Rike Drust
© Andrea Rüster

Mit Liebe, Wut und Schlafmangel

WWU-Alumna Rike Drust schreibt über Muttergefühle

Text und Interview: Nora Kluck

Rike Drust ist Werbetexterin, Autorin und Bloggerin. Von 1995 bis 2001 studierte sie an der WWU Münster Deutsche Philologie, Neuere und Neueste Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaft, außerdem Women’s Studies an der Universität Bristol. Für ihre Arbeit als Werbetexterin wurde sie unter anderem mit dem Preis des Art Directors Club für Deutschland (ADC) und dem Cannes Lion ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern (vier und acht Jahre alt) in Hamburg.
Im Jahr 2011 veröffentlichte sie das Buch „Muttergefühle. Gesamtausgabe“. Der zweite Band „Muttergefühle. Zwei. Neues Kind, neues Glück“ ist im Herbst 2017 erschienen.

„Beim zweiten Kind ist alles schöner.“ – „Beim zweiten Kind ist alles schlimmer.“ Ja, was denn nun? Diese beiden Kapitelüberschriften bringen die innere Zerrissenheit auf den Punkt, die Rike Drust in „Muttergefühle. Zwei“ beschreibt. Wie auch schon im ersten Band lädt sie ein zum „Tag der offenen Tür“ ihrer Gefühle, nun als Mutter von zwei Kindern. Denn zum Muttersein gehören viele Gefühle, und zwar ganz verschiedene – über die ihrer Ansicht nach viel zu wenig in ihrer gesamten Bandbreite gesprochen wird. Von „Berufswunsch: Diktatorin“ bis hin zur „Superheldin mit Meditationshintergrund“ ist alles dabei. Pointiert, mit Wortwitz und sehr viel Humor, manchmal schnodderig, aber nie albern, zeigt die Autorin die Höhen und Tiefen des Mutterseins auf und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Sie widmet sich Themen wie dem Essen, dem Schlafen (und vor allem Nicht-Schlafen), Kinderbüchern (da wird ein unerträgliches Buch schon einmal unter das Regal gekickt), der Partnerschaft, dem Identitätsverlust und vielem mehr. Rike Drust berichtet, wie ihr alles zu viel werden kann, wenn der Sohn mal wieder pausenlos Witze von der Conni-CD nacherzählt oder das Bett nur noch ein Ort zum Aufstehen und nicht mehr zum Schlafen ist. Aber sie erzählt auch, wie gut es sich anfühlt, wenn sie ihre Kinder trösten kann („Weil ich die Mama bin“), wenn ihr Sohn der Trainerin der gegnerischen Fußballmannschaft lässig zum Sieg gratuliert oder wenn die Kinder griesgrämigen Passanten ihre Fröhlichkeit entgegensetzen. Sie beschreibt, wie sie schöne Situationen genießt und Probleme mit Pragmatismus und Humor angeht – und manchmal auch an ihnen verzweifelt. Das alles geschieht ohne erhobenen Zeigefinger und mit der klaren Botschaft, dass ihre individuellen Lösungen zwar nicht für jede andere Familie passen müssen, aber es doch genug Gemeinsamkeiten gibt, damit die Leser – und vor allem die Leserinnen – wissen: Du bist nicht allein. Viele Kapitel sind zum Lachen, manche zum Weinen oder zum Empören. Das Buch macht deutlich: Mutter- und Elternsein ist harte Arbeit, aber auch wunderbar. In ihrer witzigen und herzlichen Art schafft Rike Drust ein Lesevergnügen für alle – egal, ob mit oder ohne Kinder.

Drei Fragen an Rike Drust

In Ihren Büchern berichten Sie über die Höhen und Tiefen des Mutterseins. Nun gibt es schon eine große Palette an Büchern für und von Eltern. Warum haben Sie Bedarf für Ihre „Muttergefühle“-Bücher gesehen?

Als ich das erste Buch geschrieben habe, gab es noch nicht so viele Bücher über die Gefühlsbandbreite des Kinderhabens. Das weiß ich so genau, weil ich sehr danach gesucht habe. Es gab entweder Bücher, die das Muttersein als ausschließlich glücklich, niedlich und bereichernd beschrieben haben, oder welche, die zum Beispiel „No Kid – 40 Gründe, keine Kinder zu haben“ hießen. Inzwischen hat sich das geändert, und das finde ich großartig. Es kann gar nicht genug Bücher geben, die Müttern in einer anstrengenden Phase Mut und die Gewissheit geben, dass sie nicht allein sind.

Wie reagieren andere Eltern auf Ihre Bücher – in Zuschriften, aber auch in Ihrer unmittelbaren Umgebung?

Ich habe mich mal mit einer Mutter aus der Kita verabredet. Wir kannten uns noch nicht und erzählten uns beim Kaffee, was wir beruflich machen. Als ich „Muttergefühle. Gesamtausgabe“ erwähnte, rief sie: „Du bist das? Dein Buch hat mich im ersten Jahr gerettet.“ Diesen Satz höre ich auch auf Lesungen oder lese ihn in E-Mails. Kritik bleibt natürlich auch nicht aus, weil ich in den sozialen Netzwerken präsent bin und dort zum Beispiel für gendersensible Erziehung plädiere oder vielleicht weniger Regeln habe als andere Eltern. Manchmal fordert jemand, dass mir meine Kinder weggenommen werden. Andere werfen mir vor, dass ich meine Kinder verwahrlosen lasse. Aber zum Glück überwiegen die positiven, dankbaren Stimmen.

Gibt es eine besondere Erinnerung, die Sie mit Ihrer Zeit an der WWU Münster verbinden?

Ich verbinde mit Münster allgemein eine großartige Zeit. An der WWU habe ich begonnen, mich theoretischer mit dem Thema Feminismus zu befassen. Wenn ich heute alte Bekannte von damals treffe, erinnern sie sich meist zuerst daran, wie ich feministisch diskutiert und manchmal auch gepöbelt habe. Aber auch sonst habe ich viele schöne Erinnerungen. Ich habe meinen bis heute besten Freund dort kennengelernt. Und ich hatte lustige Nebenjobs, zum Beispiel in der Luna Bar oder bei der Skulpturenausstellung. Dort musste ich das Kunstwerk – einen auf die Ladefläche eines Piaggio montierten Springbrunnen – aus dem Landesmuseum holen, zum Standort fahren, an einen Hydranten anschließen, aufpassen und abends wieder zurückbringen. Bis auf einige Handgemenge mit übereifrigen Passanten, die das Wasser abstellen wollten, war das der entspannteste Job, den ich je hatte.

Dieser Text stammt aus dem alumni|förderer-Magazin in der Universitätszeitung "wissen|leben", Ausgabe Mai 2018.

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