Bericht vom Astroseminar 2013

Trotz des doppelten Abiturjahrgangs kein gewöhnlicher Anblick: Der große Physikhörsaal HS1 im Physikalischen Institut an der Wilhelm-Klemm-Straße 10 ist bis auf den letzten Platz gefüllt – und das an einem Freitagnachmittag um drei! Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass viele der Anwesenden vermutlich keine Physikstudenten sind, sondern Menschen jeder Alters- und Berufsgruppen. Und tatsächlich handelte es sich bei der Veranstaltung, die hier so gespannt erwartet wurde, obwohl durchaus sehr lehrreich, nicht um eine Vorlesung: Am 25. Oktober ging das Astroseminar unter dem Motto "Das Weltall: entdecken – erforschen – erleben" in die vierzehnte Runde. Jonas Vollbrecht, Esperanza Köhler und Markus Tegeder vom Institut für Kernphysik waren bereits zum dritten Mal Hauptorganisatoren. Die drei hatten einmal im Scherz gesagt, dass sie die Popularität des Seminars soweit steigern wollten, dass man mit den Teilnehmern die Aula im Schloss füllen könnte. Dass sie aber die Anmeldung vorzeitig würden stoppen müssen, da andernfalls die Sitzplätze im größten Physikhörsaal nicht mehr ausgereicht hätten, überstieg auch ihre kühnsten Erwartungen. Diese erfreulich hohen Anmeldezahlen hatten sie und ihre zwölf Helfer im Vorfeld vor ungeahnte logistische Probleme gestellt. So galt es zum Beispiel, in den Pausen nicht 250, sondern über 500 Besucher, also mehr als die doppelte Anzahl, mit Kaffee, Kuchen und Anderem zu verköstigen. Selber Grillen kam da nicht mehr in Frage, man holte sich professionelle Hilfe von einem Catering Service.

Als aber an diesem Nachmittag nach und nach die Teilnehmer in den Hörsaal strömten, war alles für die Redner bereit. Nach einer kurzen Begrüßung durch Markus Tegeder, der auch in diesem Jahr als Moderator durchs Programm führte, eröffnete Professor Dr. Dirk Schulze-Makuch die Vortragsreihe. Er beantwortete die Frage, ob es im Universum noch weiteres Leben geben könnte, mit einem deutlichen "Ja" und stellte auch Vermutungen an, wo und in welcher Form dies möglich wäre. Das Vorkommen von Wasser ist dafür eine Grundvoraussetzung. Dr. Gabriele Arnold beschäftigte sich mit dem Ursprung dieses "Lebenselixiers" und seiner Verteilung im Weltraum. Nach diesen theoretischen Überlegungen gab es auch noch praktische Infos aus erster Hand. Dr. Gerhard Thiele, ESA Astronaut, berichtete von den Erfahrungen, die er während seiner elf Tage, fünf Stunden und 39 Minuten auf der STS-99 Mission zur ersten dreidimensionalen Vermessung der Erde im Weltraum machte. Dabei ging er nicht nur auf die wissenschaftlichen und technischen Aspekte der Mission ein, sondern gab den Zuhörern durch überwiegend amüsante Anekdoten, zum Beispiel über seine Essgewohnheiten auf der Raumfähre, einen sehr persönlichen Einblick in das Leben eines Astronauten. Und damit war Tag eins des Astroseminars, wenn auch etwas verspätet, bereits erfolgreich beendet. Wer wollte, hatte vor dem nach Hause gehen noch die Möglichkeit, sich bei einem Imbiss mit einem Stück Quiche zu stärken und dabei mit den Rednern ins Gespräch zu kommen.

Am nächsten Morgen fanden für alle Interessierten Führungen durch die Labore der verschiedenen Arbeitsgruppen im Institut für Kernphysik statt, bevor die Dozenten im Hörsaal wieder das Mikrophon in die Hand nahmen. Dass die Menschheit in einigen Jahrzehnten andere Planeten als die Erde bewohnen könnte, ist zwar noch Zukunftsmusik, klingt aber für viele sicherlich nicht mehr unmöglich. Dr. Philipp Eigmüller erklärte die neuesten Techniken, mit denen Planeten und besonders deren Atmosphäre untersucht werden, und stellte einige Himmelskörper vor, die vielleicht für den Wohnungsmarkt im 22. Jahrhundert von Bedeutung sein könnten. Apropos Zukunftsmusik: Star Trek Fans haltet euch fest, hier kommt die wissenschaftliche Bestätigung: Der Warp-Antrieb ist möglich! Ein kleiner Nachteil: ein solcher Transport von A nach B würde die Energie von zwei Sonnen verschlingen. Vermutlich nicht ganz vereinbar mit der Energiewende... Was an Star Trek sonst noch "Fakt ist", und was doch eher "Fiction" bleiben wird, erläuterte Professor Dr. Metin Tolan. In einigen Dingen, wie zum Beispiel der Entwicklung der Telekommunikations- und Datenverarbeitungstechnik lagen die Autoren gar nicht so falsch. Es folgten drei ineinander greifende Kurzvorträge. Professor Dr. Dieter Frekers führte in das Konzept der kosmischen Chiralität oder Händigkeit sowie dessen Zusammenhang mit der Entstehung des Lebens ein. Dr. Benjamin Göhler präsentierte die Ergebnisse seiner Doktorarbeit, die sich mit der Bedeutung der Chiralität für biologische Moleküle wie die DNA beschäftigt, und für die er mit dem Infineon-Promotions Award des Fachbereichs Physik ausgezeichnet wurde. Wie sich solche Phänomene auch praktisch in Falltürmen oder auf Parabelflügen erforschen lassen berichtete Diplom-Physiker und Doktorand Tim Jankowski. Beim Abschlussvortrag von Professor Dr. Dr. h.c. Peter L. Biermann, der bis jetzt auf jedem Astroseminar zu Gast war, wurde es noch einmal theoretisch. Nachdem er auf den Kometen ISON aufmerksam gemacht hatte, der Weihnachten zu sehen sein wird, sprach er über Neutrinos im Universum und wie mit deren Hilfe Galaxien und schwarze Löcher vermessen werden können. Und damit ging das Astroseminar 2013 auch schon zu Ende! Ein voller Erfolg war es, da waren sich Zuschauer, Helfer und die drei Organisatoren einig.

Theresa Busch