Leitbild zum ethischen Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre der Universität Münster

Am 7. Januar 2002 hat sich die Universität Münster auf Basis eines Senatsbeschlusses einen Ehrenkodex "Regeln guter wissenschaftlicher Praxis" gegeben, der die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität auf Grundsätze wissenschaftlicher Redlichkeit und Fairness verpflichtet. Der Ehrenkodex wird ergänzt durch die "Grundsätze zum Umgang mit Forschungsdaten" sowie das "Leitbild zum ethischen Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre".

Präambel

Die Nutzung von empfindungsfähigen Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre stellt eine besondere ethische Herausforderung dar, da empfindungsfähige Tiere um ihrer selbst willen moralische Berücksichtigung verdienen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Angehörigen aller weiteren Berufsgruppen, die an der Universität Münster unmittelbar oder mittelbar mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Umgang haben, stellen sich der sich hieraus ergebenden besonderen ethischen Verantwortung. Sie machen sich die in den vorliegenden ethischen Leitlinien niedergelegten Grundsätze zu eigen und sind sich bewusst, dass diese Verantwortung sowohl eine individuelle als auch eine politische Dimension umfasst.

  • Weitere Informationen

    Dieses Leitbild hat mehrere Funktionen: Es soll die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Angehörigen aller weiteren Berufsgruppen, die an der Universität Münster unmittelbar oder mittelbar mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Umgang haben, für ihre besondere ethische Verantwortung sensibilisieren und sie bei der ethischen Reflexion des eigenen Handelns unterstützen. Das Leitbild dient einer gegenwärtigen wie zukünftigen Selbstvergewisserung und Aufklärung darüber, wie an der Universität Münster mit Tieren in Lehre und Forschung umgegangen wird und werden soll. Mit dem Leitbild signalisiert die Universität Münster, dass sie eine kritische Verantwortungsübernahme ausdrücklich begrüßt. Es soll schließlich das Selbstverständnis der Universität Münster zur Frage des Umgangs mit Versuchstieren in Wissenschaft und Forschung nach innen und außen deutlich machen. Die nachstehenden Erläuterungen konkretisieren diese Grundsätze und sind Teil des Ethischen Leitbilds zum Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre der Universität Münster.

    Ethik hat es mit der Begründung von Normen und Regeln richtigen Verhaltens zu tun. Auf solche Normen oder Regeln nimmt Bezug, wer Handlungen moralisch bewertet oder entsprechende Empfehlungen formuliert. Bewertungen und Empfehlungen dieser Art sind auch Gegenstand dieser Leitlinie. Deren Zweck und Funktion ist es, diejenigen Grundsätze für den Umgang mit empfindungsfähigen Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre zu formulieren, von denen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität Münster sowie die Angehörigen der weiteren Berufsgruppen im Umgang mit Versuchstieren leiten lassen.

    Die Universität Münster bietet ein breites Spektrum von Forschung in vielen Disziplinen, darunter auch in der Biomedizin. Die Universität Münster beachtet die strengen gesetzlichen Vorgaben des deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG). Diese sehen unter anderem vor, dass biomedizinische Tierversuche durch die Landesbehörden erst genehmigt werden dürfen, nachdem sowohl ihre Unerlässlichkeit als auch die Verhältnismäßigkeit von Erkenntnisgewinn und dem zu erwartenden Leiden oder Schaden der Versuchstiere dargelegt worden sind. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben von den vorliegenden Leitlinien der Universität Münster unberührt, die sich auf die Formulierung ethischer Minimalstandards im Umgang mit Versuchstieren beschränken. Als „Tierversuch“ soll dabei jede experimentelle oder wissenschaftliche Maßnahme an lebenden Tieren verstanden werden, die mit einer möglichen tierschutzrelevanten Belastung für die betroffenen Tiere verbunden ist.

