Beschreibung
Im Zentrum der Arbeit stehen die lateinischen und romanischen Literaturen sowohl in ihrer Eigenständigkeit als auch in ihrer kulturell und literaturgeschichtlich engen Verknüpfung. Wir nehmen das international neu belebte Interesse an Rezeptionsästhetik und Rezeptionsgeschichte auf und machen es fruchtbar für die hermeneutisch-philologische Erschließung literarischer Texte. Leitend ist die Überzeugung, dass sprachliche Kunstwerke eine Form der Erkenntnis und der Reflexion sind. Dass sie einen ganz eigenständigen Beitrag zur sozialen Verständigung über die Welt leisten können, beruht dabei nicht zuletzt auf ihrer Fähigkeit, die eigene Geschichtlichkeit für eine fruchtbare Auseinandersetzung mit der Gegenwart zu nutzen. Nachdenken über das Vorgegebene ist in der Literatur die produktionsästhetische Bedingung der freien Urteilsbildung und des Entwurfs von Neuem.
So bringt die Vielfalt der Traditionen ebenso vielfältige Verfahren der Ersetzung, Überblendung oder Reformulierung hervor, immer im Hinblick auf die jeweils aktuellen Debatten in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft. Literarische Verfahren können deshalb nicht anders als komplex sein, ihre Produkte sich nicht im schönen Schein erschöpfen. Ihr kritisches Potential ist nicht leicht zu haben. Es braucht Geduld, Präzision und die beständige Bereitschaft, die Prämissen eigener Ansätze und die eigene Sprache gründlich zu verändern.
Methodisch liegt der Schwerpunkt auf der präzisen Textanalyse, in der die philologische Wissenschaft ihrem Wesen gemäß geistesgeschichtliche, erkenntnistheoretische und ästhetische Dimensionen entfaltet und nicht hinter den Reflexionsstand ihrer Objekte zurückfällt. Mit der Konzentration auf die lateinischen und romanischen Literaturen stehen die Interessen der Beteiligten zwar auch in der Tradition, die sich mit den Namen E. R. Curtius, E. Auerbach oder H. Lausberg verbinden lässt, aber einzelne Theorien, Methoden oder Gegenstände werden dadurch nicht ausgeschlossen. Worum es geht, ist letztlich einfach: eine in der eigenen Zeit moderne, intellektuell wettbewerbsfähige und wache Philologie, der die Zähmung der Widerspenstigen durch Vereinfachung fern liegt.
Beteiligte Disziplinen: Griechische und Lateinische Philologie, Mittel- und Neulateinische Philologie, Romanistik (Französische und Italienische Literaturwissenschaft), Hispanistik, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie- und Kunstgeschichte.