Sommersemester 2015


Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger

082050 Hauptseminar: Wahlen in der Frühen Neuzeit - Verfahren und Ritual

Mo, 14-16h

Wahlen waren im vormodernen Europa auf allen Ebenen der Ständegesellschaft allgegenwärtig. Der Papst, der Kaiser, der polnische, zeitweise auch der böhmische und der ungarische König wurden gewählt; zu den französischen Generalständen und zum englischen Unterhaus wurden gewählte Vertreter geschickt; Bischöfe, Äbte und Äbtissinnen, Universitätsrektoren, Stadträte, Schöffen und Bürgermeister, gemeindliche Amtsträger bis hin zum Bauermeister und zur Hebamme auf dem Land und nicht zuletzt Anführer bei kommunalen Aufständen wurden gewählt. Die Frage ist: Inwiefern handelte es sich dabei um das gleiche wie bei heutigen demokratischen Wahlverfahren? Worin liegen signifikante Unterschiede? Inwiefern handelt es sich im engeren Sinne um Verfahren, inwiefern um Rituale? Diesen Fragen soll das Seminar anhand gemeinsamer Quellenlektüre zu verschiedenen Wahlprozeduren nachgehen.

Erste Literaturhinweise: Thomas Weller, Wahlen, in: Enzyklopädie der Neuzeit, hrsg. von Friedrich Jaeger u.a., Bd.14, Stuttgart/Weimar 2011, Sp. 496-499; Christoph Dartmann/Günter Wassilowsky/Thomas Weller (Hrsg.), Technik und Symbolik vormoderner Wahlverfahren (Beihefte der HZ, 52), München 2010; Werner Maleczek, Abstimmungsarten. Wie kommt man zu einem vernünftigen Wahlergebnis?, in: Reinhold Schneider/ Harald Zimmermann (Hrsg.), Wahlen und Wählen im Mittelalter, Sigmaringen 1990, 79-134; Murray Edelman, Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns, Neuauflage mit einem Vorwort von Claus Offe und einem Nachwort von Frank Nullmeier, Frankfurt a.M./New York 2005.


082380 Übung (Quellenlektüre): Religiöse Identität in frühneuzeitlichen Selbstzeugnissen

Mi, 16-18h

Die Frühe Neuzeit war von religiösen Abgrenzungsprozessen und Konflikten geprägt. Die Quellenübung will sich diesen Prozessen aus mikrohistorischer, autobiographischer Perspektive nähern. Was bedeutete die Religion für die Menschen; welche Rolle spielten religiöse Rituale und Glaubensüberzeugungen für die Weltdeutung, das Alltagsleben und vor allem für die soziale Zugehörigkeit? Wir reflektierten die Menschen verschiedener Stände selbst über Religion und was bedeutete das für das Bild, das sie selbst von sich entwarfen?

Erste Literaturhinweise: Winfried Schulze, Hrsg., Ego-Dokumente. Annäherungen an den Menschen in der Geschichte, Berlin 1996; Kaspar von Greyerz u.a., Hrsg., Von der dargestellten Person zum erinnerten Ich (1500-1850), Köln/Weimar/Wien 2001; Kaspar von Greyerz, Religion und Kultur. Europa 1500-1800, Göttingen 2000; Eva Kormann, Ich, Welt und Gott. Autobiographik im 17. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2004; Achim Landwehr, Historische Diskursanalyse, Frankfurt/Main 2001.

 

JUN.PROF. DR. MATTHIAS POHLIG

082762 Masterseminar: Max Webers Protestantismus-These Zeit: Dienstag, 10-12 Uhr, Beginn: 7.4.2015


Max Webers Protestantismus-These (zuerst 1904/5) ist eine der erfolgreichsten sozialwissenschaftlichen Interpretationen aller Zeiten, und mit Sicherheit ist sie das einflußreichste Deutungsmuster für die Geschichte des Protestantismus. Dass Protestantismus und Kapitalismus

‚irgendwie‘ zusammenhängen, ja, dass der Protestantismus ‚irgendwie‘ verantwortlich ist für Leistungsstreben und ökonomischen Ehrgeiz, Rationalität und Gewissensangst: Das ist Allgemeinwissen. Andererseits ist, nicht ganz zu Unrecht, die Weberthese als „unwiderlegbare Fehlkonstruktion“ charakterisiert worden. Die These ist also einflußreich, möglicherweise aber auch falsch. Im Seminar sollen zwei Themenkomplexe diskutiert werden. Erstens die These selbst: Was hat Weber genau gemeint? Wie ist die These konstruiert, und worauf zielt sie genau ab? In welchem Kontext wurde sie formuliert? Zweitens aber geht es darum, an ausgewählten Beispielen aus der frühneuzeitlichen Geschichte darüber zu diskutieren, was an der These ‚stimmt‘ und was nicht – und damit dann auch zu fragen, was sie über den frühneuzeitlichen Protestantismus und was über Weber und seine Zeit aussagt.

