„Islam in der Sozialarbeit“: 23 Absolventen nahmen Zertifikat entgegen

Eindrücke von der Feier

© ZIT - Peter Leßmann
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Erste Absolvent*innen des Studienprogramms „Islam in der Sozialarbeit“

Am 24.10.2022 erhielten 23 Absolventinnen und Absolventen erstmalig das Weiterbildungszertifikat „Islam in der Sozialarbeit“, welches das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster unter der Leitung von Prof. Dr. Mouhanad Khorchide in Kooperation mit der WWU Weiterbildung gGmbH organisiert hat. Etwa ein Drittel der Absolvent*innen sind Frauen, die bereits in der Seelsorge oder in der Sozialarbeit im muslimisch geprägten Umfeld tätig sind, ein Großteil waren Imame, die sich für ihre Tätigkeit im Gemeindekontext weiterqualifizierten. Das Studienprogramm wird vom Bundesministerium des Innern und der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Es standen 25 Studienplätze zur Verfügung, die Nachfrage war erheblich höher. Aufgrund der positiven Resonanz wird das Projekt fortgeführt. Bewerbungen für den zweiten Durchgang sind noch bis zum 10.11.2022 möglich.

Eröffnet wurde der Festakt durch den Prorektor der WWU Münster, Prof. Dr. Michael Quante, der die Bedeutung dieses Angebots für den Transfer betonte:
Mit diesem Weiterbildungsangebot schlagen wir die Brücke in die gesellschaftliche Lebenswirklichkeit der islamischen Gemeinden und tragen dazu bei, wissenschaftliche Grundlagen für die alltägliche Arbeit zur Verfügung zu stellen. Wir sind davon überzeugt, dass dies ein wichtiger Baustein dafür ist, religiöse Pluralität in unserer Gesellschaft gemeinsam zu gestalten und zu leben.

Der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, Dr. Guido Hitze, richtete im Namen der Staatssekretärin für Kultur und Wissenschaft, Frau Gonca Türkeli-Dehnert, ein Grußwort an die Projektleitung und die Absolvent*innen. Darin unterstrich er: „Religiöse Vielfalt prägt seit vielen Jahrzehnten unser Land. Und zur Vielfalt der hier gelebten religiösen Bekenntnisse gehört inzwischen selbstverständlich auch der Islam. Ihre Religion ist für viele Menschen von großer Bedeutung und sie ist eine wichtige Säule unserer Gesellschaft, weil sie Halt, Orientierung und eine geistige Heimat geben kann.“ Er wies auf den Koalitionsvertrag der Regierung in NRW hin, in dem explizit aufgeführt werde, „dass die Landesregierung für die Integration des Islams deutschsprachige, die Werte des Grundgesetzes unterstützende und von ausländischen Regierungen unabhängige Imame für unbedingt erforderlich hält. Das Zertifikatsstudienprogramm 'Islam in der Sozialarbeit' kann als erster wichtiger Schritt in diese Richtung gesehen werden.“

Dr. Hitze übermittelte zudem einen herzlichen Gruß von den Verantwortlichen im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Das Projekt des Studienprogramms „Islam in der Sozialarbeit“ habe auch für das BMI eine große Bedeutung, es trage dazu bei, „eine Identität zu befördern, die Deutschland als Heimat begreift, ohne dies in einen Widerspruch zu setzen, Muslim oder Muslimin zu sein. Es geht eben nicht darum, sich zwischen „deutsch“ oder „muslimisch“ zu entscheiden, wie nicht selten von islamistischen Aktivisten oder rechten Populisten suggeriert wird, sondern aufzuzeigen, dass Menschen zugleich deutsch und muslimisch sein können. Das hat viel mit kritischer Reflexion bestehender Diskurse, aber auch mit einem guten Selbstbewusstsein und dem Wunsch nach Teilhabe und Sichtbarkeit zu tun. Hierzu möchte das Projekt 'Islam in der Sozialarbeit' beitragen. Das BMI war und ist daher gerne bereit, das von Herrn Prof. Dr. Mouhanad Khorchide initiierte Projekt zusammen mit dem Land Nordrhein-Westfalen zu fördern.“
Dr. Hitze kündigte darüber hinaus an: „Der große Erfolg des Projektes hat uns, die Landeszentrale für politische Bildung, dazu veranlasst, das Projekt im nächsten Jahr fortzuführen. Auch möchten wir Ihnen, die heute das Zertifikat überreicht bekommen, ein zusätzliches Angebot unterbreiten. Herr Prof. Khorchide hat uns mitgeteilt, dass Sie sich ein Alumni-Projekt wünschen. Diesem Wunsch kommen wir gerne nach. So ist geplant, zweimal pro Jahr ein weiteres ergänzendes Modul zu wechselnden Themen wie zum Beispiel Antisemitismus, Religionsfreiheit im säkularen Rechtsstaat oder Frauenrechte anzubieten.“

Der Rektor der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Prof. Dr. Johannes Wessels, überreichte im Anschluss an die Grußworte gemeinsam mit Dr. Guido Hitze die Zertifikate.