    Beinahe alle Ansätze in der Ethik stimmen darin überein, dass der Mensch moralische Verpflichtungen gegenüber empfindungsfähigen Tieren hat. Empfindungsfähigkeit meint das Vermögen zu bewussten inneren Erfahrungen, positiven wie negativen. Nach bisherigem Kenntnisstand, wie er aus der Verhaltensforschung, Sinnes- und Neurophysiologie resultiert und Gegenstand weiterer Forschungsanstrengungen sein muss, verfügen alle Wirbeltiere, aber auch einige Wirbellose über – unterschiedlich komplexe – Empfindungsfähigkeit. Der Grund für die zentrale moralische Bedeutung dieser Fähigkeit ist, dass (nur) empfindungsfähige Wesen durch die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wird, in ihrem subjektiven Wahrnehmen betroffen sein können. Die verschiedenen tierethischen Ansätze und Positionen unterscheiden sich zwar hinsichtlich der Begründung der moralischen Verpflichtung gegenüber Tieren. Diese reichen von vertragstheoretischen Argumenten über Ethiken, die dem Prinzip der Leidvermeidung verpflichtet sind, bis hin zu einem Ethos der Mitgeschöpflichkeit oder der Idee einer kreatürlichen Würde. Sie ziehen auch unterschiedliche Schlussfolgerungen hinsichtlich der konkreten moralischen Pflichten, die sie für begründbar halten. Dass empfindungsfähige Tiere um ihrer selbst willen Berücksichtigung finden müssen, ist in der tierethischen Diskussion aber wenig bestritten. Diese Berücksichtigung schließt nach überwiegender Auffassung neben der negativen Verpflichtung, Tieren keine (unnötigen) Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen, auch positive Pflichten ein, insbesondere eine Pflicht zur Fürsorge und zur Förderung des Wohls von empfindungsfähigen Tieren.

    Die moralische Verantwortung aller Personen, die in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Umgang mit Tieren haben, hat eine individuelle und eine politische Dimension. Die ersten Adressaten moralischer Pflichten gegenüber Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre sind jene, die unmittelbar oder mittelbar mit den betroffenen Tieren zu tun haben. Sie stehen in der Pflicht, das ihnen Mögliche zu tun, ihren Umgang mit Tieren an deren konkreten Eigenschaften und Fähigkeiten, ihren Bedürfnissen und ihrem Wohl auszurichten. Zur ihrer aller Verantwortung gehört es auch, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Gestaltung von rechtlichen Regeln, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen und regulatorischen Erfordernissen, die dem Wohle der ihnen anvertrauten Tiere dienen, mitzuwirken. Darüber hinaus sind sie und auch die Universität Münster als Institution verpflichtet, zu einer Sensibilisierung der Mitarbeitenden, der Studierenden und auch der Allgemeinheit für die besondere ethische Herausforderung beizutragen, die die Nutzung von empfindungsfähigen Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre darstellt.

Nicht-Delegierbarkeit persönlicher Verantwortung

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie die Angehörigen aller anderen Berufsgruppen, die in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre mit Tieren Umgang haben, tragen für ihr Handeln eine persönliche, nicht-delegierbare moralische Verantwortung. Sie sind nicht nur für die wissenschaftliche Qualität ihrer Arbeit, sondern auch für das Wohl der ihnen anvertrauten Tiere verantwortlich. Insbesondere Versuchsleiter/innen bzw. Antragsteller/innen haben die Pflicht, vor der Durchführung eines jeden Tierversuchs eine eigene ethische Güterabwägung vorzunehmen. Die Universität Münster verpflichtet sich, durch geeignete Maßnahmen einen Beitrag dazu zu leisten, die Angehörigen der verschiedenen Berufsgruppen dazu zu ermutigen und sie dabei aktiv zu unterstützen, ihre moralische Verantwortung im Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre wahrzunehmen.

  • Weitere Informationen

    Der Umgang mit empfindungsfähigen Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre erlegt allen Beteiligten ein besonderes Maß an Verantwortung für das Wohl der ihnen anvertrauten Tiere auf. Diese Verantwortung muss von allen Berufsgruppen im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenbereiche persönlich übernommen werden. Die gesetzlichen Vorgaben des Tierschutzgesetzes geben einen rechtlichen Rahmen vor, der die Haltung und die Zucht von Versuchstieren sowie die Planung und Durchführung von Tierversuchen regelt; auch die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen entlastet die Beteiligten jedoch nicht von ihrer persönlichen moralischen Verantwortung für ihr Tun.

