruck kamen.“
Johannes Remmers in einem Schreiben an den Dekan vom 27. November 1980

Exkurs: Geschichte der Ostkirchenkunde an der Katholisch-Theologische Fakultät

Zwar wurde das Ökumenische Institut erst 1960 gegründet und eine damit zusammenhängender Lehrstuhl für die Geschichte und Theologie der östlichen Kirchen erst 1964 eingerichtet und mit Johannes Remmers besetzt. Anders als die lehrstuhlbezogene Auseinandersetzung mit den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen kann die Ostkirchenkunde allerdings auf einen Vorgängerlehrstuhl verweisen, nämlich den Lehrstuhl für die Kunde des Christlichen Orients, der von 1917 bis 1935 an der Katholisch-Theologischen Fakultät bestand. Dieser war von 1917 bis 1922 mit Paul Karge und nach dessen unerwarteten Tod von 1922 bis 1935 mit Adolf Rücker besetzt.


Würdigung durch Peter Lengsfeld

Anlässlich der Emeritierung Remmers' verfasste Peter Lengsfeld 1980 folgende Würdigung:

Professor Remmers wird emeritiert

Mit Ablauf des Monats August wird Prof. Dr. Johannes Gerhardus Remmers, Ordinarius für Geschichte und Theologie der östlichen Kirchen und Direktor des Katholisch-Ökumenischen Instituts (Abt. II, Östliche Kirchen) nach 16-jähriger Tätigkeit am Fachbereich Katholische Theologie der Münsterschen Universität emeritiert.

Ansehen bei den Studierenden

Prof. Remmers war der erste Inhaber dieses Lehrstuhls. Durch sein großes Einfühlungsvermögen in die Mentalität der östlichen Kirchen und sein reiches Wissen über ihre Geschichte und Eigenart hat er diesem Lehrstuhl ein unverwechselbares Profil gegeben, das nicht nur katholische Studenten, sondern auch orthodoxe, vor allem aus der Griechischen Orthodoxie anzog. Manch einer der Griechen erhielt auch deswegen ein Stipendium des Bischofs von Münster, so daß er hier studieren konnte. Daß seiner Institutsabteilung eine Professur für Orthodoxe Theologie angegliedert und 1980 mit einem Griechen, Prof. Dr.Dr. A. Kallis, besetzt werden konnte, ist nicht zuletzt auch sein Verdienst.

Werdegang

Als Niederländer, der am 2.9.1913 in 's Hertogenbosch geboren wurde, hat Prof. Remmers seine philosophisch-theologischen Studien zunächst in Holland begonnen und dann am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom fortgesetzt und mit der Promotion abgeschlossen. Von dort stammt der im Münsterschen Vorlesungsverzeichnis einmalige Titel Dr. scient. eccl. orient., Doktor der Wissenschaft von den östlichen Kirchen. In der Dissertation befaßte er sich mit dem russischen Emigranten, Diplomaten und späteren Jesuiten I. S. Gagarin, der sich im 19. Jahrhundert um die Wiedervereinigung der Russischen Orthodoxie mit der römisch-katholischen Kirche bemüht hatte. Geschichte und Spiritualität der russischen Orthodoxie bleiben seitdem ein gepflegter Schwerpunkt seiner Forschungs- und Publikationstätigkeit, zu dem alsbald auch Forschungen und Publikationen über die griechische Orthodoxie, ihre dogmatischen und spirituellen Traditionen, und über die Beziehungen zwischen den orthodoxen Kirchen insgesamt und der römisch-katholischen Kirche traten.

Wirken zum II. Vatikanischen Konzil

Als ausgewiesener Kenner dieser aspekt- und wandlungsreichen Beziehungsgeschichte wurde Prof. Remmers schon vor Beginn des II. Vatikanischen Konzils zum Konsultor der PäpstIichen Kommission für die Ostkirchen zur Vorbereitung des Konzils ernannt. 1963 zum Professor für Orientalische Theologie an der Universität Nijmegen und ins Päpstliche Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen berufen, folgte er bereits im nächsten Jahr dem Ruf an die Universität Münster. In der Zeit seiner Münsterschen Tätigkeit, die in den letzten Jahren zunehmend durch eine schwere Krankheit beeinträchtigt war, hat der baldige Emeritus seine bisherigen Forschungsrichtungen weiter ausgebaut und erweitert um die Impulse und Probleme, die das II. Vatikanische Konzil gerade für den kirchlichen Ost-West-Dialog mit sich gebracht hat.

Kernthemen seiner Arbeit

Als besondere Anliegen, die der ansonsten eher zurückhaltende Hochschullehrer immer mit temperamentvollem Nachdruck vertreten hat, lassen sich vor allem drei herausstellen: Im Westen muß das Verständnis für ostkirchliche Frömmigkeit, insbesondere für die Liturgie und die wahre Bedeutung der Ikonenverehrung, wachsen; sonst kann man hier weder die Lehre noch die ekklesiologische Praxis der östlichen Kirchen verstehen. Zum anderen muß die Lateinische Kirche Konsequenzen aus den mißlichen Erfahrungen früherer Unionsbemühungen ziehen, die regelmäßig eine Tendenz zur Latinisierung‚ Verfremdung und Unterdrückung ostkirchlicher Eigenart aufwiesen. Und drittens muß der katholische Westen besonders die Aussagen des II. Vatikanischen Konzils konsequent weiter verfolgen, durch die erstmals mit verbindlicher Eindeutigkeit die Ostkirchen im Vollsinn dogmatisch anerkannt wurden; das bedeutet für Prof. Remmers.auch, daß die Frage nach der Ökumenizität der in der Trennungszeit abgehaltenen Konzilien neu gestellt werden muß.

Dieses von Herrn Remmers selbst stets praktizierte Ernstnehmen sowohl der Konzilsaussagen als auch der ekklesialen Eigenart der östlichen Kirchen hat ihm die Sympathie vieler Theologen der Ostkirchen eingebracht, die zusammen mit vielen westlichen Theologen die Hoffnung hegen, daß der Eintritt in den Ruhestand zur Gesundung beiträgt und eine neue Phase fruchtbarer Tätigkeit ermöglicht.