Buddha Mind – Christ Mind

Perry Schmidt-Leukel legt Kommentar zum Lieblingstext des Dalai Lamas vor

Buchcover
Buchcover
© Peeters

Das neue Buch Buddha Mind – Christ Mind („Buddha Geist – Christus Geist“) des Religionswissenschaftlers und Theologen Perry Schmidt-Leukel vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ ist ein christlich-theologischer Kommentar zum Bodhicaryāvatāra, einem buddhistischen Klassiker aus dem Indien des siebten oder achten Jahrhundert. Der Bodhicaryāvatāra („Den Weg zum Erwachen einschlagen“) ist ein Handbuch für all jene, die dem Pfad eines Bodhisattvas folgen. „Bodhisattva“ ist die Bezeichnung für jemanden, der/die danach strebt, zu einem Buddha zu werden, und zwar nicht aus Eigeninteresse, sondern zum Wohl aller leidenden Wesen. Dieser Text erlangte sehr schnell eine große Popularität in verschiedenen Teilen der buddhistischen Welt, vor allem in Tibet. Heute ist es der meist-übersetzte buddhistische Text und ist zugleich die Lieblingsschrift des Dalai Lamas.

Schmidt-Leukel, einer der Hauptantragsteller des Exzellenzclusters, berichtet über den Arbeitsprozess: „Ich habe diesen Text schon sehr oft gelesen. Doch erst während der Arbeit an meinem Kommentar wurden mir die Parallelen zwischen dieser Schrift und einigen zentralen Motiven in der Theologie des Paulus bewusst.“ Dies gelte vor allem für das, was Paulus als den Konflikt zwischen Geist und Fleisch beschreibe, und was der Bodhicaryāvatāra als Kampf zwischen dem ‚Geist des Erwachens‘ und den ‚Befleckungen‘ darstelle. Der Text sei ein sehr bewegendes Zeugnis buddhistischer spiritueller Existenz und stehe in starkem Einklang mit dem Herzstück eines christlichen Lebens. „Für mich“, so Schmidt-Leukel, „war dies eine erstaunliche Entdeckung. Ich sehe darin eine starke Evidenz dafür, dass die Inspiration von Buddhismus und Christentum derselben transzendenten Quelle entspringt.“

Interreligiöse Kommentare

Erst durch die Gründung der Serie „Christliche Kommentare zu nicht-christlichen religiösen Texten“ („Christian Commentaries on Non-Christian Sacred Texts“) durch Prof. Catherinne Cornille (Boston College) im Jahr 2006 wurde es möglich, diesen Kommentar zu verfassen. „Einen transreligösen Schriftkommentar zu schreiben, verlangt eine hohe hermeneutische Sensibilität“, sagt Schmidt-Leukel. „Man muss, so weit wie möglich, der Intention des Textes und seinem ursprünglichen Kontext in vollem Umfang gerecht werden und gleichzeitig einen Weg finden, wie sich der Text zu einer hiervon verschiedenen religiösen Tradition in Beziehung setzen lässt. Wenn dies gelingt, dann kann die Abfassung transreligiöser Kommentare dem interreligiösen Dialog Präzision, wissenschaftliche Disziplin und Tiefe verleihen.“

Den Kommentar zu schreiben, dauerte nach Angaben des Wissenschaftlers sechseinhalb Jahre, wovon eineinhalb Jahre durch das Opus Magnum-Stipendium der VolkswagenStiftung finanziert wurden. Zudem wurde viel von der Forschungsarbeit aus der vorangegangenen, zweiten Phase des Exzellenzclusters in dieses Projekt investiert. „Der Text ist sehr reichhaltig. Er berührt unter anderem auch eine Reihe von Themen mit politischer Relevanz, etwa Grundfragen der Ethik wie die nach der Willensfreiheit oder der Möglichkeit von Altruismus, aber auch Fragen wie die nach der Rechtfertigung von Gewalt“, erläutert Schmidt-Leukel. „Für mich liegen die interessantesten Aspekte dieses Textes jedoch in seiner bemerkenswerten Lebensweisheit und seiner philosophisch fundierten Weltanschauung.“ Der Kommentar wird begleitet von einer neuen englischen Übersetzung des zugrundeliegenden Sanskrit-Textes, die von Ernst Steinkellner, Professor em. der Universität Wien, einem der weltweit renommiertesten Experten für indo-tibetischen Buddhismus, angefertigt wurde.

Am 17. Oktober wird das Buch bei einer Veranstaltung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien der Öffentlichkeit vorgestellt werden (Aula am Campus, Spitalgasse 2, 1090 Wien, Hof 1.11, 17.00). (exc/sca)

Hinweis: Buddha Mind – Christ Mind. A Christian Commentary on the Bodhicaryāvatāra. With a new translation by Ernst Steinkellner and Cynthia Peck-Kubaczek (Christian Commentaries on Non-Christian Sacred Texts 9), Leuven: Peeters 2019.