„Es gibt mehr als eine Wahrheit“

Expertinnen aus fünf Weltreligionen empfehlen stärkeren interreligiösen Dialog

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Mehr Dialog zwischen den Weltreligionen empfehlen Dr. Manuela Kalsky, Dr. Carola Roloff, Dr. Jutta Sperber, Dr. Rachel Monika Herweg, Dr. Afsaneh Gächter und Saraswati Albano-Müller (v.l.).

Expertinnen aus fünf Weltreligionen haben sich am Dienstagabend in Münster für einen intensiveren interreligiösen Dialog ausgesprochen. Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus sollten sich gegenseitig als gleichberechtigte Partner verstehen, erklärten die Teilnehmerinnen einer Podiumsdiskussion am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Angst vor anderen Religionen sei ein schlechter Berater für das konfliktfreie Zusammenleben, warnte die Leiterin des Dominikanischen Studienzentrums für Theologie und Gesellschaft in Amsterdam, Dr. Manuela Kalsky. Judaistin Dr. Rachel Monika Herweg von der jüdischen Fraueninitiative Bet Debora fügte hinzu: „Einflüsse anderer Religionen gab es immer.“ Im Judentum sei die Bereitschaft, von anderen zu lernen, traditionell groß. Theologisch gebe es jedoch Grenzen. So empfahl die Pädagogin, interreligiöse Gottesdienste nur zu besonderen Anlässen zu feiern.

Gegenseitiger Respekt

Die Tibetologin und buddhistische Ordensfrau Dr. Carola Roloff von der Universität Hamburg erklärte, in religiösen Fragen gebe es „mehr als eine Wahrheit“. In Seminaren und Veranstaltungen zum interreligiösen Dialog habe sie oft die Erfahrung gemacht, dass „man mehr Gemeinsamkeiten hat, als man dachte“. Unterschiede im Glauben solle man allerdings bei allem gegenseitigen Respekt nicht verschweigen, so Roloff. Die muslimische Soziologin Dr. Afsaneh Gächter vom Wiener Institut für Iranistik sprach von „einer Fülle von Gemeinsamkeiten“ zwischen den Religionen. Sie zitierte aus dem Koran, um zu zeigen, dass der Islam religiöse Vielfalt respektiere und gerade gegenüber den anderen Schriftreligionen tolerant sei.


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Die Podiumsdiskussion im Plenarsaal des Landeshauses war gut besucht.

Die Hinduistin und Leiterin des „Hauses der Begegnung“ in Schwelm, Saraswati Albano-Müller, hob den Ansatz interreligiöser Schulen in Konfliktregionen der Welt hervor. Auch in Deutschland solle bei Kindern und Jugendlichen Interesse für den interreligiösen Dialog geweckt werden, forderte die gebürtige Inderin. „Früh erlernte Vorurteile prägen einen sonst das ganze Leben“, ist die Psychologin überzeugt. Organisator der Veranstaltung war Religionswissenschaftler Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“. Er ist Vertreter der pluralistischen Religionstheologie, die von einer theologischen Gleichrangigkeit der großen Religionen ausgeht.

Die von Dr. Jutta Sperber moderierte Podiumsdiskussion war Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung „Der Ort der Kulturen und Religionen der Welt“, die noch bis zum 6. April im Landeshaus des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) gastiert. Die Entwürfe von Prof. Dr. Zbigniew Pininski sind dort werktags zwischen 10 und 20 Uhr im Landeshaus am Freiherr-vom-Stein-Platz 1 zu sehen. (bhe)