Studie „Wahrnehmung und Akzeptanz religiöser Vielfalt“

Bevölkerungsumfrage des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ unter Leitung des Religionssoziologen Prof. Dr. Detlef Pollack

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Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack

Die Deutschen haben zu nichtchristlichen Religionen ein deutlich schlechteres Verhältnis als ihre europäischen Nachbarn – das ist das zentrale Ergebnis einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, die der Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) kürzlich durchgeführt hat. Sie haben ein kritischeres Bild von Muslimen, Buddhisten, Juden und Hinduisten als die Franzosen, Holländer oder Dänen, sprechen sich häufiger als die Bevölkerung in Frankreich, Holland oder Dänemark gegen den Bau von Moscheen und Minaretten aus und sind weniger bereit, den Anhängern anderer Religionen gleiche Rechte zuzugestehen.

Symbolgrafik Ansichtssache

Der Beitrag: 

Im Spätsommer dieses Jahres hat die Sarrazin-Debatte die bundesdeutsche Öffentlichkeit in Atem gehalten. Noch vor der Veröffentlichung seines Buches „Deutschland schafft sich ab“ fand sich die politische Klasse – allen voran die Bundeskanzlerin – bereit, den Bundesbanker für untragbar zu erklären und ihn moralisch und politisch zu ächten. Nachdem sich zur Überraschung unserer politischen Elite herausstellte, dass eine Mehrheit der Bevölkerung den Äußerungen Sarrazins zustimmte, ruderte das politische Establishment zurück. Hatte die SPD-Spitze in unmittelbarer Reaktion auf Thilo Sarrazins Äußerungen noch den Parteiausschluss des SPD-Genossen gefordert, so gehörte schon kurze Zeit später – auch innerhalb der SPD – die Forderung nach einer harten Hand gegenüber „Integrationsverweigerern“ fest ins Repertoire von Politiker-Interviews. Seither finden sich in führenden Printmedien immer wieder Stimmen, die durch die berufliche Sanktionierung Thilo Sarrazins das hohe Gut der Meinungsfreiheit angetastet sehen und es begrüßen, dass er ein bislang weithin tabuisiertes Thema angesprochen habe.

Auch wenn immer wieder viel von der Kluft zwischen der politischen Klasse und der Bevölkerung die Rede ist, macht dieser Vorgang eines unmittelbar deutlich: Die Vertreter der politischen Parteien sind sensitiv gegenüber den Haltungen und Meinungen in der Bevölkerung und sind in der Lage, auf sie zu reagieren. Sie haben offenbar eine Vorstellung von dem, was politisch korrekt ist, und vielleicht sogar von dem, was sie für ethisch geboten halten. Aber wenn das Volk murrt, dann hören sie auf diese schwer kalkulierbare Masse, vor der man sich immer auch ein wenig fürchten muss.

Doch wie ist die Stimmung in der Bevölkerung? Kann man sich auf die breit kommunizierten Sympathiekundgebungen zugunsten Sarrazins verlassen? Sehen sich die Menschen in Deutschland durch fremde Kulturen bedroht? Haben Sie tatsächlich Vorbehalte gegenüber dem Fremden? Oder empfinden sie die sich verstärkende kulturelle und religiöse Vielfalt eher als eine Bereicherung? Halten sie das Christentum für das Fundament unserer Kultur, der sich die Muslime stärker anpassen sollten?

Nehmen sie überhaupt einen so starken Konflikt zwischen der westlichen und der muslimischen Welt wahr, wie das immer wieder unterstellt wird? Wie hoch ist die Akzeptanz religiöser Vielfalt in Deutschland und dabei insbesondere die Akzeptanz nichtchristlicher religiöser Gemeinschaften – diese Frage stand im Zentrum einer ländervergleichend angelegten repräsentativen Studie, die vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ im Sommer dieses Jahres, also noch vor der Sarrazin-Debatte, in Deutschland und in Ländern, in denen die Integrationsdebatte ebenfalls hohe Wellen schlägt, in Holland, Frankreich und Dänemark, und aus Gründen des Vergleichs auch in Portugal, wo religiöse Vielfalt weniger ausgeprägt ist, durchgeführt wurde.

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