    Versuchsleiter/innen bzw. Antragsteller/innen sind als die wissenschaftlich, rechtlich und moralisch für den jeweiligen Versuch verantwortlichen Personen dazu verpflichtet, vor der Durchführung eines jeden Tierversuchs eine jeweils spezifische ethische Güterabwägung vorzunehmen. Dabei haben sie insbesondere zu prüfen, ob die Durchführung des geplanten Versuches notwendig und angemessen ist. Dies setzt beispielsweise nicht nur eine vorgängige gewissenhafte wissenschaftliche Recherche über alle mit dem Tierversuch verbundenen relevanten Sachverhalte voraus, sondern auch eine unvoreingenommene und möglichst konkrete Formulierung der aus dem Versuch erwarteten Nutzenchancen (positive Effekte für Menschen, Tiere oder Umwelt) einerseits, und der mit der Durchführung des Versuchs verbundenen Schadensrisiken (tierschutzrelevante Belastungen wie Schmerzen, Leiden, Ängste oder Stress) für die verwendeten Versuchstiere andererseits. Darüber hinaus sind Versuchsleiter/innen bzw. Antragsteller/innen dafür verantwortlich, dass der Versuchszweck mit einer möglichst geringen Anzahl an Versuchstieren und mit möglichst geringen Belastungen erreicht wird (3R principles), vor Aufnahme des Versuchs ethisch begründete, klar definierte Abbruchkriterien (humane endpoints) formuliert werden, und dass nach Abschluss des Versuchs für das Wohl der Tiere angemessen Sorge getragen wird. Zur Verantwortung von Versuchsleiter/inn/en bzw. Antragsteller/inne/n gehört schließlich, auf die Durchführung eines Tierversuchs zu verzichten, wenn eine ethisch vertretbare Versuchsanordnung nicht zu erreichen ist. Weiter muss ein bereits begonnener Versuch abgebrochen werden, wenn sich im Fortgang der Versuchshandlung Aspekte ergeben, die dazu führen, dass die ethische Güterabwägung anders getroffen werden muss.

    Neben den Versuchsleiter/inne/n bzw. Antragsteller/inne/n sind auch alle weiteren am Versuch beteiligten Personen (wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal), insbesondere im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenbereiche, für ihr Handeln im Kontext der Versuchshandlung moralisch verantwortlich. Dies bedeutet beispielsweise, dass Mitarbeitende sich vor Beginn der Arbeiten mit dem geltenden Recht vertraut machen und die jeweils erforderliche Fach- und Sachkunde aneignen müssen. Mitarbeitende sind darüber hinaus aber auch moralisch dazu verpflichtet, ggf. eigene Bedenken im Hinblick auf die Durchführung eines konkreten Tierversuchs zu äußern bzw. auf (aus ihrer Sicht ggf. auftretende) ethisch relevante Probleme oder mögliche Missstände hinzuweisen (sog. whistle blowing). Erste/r Ansprechpartner/in hierfür sollte der/die Tierschutzbeauftragte der Einrichtung sein.

    Die Universität Münster nimmt ihre Verantwortung als Institution, an der Tierversuche in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre durchgeführt werden, auch dadurch wahr, dass sie Angehörige der verschiedenen Berufsgruppen, die unmittelbar oder mittelbar mit Versuchstieren Umgang haben, bei der Wahrnehmung ihrer moralischen Verantwortung unterstützt. Dazu gehört die Vorhaltung eines angemessenen Ausbildungs- und Weiterbildungsangebotes für die Mitarbeitenden der verschiedenen Berufsgruppen, das neben der Vermittlung der erforderlichen Fach- und Sachkunde die Mitarbeiter/innen auch mit den einschlägigen rechtlichen Regelungen vertraut macht und sie für die ethischen Fragestellungen im Kontext des Tierversuchs sensibilisiert. Die Universität Münster ermutigt ihre Mitarbeitenden dazu, ihre jeweilige moralische Verantwortung kritisch zu reflektieren und sich mit Kolleg/inn/en und/oder Vorgesetzten in einem offenen Diskussionsklima auch über die ethischen Fragen und Bedenken im Kontext des Umgangs mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre auszutauschen. Die Universität Münster hat Tierschutzbüros eingerichtet, an die sich Mitarbeitende mit rechtlichen oder ethischen Bedenken wenden können.

Beschränkung von Tierversuchen

Die moralische Verantwortung gegenüber den Tieren gebietet es, die Zahl der im Rahmen wissenschaftlicher Forschung und Lehre verwendeten Versuchstiere auf ein Minimum zu begrenzen und das individuelle Leid der Tiere so weit als möglich zu reduzieren. Tierversuche, die eine bestimmte Belastungsobergrenze übersteigen, sind grundsätzlich ethisch nicht vertretbar.

