Religiosität in Süditalien

Auftakt zur Blumenberg-Vortragsreihe „Die Unvermeidbarkeit von Religion“

Prof. Dr. Thomas Hauschild
Prof. Dr. Thomas Hauschild - Hans-Blumenberg-Gastprofessor
© Franziska Richter

Über religiöse Praktiken in Süditalien spricht der Ethnologe Prof. Dr. Thomas Hauschild am Montag, 26. Juni zum Auftakt der öffentlichen Blumenberg-Vortragsreihe am Exzellenzcluster „Religion und Politik“. In dem Vortrag präsentiert der Wissenschaftler Ergebnisse aus rund 30 Jahren ethnologischer Feldforschung. Er trägt den Titel „Kath’olos in Süditalien. Kirche und staatliche Politik im Stresstest der gelebten Religion“ und ist ab 18.15 Uhr im Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Hörsaal JO 1, Johannisstraße 4 in Münster zu hören.

Eine Einführung ins Themenfeld der Vortragsreihe zum nachlesen oder nachhören gibt der Wissenschaftler im Interview mit dem Deutschlandradio in der Sendung „Tag für Tag“.

Prof. Dr. Thomas Hauschild war zuletzt Professor für Ethnologie und vergleichende Kultursoziologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Fellowships und Gastprofessuren führten ihn unter anderem an das Internationale Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien, das Wissenschaftskolleg zu Berlin und das Internationale Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie in Weimar. Thomas Hauschild hat zahlreiche, viel beachtete Publikationen vorgelegt, darunter „Hexen“, „Der böse Blick“, „Magie und Macht in Italien“ (2002), „Ritual und Gewalt“ (2008), und „Weihnachtsmann – Die wahre Geschichte“ (2012). Er ist im Sommersemester 2017 Inhaber der Hans-Blumenberg-Gastprofessur am Exzellenzcluster „Religion und Politik“.

Die Blumenberg-Vorträge über „Die Unvermeidbarkeit von Religion“ sind bis zum 10. Juli 2017 montags von 18.15 bis 19.45 Uhr im Hörsaalgebäude des Exzellenzclusters, Hörsaal JO 1, Johannisstraße 4 in Münster, zu hören. Die Gastprofessur am Exzellenzcluster „Religion und Politik“, benannt nach dem einflussreichen Philosophen Hans Blumenberg (1920-1996), soll dazu beitragen, innovative Impulse aus der internationalen Forschung nach Münster zu bringen, und die interdisziplinäre Anschlussfähigkeit am Exzellenzcluster stärken. Dem Verbund gehören rund 200 Mitglieder aus gut 20 geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern an. (dak/maz)

Hans Blumenberg – Namensgeber der Gastprofessur am Exzellenzcluster

Der renommierte Münsteraner Philosoph Hans Blumenberg (1920-1996) war von 1970 bis zu seiner Emeritierung 1985 Professor an der Universität Münster. Mit seinen Veröffentlichungen trug er wesentlich zur Neubestimmung des Ortes der Neuzeit in der geschichtswissenschaftlichen und philosophischen Diskussion bei. Er stellte die damals vorherrschende Säkularisierungsthese in Frage, nach der theologische Deutungsmuster aus dem Mittelalter über den Umbruch zur Neuzeit hinweg im modernen Staat fortwirken. Im Hauptwerk „Die Legitimität der Neuzeit“ plädiert Blumenberg dafür, die Entstehung der Neuzeit als Akt der humanen Selbstbehauptung gegen die theologischen Absolutheitsansprüche spätmittelalterlichen Denkens zu interpretieren. Auf diese Weise nahm er, in kritischer Absetzung von den Philosophen Carl Schmitt (1888-1985) und Karl Löwith (1897-1973), entscheidenden Einfluss auf die Säkularisierungsdebatte in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Dabei trug er auch zur Theorie der historischen Periodisierung und zur Theorie der Moderne bei.

Der Philosoph befasste sich in seinen begriffs-, geistes- und philosophiegeschichtlichen sowie in seinen anthropologischen Studien auch mit der Interpretation von Mythen und Metaphern. So stellte er anekdotische und essayistische Betrachtungen über das Motiv des Löwen an. Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff greift dieses Motiv in ihrem Roman „Blumenberg“ auf. Der Wissenschaftler war Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz, des Senats der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Mitglied der Senatskommission für Begriffsgeschichte und Mitgründer der Forschungsgruppe „Poetik und Hermeneutik“. Als junger Mann hatte er das Studium der Katholischen Theologie 1940 abbrechen müssen, da er im Nationalsozialismus mit Blick auf die Familie seiner Mutter als „Halbjude“ galt. Er studierte dann Philosophie, Germanistik und Klassische Philologie. (exc/vvm)