„Gegner im Gebet“
Tagung des Exzellenzclusters über Feindschaft in den biblischen Psalmen
Mit Feindschaft und ihrer Überwindung in den biblischen Psalmen befasst sich eine internationale Tagung am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster. Wissenschaftler aus den USA, Deutschland und der Schweiz kommen vom 4. bis 5. August auf Einladung des Alttestamentlers Prof. Dr. Johannes Schnocks vom Exzellenzcluster in Münster zusammen. „Feinde sind in den Psalmen fast allgegenwärtig, sowohl persönliche Feinde als auch Feinde des biblischen Volkes Israel“, erläutert der katholische Theologe. Wenn Beter in den Psalmen ihre Wünsche in Worte fassen, wie Gott selbst oder auch mithilfe menschlicher Akteure das feindliche Treiben der Widersacher beenden solle, führe das häufig zu einer Rhetorik der Gewalt. „Bisweilen entsteht aber in den Texten auch der Eindruck, dass Feinde unter bestimmten Bedingungen aufhören, Feinde zu sein.“ Die Tagung trägt den Titel „Gegner im Gebet. Feindschaft und ihre Überwindung in den Psalmen“.
„Auf einer formalen Ebene bilden Feinde, Gott und Beter eine Dreieckskonstellation, die in der älteren Forschung eine Schlüsselrolle gespielt hat“, führt Prof. Schnocks aus. Die Vielfalt der in den Psalmen beschriebenen Lebenssituationen und die Überschneidungen, die durch die redaktionelle Zusammenstellung im Psalmenbuch entstehen, geben den Feinden demgegenüber aber ein breites und dynamisches Profil, das über eine vermeintlich statische, formale Textfunktion weit hinausgehe. „Die Psalmen sind ein biblischer Literaturbereich, in dem Feindschaft ungewöhnlich ausführlich reflektiert und theologisch ausgedeutet wird, sowohl in ihren allgemein menschlichen Dimensionen als auch in ihren gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen.“
Die Wissenschaftler gehen bei der Tagung Fragen wie diesen nach: Wer ist eigentlich mein Feind? Was macht ihn zum Feind? Unter welchen Bedingungen würde er aufhören, mein Feind zu sein? Welche Rolle spielt der im Gebet adressierte Gott gegenüber meinem Feind? Die Veranstaltung ist Teil des Projektes D2-10 „Gewalterfahrung und göttliche Rache. Religionsgeschichtliche und rezeptionshermeneutische Analysen alttestamentlicher Klagen“ im Forschungsfeld „Gewalt“ des Exzellenzclusters. (ill/dak)