  • Weitere Informationen

    Die moralische Berücksichtigung empfindungsfähiger Tiere impliziert eine Verpflichtung des Menschen, Tieren keine unnötigen Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Vor diesem Hintergrund haben sich in den vergangenen Jahren die Prinzipien der Vermeidung (replacement), Verminderung (reduction) und Verbesserung (refinement) als eine Art Leitmaximen des Tierschutzrechtes und der Tierschutzethik entwickelt, zu denen sich Angehörige aller Berufsgruppen bekennen, die in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre mit Tieren zu tun haben. Tierversuche sind entsprechend grundsätzlich durch den Einsatz von Ersatz- bzw. Ergänzungsmethoden zu ersetzen, wo dies möglich und rechtlich zulässig ist. Tierversuche sind grundsätzlich mit der geringsten Zahl an Tieren durchzuführen, die zur Erreichung des Versuchszweckes erforderlich ist. Es sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die eine Verbesserung des Wohlbefindens der Versuchstiere zur Folge haben bzw. die zu einer Minimierung von Belastungen bei gleichzeitiger Optimierung des Erkenntnisgewinns beitragen.

    Bestimmte vorstellbare Versuchsanordnungen wären für Tiere mit derart schweren Leiden oder Belastungen verbunden, dass sie schlicht unzulässig wären, also keine ethische Güterabwägung erlauben. Versuche, die bei den verwendeten Versuchstieren starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste hervorrufen, die voraussichtlich lange anhalten und nicht gelindert werden können, sind daher grundsätzlich unzulässig. Als „schwere“ Zustände können dabei solche Zustände gelten, welche beim Menschen ohne lindernde Maßnahmen als unerträglich zu bezeichnen wären. (Eine an der Universität Zürich erarbeitete Negativliste kann hier eine erste Orientierung sein.) Sofern das Versuchsziel nicht auf andere, weniger belastende Weise erreicht werden kann, muss in diesen Fällen auf den Erkenntnisgewinn aus ethischen Gründen verzichtet werden.

    Die Prinzipien der Vermeidung, der Verminderung und der Verbesserung sind auch in der wissenschaftlichen Lehre und Ausbildung anzuwenden, sofern dort empfindungsfähige Tiere verwendet werden. Die Universität Münster und ihre Einrichtungen bemühen sich daher um eine Beschränkung von Tierversuchen auf solche Studiengänge, in denen die Nutzung von Tieren im Hinblick auf Studienziele unverzichtbar ist. Sie unternehmen Anstrengungen, dort, wo dies möglich ist, spezifizierte tierversuchsfreie Curricula zu entwickeln und tierversuchsfreie Studiengänge zu etablieren.

Haltung von und Umgang mit Tieren

Die Haltung von Tieren an der Universität Münster muss die Bedürfnisse der Versuchstiere und ihr individuelles Wohl nach dem Stand des Wissens berücksichtigen. Die Verantwortung für überlebende Tiere endet nicht mit dem Versuch. Nach Beendigung des Versuchs soll bedacht werden, ob den Tieren eine Lebensperspektive ermöglicht werden kann.

  • Weitere Informationen

    Tiere, die im Rahmen wissenschaftlicher Forschung und Lehre verwendet werden, haben einen Anspruch darauf, während ihres ganzen Lebens auf eine Weise behandelt zu werden, die ihre Bedürfnisse soweit als möglich berücksichtigt und ihr individuelles Wohl garantiert. Diesem Anspruch müssen alle Personen gerecht werden, die an der Universität Münster in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Umgang mit Tieren haben – nicht nur im unmittelbaren Zusammenhang des Tierversuchs selbst (zum Beispiel durch eine fachgerechte Anästhesie, wo immer dies möglich ist). Auch bei der Zucht und der sog. Vorratshaltung von Versuchstieren, der Bereitstellung von Tieren für den Versuch und schließlich bei der Abgabe bzw. der Tötung von Versuchstieren nach Beendigung des Versuchs muss der Umgang mit den Versuchstieren deren Bedürfnissen soweit als möglich gerecht werden. Die Verantwortung der Ver-suchsleiter/innen bzw. Antragsteller/innen und auch aller weiteren am Versuch beteiligen Personen (wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal) beginnt daher nicht erst mit dem Versuch selbst und endet auch nicht mit diesem. Vielmehr sind die Beteiligten im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenbereiche für das Wohlergehen der ihnen anvertrauten Tiere auch vor Beginn und nach Ende des Versuchs verantwortlich.

    Nach Beendigung des Versuchs sollten die Möglichkeiten eines sog. rehousing bzw. rehoming geprüft werden. Da diese Option oft gar nicht oder kaum verwirklicht werden kann, sollte über eine Abgabe der Versuchstiere an Dritte nachgedacht werden. Erst unter der Voraussetzung, dass beides nicht möglich ist, kann eine Tötung des Versuchstieres in Betracht kommen. Tiere haben dann einen ethisch begründeten Anspruch darauf, auf möglichst schmerzlose und wenig belastende Weise getötet zu werden.

