Warum einkristalline Kathodenmaterialien die Lebensdauer von Hochvoltbatterien verlängern

Studie entschlüsselt Degradationsmechanismen

Neue Erkenntnisse zu chemischen Alterungsprozessen, sogenannten Degradationsmechanismen in Hochvolt-Lithium-Ionen-Batterien, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des MEET Batterieforschungszentrums der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und des Helmholtz-Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich gewonnen. Sie klären auf, warum einkristalline Kathodenmaterialien die Lebensdauer der Batterien erheblich verlängern.

Das Ziel: mehr Energiedichte für mehr Reichweite

Sie gelten als Wegbereiter der Elektromobilität: die Lithium-Ionen-Batterien. Für ihren Einsatz als Hochenergiebatterien werden in den Lithium-Ionen-Akkus aktuell Schichtoxide auf Basis von Lithium-Nickel-Kobalt-Manganoxid (kurz: NCM) als Kathodenmaterialien genutzt. Für die Zukunft werden Lithium-Ionen-Batterien mit einer höheren Energiedichte benötigt, was zum Beispiel durch Erhöhung der Zellspannung erreicht werden kann.

© Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Während des Lithium-Ionen-Batteriebetriebs kommt es jedoch gerade bei hohen Zellspannungen zu Degradationsmechanismen, die einen beträchtlichen Leistungsabfall zur Folge haben. Um diese Herausforderung zu meistern, ist ein umfängliches Verständnis der stattfindenden Degradationsmechanismen bei hohen Zellspannungen (4,5 Volt) notwendig. Während frühere Forschungsarbeiten erste Erkenntnisse geliefert haben, waren die komplexen Prozesse bisher nicht umfänglich entschlüsselt.

Bildung von Lithiummetall-Dendriten verantwortlich für Leistungsabfall

Das Forschungsteam um Sven Klein, Dr. Tobias Placke und Prof. Dr. Martin Winter vom MEET Batterieforschungszentrum und Helmholtz-Institut Münster entdeckte nun, dass der Kapazitätsverlust nach ca. 50 Zyklen auf ein starkes Wachstum der Anodengrenzschicht (solid electrolyte interphase, SEI) zurückzuführen ist. Abgeschiedene Übergangsmetalle (Kobalt, Nickel und Mangan), die im laufenden Batteriebetrieb von der Kathode zur Anode wandern, bilden dicke Schichten an der Graphitanodenoberfläche. Diese Ablagerungen induzieren die Bildung von teils nadelartigen Lithiummetall-Dendriten, die im schlimmsten Fall zu Kurzschlüssen und einem signifikanten Kapazitätsverlust führen.

Graphitelektrode nach der Zyklisierung einer NCM523||Graphit Zelle bei 4,5 V. Auf der Oberfläche haben sich nadelartige Strukturen (Lithiummetall-Dendriten) gebildet.
© Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Einen möglichen Lösungsansatz sieht die Forschungscommunity in der Verwendung von einkristallinen NCM-Materialien. Diese zeigten auch nach 200 Zyklen keinen Kapazitätsverlust. Sven Klein, Doktorand am MEET Batterieforschungszentrum, erklärt: „Um eine hohe Energiedichte und gleichzeitig eine lange Lebensdauer zu erreichen, wollen wir die ungewollte Interaktion der Kathode mit der Anode in Hochspannungs-LIB-Zellen verhindern. Wir haben nun sehr konkrete Ansatzpunkte, um zum Beispiel mit einkristallinen Kathodenmaterialien Hochvolt-Lithium-Ionen-Zellen zu verbessern.“

Die detaillierten Ergebnisse haben die MEET Wissenschaftler Sven Klein, Peer Bärmann, Thomas Beuse, Dr. Tobias Placke sowie Kristina Borzutzki, Johannes Kasnatscheew, Helmholtz-Institut Münster, Joop Enno Frerichs, Institut für Physikalische Chemie der WWU Münster, sowie Prof. Dr. Martin Winter, MEET Batterieforschungszentrum und Helmholtz-Institut Münster, im Fachmagazin „ChemSusChem veröffentlicht. Die Studie ist eingebettet in das Projekt „Go3“, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird.