„Wo bleibt unsere Revolution?“ – expressionistische Prosa von Autorinnen. Ein vernachlässigtes Feld

Expressionistische Prosa-Autorinnen wie Claire Goll, Marie Holzer oder El Hor sind im etablierten Epochenbild des Expressionismus kaum vertreten und wurden von der Forschung lange Zeit nicht beachtet. Dies wird der tatsächlichen Präsenz von Autorinnen im zeitgenössischen literarischen Feld jedoch nicht gerecht. Im Zentrum der expressionistischen Prosa von Autorinnen stehen signifikant weibliche Subjektkrisen, die im dominierenden zeitgenössischen Avantgardediskurs zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zugespitzt in der expressionistischen Programmatik ausgeschlossen werden. Von der Beobachtung dieses Spanungsverhältnisses ausgehend stellt das Dissertationsprojekt die Fragen danach, wie sich Autorinnen im literarischen Feld einer Avantgarde-Bewegung positioniert haben und welches avantgardistische Innovationspotenzial ihrer Prosa innewohnt. Die Arbeit stellt die These auf, dass die Autorinnen Brüche mit den Programmen des Expressionismus generieren und so die expressionistische Prosa zugunsten der Darstellung weiblicher Subjektkrisen um Motive und poetische Verfahren erweitern.
Das Vorhaben leistet somit einen Beitrag zur Expressionismusforschung und korrigiert das etablierte Epochenbild durch eine Integration der bislang kaum untersuchten Autorinnen. Was in der Arbeit auf Mikroebene untersucht wird, fügt sich in das generelle Desiderat ein, weibliche Autorschaft in der literarischen Moderne auf Makroebene zu untersuchen und Prozesse der Kanonisierung von Autorinnen in der Literaturgeschichte zu reflektieren.