    Damit die Angehörigen anderer Berufsgruppen, die in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre mit Tieren Umgang haben, den zuvor genannten Verpflichtungen nachkommen können, ist es erforderlich, dass sie über ausreichend Sachkunde in der Tierhaltung verfügen, und dass nur adäquat ausgebildete Personen Zugang zur Tiernutzung in Forschung und Lehre haben. Die Universität Münster verpflichtet sich vor diesem Hintergrund dazu, dafür Sorge zu tragen, dass Mittel für eine angemessene Weiter- und Fortbildung der Mitarbeitenden in den verschiedenen Bereichen zur Verfügung stehen.

Wissenschaft

Wissenschaftliche Forschung kann und muss einen Beitrag dazu leisten, Tierversuche in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre zu ersetzen, zu reduzieren und zu verbessern. Diese Bemühungen sind an der Vision einer wissenschaftlichen Forschung und Lehre ausgerichtet, die ohne Versuche an empfindungsfähigen Tieren auskommt. Die Universität Münster verpflichtet sich dazu, entsprechende Forschungsvorhaben im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen.

  • Weitere Informationen

    Die ethisch (und rechtlich) gebotene Vermeidung, Verminderung und Verbesserung von Tierversuchen setzt voraus, dass wissenschaftliche Erkenntnisse über das Wohl von Tieren sowie über deren Schmerzen, Leiden oder Ängste gewonnen und zum Wohle der Versuchstiere eingesetzt werden. Ethisch begründete Schutzziele im Umgang mit Tieren in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre und ein adäquates Schutzniveau lassen sich nicht ohne Kenntnis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und Entwicklungen verwirklichen. Der interdisziplinären Forschung zum individuellen Wohlergehen von Tieren kommt vor diesem Hintergrund besondere Bedeutung zu. Sie muss der Bestimmung und Bewertung von Belastungen dienen, die Tiere in Tierversuchen, in der Zucht oder bei der Haltung erleiden, sowie zur Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen führen.

    Die Bemühungen um eine Vermeidung, Verminderung und Verbesserung von Tierversuchen sind an der Vision einer wissenschaftlichen Forschung und Lehre ausgerichtet, die ohne experimentelle oder wissenschaftliche Maßnahmen an empfindungsfähigen lebenden Tieren auskommt, die mit tierschutzrelevanten Belastungen für diese verbunden sind.

    Die Universität Münster ermutigt die an ihr tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu, sich an dieser Forschung zu beteiligen, und erklärt ihren Willen, entsprechende Forschungsvorhaben durch geeignete Maßnahmen zu befördern und zu unterstützen.
    In dem Willen, die besondere Bedeutung dieser Aufgabe zu unterstreichen und die wissenschaftliche Forschung im Bereich des Tierschutzes an der Universität Münster weiter zu stimulieren, wird das Rektorat eine geeignete Anerkennungskultur in Forschung und Lehre entwickeln.

Kommunikation und Information

Die Universität Münster setzt sich für eine offene und transparente Information der Öffentlichkeit und einen unvoreingenommenen Dialog über die Nutzung von Tieren im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung und Lehre ein. Sie trägt durch Veranstaltungen, Diskussionsangebote etc. dazu bei, Verständnis für die Problemstellung des Tierversuchs zu wecken, und fördert die ethische Sensibilisierung der Mitarbeitenden, der Studierenden und der Öffentlichkeit für das Thema.

  • Weitere Informationen

    Die Universität Münster setzt sich für eine sachliche Diskussion und ein offenes Diskussionsklima über die Frage der ethischen Vertretbarkeit von Tierversuchen ein und stellt sich kritischen Fragen aus der Öffentlichkeit. Sie ermutigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie die Angehörigen aller anderen Berufsgruppen, die in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre mit Tieren Umgang haben, sich an dieser Diskussion aktiv zu beteiligen, und stellt durch Diskussionsveranstaltungen, Ringvorlesungen etc. ein Forum für einen unvoreingenommenen öffentlichen Dialog zur Verfügung.
    In dem Wissen, dass Transparenz eine unerlässliche Voraussetzung für einen unvoreingenommenen Dialog ist, informiert die Universität Münster die Öffentlichkeit zukünftig in regelmäßigen Abständen über die an der Universität und am Universitätsklinikum stattfindenden wissenschaftlichen Forschungsvorhaben, über die damit verbundenen Forschungsziele und die in die jeweiligen Versuche eingeschlossenen Versuchstiere in geeigneter und leicht zugänglicher Weise.