Einführende Literatur: Tyrell, Hartmann, Worum geht es in der ‚Protestantischen Ethik’? Ein Versuch zum besseren Verständnis Max Webers, in: Saeculum 41 (1990), 130-176 .

 

082098 Hauptseminar: Die Krise des 17. Jahrhunderts

Mi, 10-12h

Beginn: 8.4. 2015

Das 17. Jahrhundert gilt als „eisernes“ Jahrhundert, als Jahrhundert voller Kriege, Wirtschaftskrisen, Aufstände, als Jahrhundert des Konfessionsfundamentalismus wie auch seiner Überwindung. Vor einigen Jahrzehnten wurde aus marxistischer wie nichtmarxistischer Perspektive versucht, die Phänomene dieses Jahrhunderts in eine Theorie zu pressen (die oft eher einfach eine Kurzformel war), nämlich die Theorie von der „Krise des 17. Jahrhunderts“. Nachdem die kontroverse Diskussion (Was ist überhaupt eine Krise? Gab es eine Krise des 17. Jahrhunderts? Warum?) lange Zeit abgeebbt war, wird in jüngster Zeit, v.a. mit Blick auf Global- und Klimageschichte, erneut über die „Krise des 17. Jahrhunderts“ diskutiert. Das Seminar soll eine Einführung in die ältere und neuere Debatte bieten, aber auch genereller nach der Adäquatheit eines solchen Deutungsmusters fragen. Dies alles setzt voraus, ausschnittsweise auch die Geschichte des 17. Jahrhunderts kennenzulernen, also konzeptionelle mit empirischen Fragen zu verbinden. Dazu wiederum kann es nicht schaden, sich vorab in die Geschichte des 17. Jahrhunderts einzulesen (siehe Literaturhinweise unten).

Einführende Literatur: Press, Volker, Kriege und Krisen. Deutschland 1600-1715, München 1991; Münch, Paul, Das Jahrhundert des Zwiespalts. Deutschland 1600-1700, Stuttgart u.a. 1999.

 

JUN.PROF. DR. ANDRÉ KRISCHER

082064 Hauptseminar: Kriminalitätsgeschichte der Frühneuzeit

Di, 16-18h

In der historischen Forschung zur Frühneuzeit stand die Kriminalitätsgeschichte seit den 1990er Jahren für besonders innovative Zugänge zur vormodernen Lebenswelten. Während Kriminalität in der älteren Forschung überwiegend anekdotisch und mit Blick auf die grausamen Strafen behandelt wurde, haben Kriminalitätshistoriker unter gewandelten Vorzeichen systematisch nach dem Zusammenhang von Kriminalität und Gesellschaft gefragt. Fruchtbar war und ist diese Herangehensweise vor allem deswegen, weil unter dem Paradigma Kriminalität ganz unterschiedliche Ebenen der frühneuzeitlichen Gesellschaft ausgeleuchtet werden können: Kriminalität hat mit Macht und Herrschaft ebenso zu tun wie mit Eigentums- und Geschlechterverhältnissen. Kriminalität war nicht nur eine Sache der Armen und Marginalisierten, sondern auch, in Gestalt politischer Delinquenz und Korruption, ein Aktionsfeld sozialer Eliten. Dabei hat sich auch gezeigt, dass Todes- und Leibesstrafen eher die Ausnahme waren. Kriminalität kann schließlich auch mit Blick auf seine öffentliche Thematisierung in Druckmedien untersucht werden. Stets geht man dabei davon aus, dass Kriminalität nicht etwas objektiv vorhandenes ist, sondern in komplexen Prozessen Handlungen und Akteuren zugeschrieben wird. Wir werden uns im Seminar zunächst mit den methodisch-konzeptionellen Herangehensweisen an Kriminalitätsgeschichte befassen und dann verschiedene Felder von Gewalt-, Eigentums-, Sexual- und politischen Delikten behandeln. Dabei werden wir vergleichend Vorgehen, insofern wir Beispiele aus dem deutschsprachigen und englischspachigen Raum berücksichtigen werden. Empfohlen wird der gleichzeitige Besuch meiner Übung zur frühneuzeitlichen Paläographie, weil dort für das Seminar relevante Quellentexte gelesen und transkribiert werden.

 

Einführende Literatur: Gerd Schwerhoff: Historische Kriminalitätsforschung (Historische Einführungen Bd. 9), Frankfurt/M. 2011.

 

082360 Übung: Paläographie der Frühen Neuzeit: Englische und Deutsche Kurrentschriften vom 16. bis zum 18. Jahrhundert

Di, 14-16h

Die Übung wird Schritt für Schritt in die Lektüre frühneuzeitlicher Handschriften aus privater und obrigkeitlicher Provenienz einführen und die Lesefähigkeit einüben. Ausgewählte Beispiele werden mach üblichen Maßstäben kritisch ediert. Die Beispiele stammen aus deutschen und englischen Archiven. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Quellen zur Kriminalitätsgeschichte, weswegen der gleichzeitige Besuch meines Hauptseminars angeraten wird.

