Workshop: Sakralisierte Politik und politische Religion

Konfigurationen von Religion und Politik im 19. und 20. Jahrhundert

News Workshop Sakralisierte Politik

Plakat des Workshops

Politik kommt in ihrem Versuch einer Letztbegründung nicht ohne religiöse Sprache und Bilder aus. Davon sind die Veranstalter eines Workshops am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ überzeugt. Am 11. und 12. Februar kommen 18 Referenten aus ganz Deutschland sowie aus Großbritannien und der Schweiz zu einem Workshop mit dem Titel „Sakralisierte Politik und politische Religion. Konfigurationen von Religion und Politik im 19. und 20. Jahrhundert“ nach Münster. Die Tagung findet im Liudgerhaus am Überwasserkirchplatz 3 statt. Eine Anmeldung bis zum 1. Februar ist erforderlich.

Die Französische Revolution behaupte sich erneut als Epochenwende, heißt es in der Ankündigung des Workshops: „Sie führte einerseits zu einer Auflösung der traditionellen Bindungen zwischen Religion und Macht, bedurfte zur Errichtung und Stabilisierung einer neuen Ordnung jedoch andererseits umso größerer Deutungshilfen und legitimierender Substanz.“ Zur Begründung einer neuen politischen Kultur habe man weiterhin die traditionelle, christlich geprägte Symbolsprache genutzt, die im Verlauf der Revolution verweltlicht und durch eine genuin revolutionäre Tradition ergänzt wurde.

Im Mittelpunkt der Tagung steht die vergleichende Untersuchung von sozialen Bewegungen der Neueren und Neuesten Geschichte von 1789 bis 1989. Es werden Beispiele aus West- und Osteuropa sowie aus den USA betrachtet, bei denen sakrale Sprache, Bilder oder Praktiken zum Zwecke der Mobilisierung und Legitimierung politischer oder sozialer Ansprüche herangezogen wurden. Unter den Leitbegriffen „Sakralisierung von Politik“ beziehungsweise „Politische Religion“ sollen verschiedene typische Konfigurationen herausgearbeitet und miteinander verglichen werden. Die Teilnehmer legen einen weiten Religionsbegriff zugrunde, der Religion als kulturelle Praxis zur Gemeinschaftsbildung und Sinnstiftung versteht.

Öffentlicher Abendvortrag von Hermann Lübbe

Am Donnerstag, dem 11. Februar, ist der renommierte Philosoph Hermann Lübbe Gastredner der Tagung. In einem öffentlichen Abendvortrag im J 119 (ehemals J 122) spricht er über „Religion als Modernisierungsgewinner – kulturell und politisch“. (bhe)

Programm

Donnerstag, 11. Februar

  • 9:30–10:00 Hans-Ulrich Thamer (Münster): Begrüßung und Einführung
  • 10:00–10:30 Jürgen Gebhardt (Erlangen-Nürnberg): Das religiöse Dispositiv der modernen Politik
  • 10:30–11:00 Diskussion
Sektion 1: Sakralisierte Politik, Gemeinschaftsstiftung und Interessenorganisation im 19. Jahrhundert; Moderation: Jens-Ivo Engels
  • 11:00 – 11:30 Rudolf Schlögl (Konstanz): Diffusion und Enteignung: Religion in der konstitutionellen Ordnung 11:30–12:00 Diskussion
  • 12:00–12:30 Christina Schröer (Münster): Sakralisierte Politik zur Republikanisierung der französischen Nation, 1789–1889
  • 12:30 – 13:00 Christian Müller (Münster): Ein Krieg der Wörter. Die Dialektik von politischer Religion und religiöser Politik in transnationalen Kongressbewegungen, 1855–1870
  • 13:00–15:15 Diskussion
  • 15:15–15:45 Axel Körner (London): Mazzini und Garibaldi im ehemaligen Kirchenstaat. Die Inszenierung politischer Religion zwischen Mythos und Macht
  • 15:45–16:15 Thomas Welskopp (Bielefeld): Anti-Saloon League und „zweiter“ Ku Klux Klan: „Charismatische Verbände“ als politische Mobilisierungsform in den Vereinigten Staaten, 1890–1930 16:15–16:45 Diskussion
  • 16:45–17:15 Martin Schulze Wessel (München): Sakralisierung der Politik in der Französischen und der Russischen Revolution (1789/1917)
  • 17:15–18:00 Diskussion
  • 18:00–20:00 Hermann Lübbe (Zürich), Öffentlicher Abendvortrag, Religion als Modernisierungsgewinner – kulturell und politisch

Freitag, 12. Februar

Sektion 2:  Zwischen Demokratie und Diktatur: Die Inszenierung sakraler Bilder des Politischen; Moderation: Heike Bungert
  • 9:15–9:45 Thomas Großbölting (Münster): Friedliche Revolution – Wende 1989/90: Inszenierung und Sakralisierung von Politik zwischen Staatsakten und Bürgerrechtsbewegung
  • 09:45–10:15 Yves Bizeul (Rostock): Die Funktion sakraler Bilder des Politischen in Propaganda und Medieninszenierung
  • 10:15–11:.00 Diskussion
  • 11:00–11:30 Jana Weiß (Münster): Martin Luther King Day – „A Non-violent Man is martyred“
  • 11:30–12:00 Sara-Marie Demiriz (Münster): Politische Religion im Kemalismus, Atatürk und die Gründung der modernen Türkei, 1923–1938
  • 12:00–14:00 Diskussion
Sektion 3: Politische Religion, Gewalt und Konflikt im Zeitalter der Extreme (1918–1968); Moderation: Thomas Großbölting
  • 14:00–14:30 Pascal Eitler (Berlin): „Revolution“ oder „Transformation“? Politisierte Religionen zwischen „New Left“ und „New Age“, 1965–1990
  • 14:30–15:00 Klaus Große-Kracht (Münster): Öffentliche Inszenierungen des Schulterschlusses von katholischer Kirche und Drittem Reich im Jahr 1933, Bistum Berlin
  • 15:00–15:45 Diskussion
  • 15:45–16:15 Sven Reichardt (Konstanz): Der Pathos des Menschlichen? Anmerkungen zur Friedensbewegung
  • 16:15–16:45 Wolfgang Kraushaar (Hamburg): Religiöse Desozialisation und Sakralisierung des „bewaffneten Kampfes“ – das Beispiel der „Roten Armee Fraktion“
  • 16:45–17:30 Abschlussdiskussion