Frau Hanan Karam, eine der ersten Absolventinnen des Zertifikatsstudiengangs unterstrich in ihrem Erfahrungsbericht: „Besonders als Mutter und Doktorandin bin ich froh und dankbar, dass es Formate gibt, die auch Berufstätigen eine weitere Wissensaneignung bzw. -vertiefung ermöglichen. Wir beschäftigten uns mit koranischen Ansätzen, der derzeitigen Lebenswelt der Muslim*innen in Deutschland und widmeten uns vor allem zukunftsorientierten Themen in Bezug auf die Jugend, die einen großen Teil des Klientels ausmacht, derer sich sowohl Sozialarbeitende als auch Imame tagtäglich annehmen. So konnten wir feststellen, dass die Bereiche fluide Grenzen haben und Ideen entwickeln, wie dieser Austausch auch nachhaltig gewährleistet werden kann.“ Darüber hinaus betonte Frau Karam die Bedeutsamkeit der Gemeindearbeit und insbesondere den Austausch mit den Imamen. Nur ein Austausch mache es möglich, über neue Prozesse nachhaltig zu reflektieren und Strukturen zu verbessern.

Der Münsteraner Imam, Mounir Regragui, betonte, dass das Zertifikatsstudienprogramms „Islam in der Sozialarbeit“, den Imamen ermögliche, eine Entwicklung zu erfahren und sich mit zeitgemäßen Problemen und Fragestellungen auseinanderzusetzen: „Das Projekt Islam in der Sozialarbeit ist für uns Imame sehr wichtig, da wir endlich die Möglichkeiten bekommen, auf unsere alltäglichen Probleme eine neue Sicht einzunehmen und über Dinge neu zu reflektieren. Ich merke, wie wir immer wieder Situationen ausgesetzt sind, auf die wir nie richtig vorbereitet wurden, geschweige denn für sie sensibilisiert wurden. Die Seminare waren für uns in dem Sinne eine Bereicherung, dass wir die Meinungen unter uns Imamen, aber auch die der Sozialarbeiter*innen hören und diskutieren durften. Es kommt nicht oft vor, dass uns eine Plattform gegeben wird, in der wir uns frei entfalten können.“ Selbstkritisch merkte Herr Regragui an: „Wir müssen uns eingestehen, dass Themen wie Diversität, Antisemitismus und Demokratie viel zu wenig oder kaum in den Moscheen besprochen werden und leider ein fundiertes Wissen in diesen Bereichen fehlt. So erinnere ich mich daran, dass z. B. einige Imame nicht genau wussten, was Antisemitismus eigentlich ist. Dies sollte ein Warnruf für uns alle sein.“ Er unterstrich, wie wichtig es sei, auch über sensible Themen offen und selbstkritisch zu reden und darüber zu reflektieren: „Die Imame kommen ehrlich gesagt bei besonderen Fragen wie zum Beispiel dem Umgang mit homosexuellen Gläubigen oft an ihre Grenzen. Ich weiß, dass dies vielleicht für einige Ohren befremdlich klingen mag, aber auch die Imame haben ihre eigenen Meinungen, die zeitgemäß sind und die nicht immer mit denen der konservativen Gemeinde übereinstimmen. Herr Khorchide kann sicherlich bestätigen, dass ein Teil der Imame eine große Entwicklung erfahren hat. Noch zu Beginn hätte man gedacht, dass sie niemals ihr konservatives Gedankengut ablegen und über bestimmte Fragen diskutieren würden. Doch genau das ist während dieses Studiengangs geschehen. Aus diesen Gründen sind Weiterbildungsangebote wie dieses genau das richtige Werkzeug, um dieser Nachfrage gerecht zu werden.“

Professor Khorchide betonte: „Die Imame und Sozialarbeiter*innen erhoffen sich durch das Absolvieren dieses Zertifikatsstudiengangs bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Man darf allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass Weiterbildung keine einmalige Maßnahme bleiben darf. Daher sind wir bestrebt, auch den Absolvent*innen weitere Angebote zu machen“.

 

Hier kommen Sie zur Pressemitteilung der WWU Münster.