Historischen Verbrechen auf der Spur

Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf für ein Jahr am Historischen Kolleg München

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Prof. Dr. Hubert Wolf

Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf, Wissenschaftler am Exzellenzcluster „Religion und Politik“, ist seit Oktober als Fellow am Historischen Kolleg in München tätig. „Das ermöglicht mir, ein Jahr lang einen spannenden Kriminalfall aus einem römischen Frauenkloster des 19. Jahrhunderts wissenschaftlich aufzuarbeiten“, erläuterte der Wissenschaftler. Sein Vorhaben trägt den Arbeitstitel „Der Fall San Ambrogio. Mordende Nonnen, falsche Mystik und angemaßte Heiligkeit“.

Für 2011/2012 hat das Historische Kolleg je zwei Stipendien an etablierte Historiker und an Nachwuchswissenschaftler vergeben. Sie sollen „frei von anderen Verpflichtungen ein Buch vollenden“. Das 1980 gegründete Historische Kolleg in München wird von mehreren privaten Stiftungen - im Fall von Hubert Wolf der Fritz Thyssen Stiftung - und dem Freistaat Bayern finanziert. Zu den 130 bisher geförderten Historikern zählen Prof. Dr. Jürgen Kocka aus Bielefeld, Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Graf aus München, Prof. Dr. Johannes Fried und Prof. Dr. Marie-Luise Recker aus Frankfurt (Main) sowie der 2004 verstorbene Prof. Dr. Wolfgang J. Mommsen.

„Anderthalb Meter Akten zum Inquisitionsprozess“

Die Stipendiaten können ein Jahr lang in der Kaulbach-Villa, dem Sitz des Kollegs, arbeiten. „Ich bin sehr dankbar für die Freiheiten, die das Stipendium mir eröffnet“, sagte Prof. Wolf. Im Archiv der Glaubenskongregation stünden anderthalb Meter Akten zu dem entsprechenden Inquisitionsprozess, die er detailliert auswerten wird. In den Fall seien auch führende Theologen des 19. Jahrhunderts verwickelt gewesen. „Ich erhoffe mir durch die Auswertung deswegen nicht nur die Geschichte eines Skandals, sondern einen neuen Blick auf die Parteiungen und die theologischen Entwicklungen in Rom unter Pius IX., der von 1846 bis 1878 Papst war.“

Hubert Wolf ist Vorstandsmitglied, Hauptantragsteller und Leiter des  Projekts D9 „Der Vatikan und die Legitimation physischer Gewalt. Das Beispiel des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939)“ am Exzellenzcluster „Religion und Politik“. Er leitet das Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der WWU Münster. Durch seine Forschungen zur  Römischen Inquisition, zum Index der verbotenen Bücher sowie zur
katholischen Kirche in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus wurde er einem breiten Publikum bekannt. (bhe)