Startschuss für den wissenschaftlichen Austausch mit Indonesien

Hochschullehrer und Studierende von der Insel Sumatra zu Gast in Münster

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Indonesische und deutsche Studierende im gemeinsamen Seminar

© arn

Ein Besuch von zwölf Studierenden und drei Lehrern aus Sumatra in Münster soll nach dem Willen von Prof. Dr. Hans-Peter Großhans und Prof. Dr. Reinhard Achenbach den Startschuss für eine engere Zusammenarbeit von lutherischen Theologen in Deutschland und Indonesien bedeuten. Auf Einladung der beiden Wissenschaftler bleiben die Gäste von der Theologischen Hochschule in der Stadt Pematangsiantar noch bis Sonntag an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). „In den kirchlichen Institutionen und Verbänden gibt es schon lange eine praktische Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern. Wir möchten den interkulturellen Austausch jetzt auf ein akademisches Niveau heben“, erklärte Achenbach.

Während ihres zweiwöchigen Aufenthaltes diskutierten die Indonesier mit ihren Gastgebern über das Verhältnis von Staat und Kirche, religiösen Pluralismus, Migration, Globalisierung und das Verhältnis zum Islam. „Wichtig war uns die Verbindung von alttestamentlicher Exegese und Systematischer Theologie“, erläutert Achenbach. Die Studierenden erfuhren nicht nur Zahlen und Fakten zur Migration in Deutschland, sondern beschäftigten sich intensiv mit den sozialethischen Perspektiven, die die biblischen Texte für den Umgang mit Fremden eröffnen. Von zentraler Bedeutung ist eine Bibelstelle aus dem biblischen Buch Levitikus: „Du sollst den Migranten lieben wie dich selbst“, übersetzte sie Achenbach, der selbst Alttestamentler ist, während Großhans Systematische Theologie lehrt.

Über ihre Forschungen im Exzellenzcluster zum Verhältnis von Kirche und Staat in Indonesien berichtete die Münsteraner Theologin Simone Sinn: „Vom Religionsministerium bis zum Bürgermeister vor Ort fühlen sich die Politiker dafür zuständig, das Verhältnis der Religionsgemeinschaften untereinander friedlich zu regeln.“ Streit gebe es, wie in Europa, oft wegen des Baus von Moscheen und Kirchen. Neben Achenbach, Großhans und Sinn hielten auch Prof. Dr. Michael Beintker, Direktor des Seminars für Reformierte Theologie der WWU,  sowie die Exzellenzcluster-Mitglieder Prof. Dr. Hermut Löhr und Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel Vorträge für die indonesischen und deutschen Studierenden. Ziel der Zusammenarbeit ist laut Achenbach, auf beiden Seiten den Blick für fremde Kulturen zu schärfen. „In der gemeinsamen akademischen Arbeit zu Fragen kontextueller Theologie lernen auch deutsche Studierende das Verhältnis von Religion und Kultur differenzierter wahrzunehmen. Unsere Art der Bibelauslegung und das Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland sind eben nicht selbstverständlich.

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Die indonesischen Gäste vor der Evangelisch-Theologischen Fakultät, in der Mitte hinten: Dr. Darwin Lumbantobing

Die indonesischen Gäste gehören zur ethnischen Gruppe der Batak, die vor allem im Norden der indonesischen Insel Sumatra lebt und von Deutschen missioniert wurde. „Das lutherische Christentum spielt eine wichtige Rolle dabei, unsere kulturellen Schätze zu bewahren, etwa durch Gottesdienste und Bibelübersetzungen in unseren Sprachen“, erklärte Dr. Darwin Lumbantobing, Rektor der Theologischen Hochschule in Pematangsiantar. Angesichts von Globalisierung und Industrialisierung stünden viele Batak heute vor ähnlichen Herausforderungen wie die protestantische Kirche in Deutschland im 19. Jahrhundert. „Auch deswegen ist der Austausch mit unseren europäischen Partnern so wichtig“, betonte der indonesische Theologe.

Die Teilnehmer der zweiwöchigen Begegnung tagten nicht nur in Münster, sondern fuhren auch nach Wuppertal zur Vereinten Evangelischen Mission und zu historischen Stätten des Christentums in Köln. Außerdem besuchten sie mehrere kirchliche Beratungsdienste und diakonische Einrichtungen. (arn/log)


Prof. Dr. Reinhard Achenbach forscht im Exzellenzcluster-Projekt C1 „Distinktion und Integration in der Gründungsurkunde Israels“; Simone Sinn und Prof. Dr. Hans-Peter Großhans im Projekt C16 „Religiöse Pluralität und interreligiöse Transformationsprozesse im Pancasila-Staat. Islam und Christentum in Indonesien“.