Unbekannte Enkomien auf den koptischen Heiligen Schenute von Atripe (4./5. Jh.): kritische Edition, Übersetzung und Untersuchungen einer neu entdeckten arabischen Handschrift

Samuel Moawad

Schenute von Atripe († 450/465) ist zweifellos der prominenteste und einflussreichste koptische Autor des spätantiken Ägyptens. Bereits in seiner Jugend trat er in das monastische Leben ein und übernahm später die Leitung zweier Männerklöster, die heute erneut von Mönchen bewohnt werden, sowie eines Frauenklosters. Darüber hinaus profilierte sich Schenute als herausragender Prediger und außerordentlich produktiver Schriftsteller. Sein umfangreiches Œuvre umfasste neun Bände von Kanones, acht Bände von Reden sowie eine Vielzahl von Briefen; erhalten sind hiervon jedoch lediglich fragmentarische Überreste.

Die hagiographische Lebensbeschreibung Schenutes, die sogenannte „Vita Sinuthii“, ist in bohairisch-koptischer, arabischer, äthiopischer und syrischer Fassung vollständig überliefert; zusätzlich sind sahidisch-koptische Fragmente bezeugt. Jede dieser Versionen reflektiert eine eigenständige und komplexe Überlieferungstradition.

Im Zuge der systematischen Suche nach bislang unerschlossenen Quellen zu Schenute von Atripe wurde eine umfangreiche arabische Handschrift identifiziert, die mehrere Vitae beziehungsweise Enkomien auf Schenute überliefert und höchstwahrscheinlich aus koptischen Vorlagen übertragen wurde. Die Handschrift befindet sich in der Bibliothek des koptisch-orthodoxen Patriarchats in Ägypten und gehört zu einer jüngst akquirierten Sammlung, weshalb sie bislang in keinem publizierten Katalog verzeichnet ist.

Dieser Textzeuge bietet bisher unbekanntes Material und eröffnet neuartige Perspektiven auf die Rezeptionsgeschichte Schenutes sowie auf die Tradierung seiner Vita innerhalb der kopto-arabischen Literatur. Zugleich verspricht er, das Verständnis der Überlieferungs- und Redaktionsgeschichte der „Vita Sinuthii“ substantiell zu vertiefen. Das Forschungsprojekt verfolgt das Ziel, diese bedeutsame Handschrift in Form einer kritischen Edition mit Übersetzung und ausführlichem Kommentar der wissenschaftlichen Gemeinschaft zugänglich zu machen.

Das Projekt wird im Rahmen einer Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) am Institut für Ägyptologie und Koptologie der Universität Münster durchgeführt.