Einführend Literatur: Friedrich Beck: Die „deutsche Schrift“ – Medium in fünf Jahrhunderten deutscher Geschichte. In: Archiv für Diplomatik 37 (1991), S. 453–479; G. E. Dawson / L. Kennedy-Skipton: Elizabethan Handwriting 1500-1650. A Manual. New York 1966 (wird als pdf zur Verfügung gestellt)

 

APL.PROF. DR. MICHAEL SIKORA

082083 Hauptseminar: Der Augsburger Religionsfrieden


Di, 10-12h

Der Augsburger Religionsfrieden gab eine vorläufige Antwort auf eine ganz ungeheure Herausforderung für das Alte deutsche Reich: Die Koexistenz konkurrierender konfessioneller Wahrheitsansprüche zu organisieren. Diese Herausforderung war so ungeheuer, weil die Vorstellung, das religiöse Fundament der Einheit Europas könnte zerbrechen, noch so neu und eigentlich unvorstellbar war. Diese Herausforderung war so ungeheuer, weil nicht nur die Strukturen des Alltags, sondern auch die Strukturen der Herrschaft noch so untrennbar von religiösen Legitimationsmustern und Geltungsansprüchen durchdrungen waren. Im Seminar soll der Augsburger Religionsfrieden nicht so sehr als punktuelles Ereignis thematisiert werden, sondern als Katalysator für eben diese Herausforderungen und daher auch in gewisser Weise als Signatur der Epoche. Um die Lösungen, die der Augsburger Religionsfrieden anbot, begreifen zu können, werden wir die Probleme in den Jahrzehnten davor behandeln müssen. Um die Lösungen, die der Augsburger Religionsfrieden anbot, beurteilen zu können, werden wir deren Tragfähigkeit in den Jahrzehnten danach behandeln müssen.

Lit. zur Orientierung: Heinz Schilling, Heribert Smolinsky (Hrsg.): Der Augsburger Religionsfrieden 1555, Münster 2007; Carl A. Hoffmann, u. a. (Hrsg.): Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden. Begleitband zur Ausstellung im Maximilianmuseum Augsburg [16.6. - 16.10.2005], Regensburg 2005; Axel Gotthard: Der Augsburger Religionsfrieden, Münster 2004; Maximilian Lanzinner: Konfessionelles Zeitalter 1555-1618, in: Wolfgang Reinhard (Hg.): Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte Band 10, 10., völlig neu bearb. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta 2001; Martin Heckel: Deutschland im konfessionellen Zeitalter, 2. Aufl. Göttingen 2001; Horst Rabe: Deutsche Geschichte 1500-1600. Das Jahrhundert der Glaubensspaltung, München 1991.

 

082356 Übung: Ausgewählte Quellen zur Geschichte der Frühen Neuzeit

Mo, 16-18h

Die Übung ist als Begleitung zur Einführungsvorlesung konzipiert, der gleichzeitige Besuch der Vorlesung ist jedoch nicht verpflichtend. Der Ablauf richtet sich nach den parallel in der Vorlesung behandelten Schwerpunktthemen, die durch ausgewählte Quellentexte vertieft werden sollen. Diese Vorgehensweise erlaubt es zugleich, unterschiedliche Quellentypen kennenzulernen und deren charakteristische Aussagekraft und Perspektivität quellenkritisch im Vergleich zu diskutieren. Gegenüber den eher generalisierenden Beobachtungen der Vorlesung werden die Texte durch ihre Konkretisierung einerseits den Vorlesungsstoff veranschaulichen, inhaltlich aber auch über ihn hinausweisen. Bei entsprechenden Vorkenntnissen und Interesse an der Epoche und an der Quellenkunde wird sich das auch Teilnehmern erschließen, die nicht an der Vorlesung teilnehmen.

 

Als Anregung: Die im Reclam-Verlag erschienene Buchreihe „Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen“ versuchte sich auf ihre Weise an einem Konzept, Epochen der Geschichte, beschränkt auf Deutschland, durch Quellencollagen abzubilden, vgl. zur Frühen Neuzeit, mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten:

Ulrich Köpf (Hrsg.): Band 3: Reformationszeit 1495-155, Stuttgart 2001; Bernd Roeck (Hrsg.): Band 4: Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555-1648, Stuttgart 1995; Helmut Neuhaus (Hrsg.): Band 5: Zeitalter des Absolutismus 1648-1789, Stuttgart 1997.

PRIV.-DOZ. DR. THOMAS BROCKMANN

082982 Hauptseminar: Buchdruck und Reformation


Fr, 14-16h, F 33, Beginn: 10.4.2015 (erste Vorlesungswoche)

Reformationsgeschichte und frühneuzeitliche Mediengeschichte stehen in einem engen Konnex. Die schnelle Verbreitung der reformatorischen Theologie und Kirchenkritik im römisch-deutschen Reich in den 1520er Jahren beruhte sehr wesentlich auf der noch jungen Technologie des Buchdrucks; zugleich entwickelten sich die Printmedien im Zuge der Reformation entscheidend fort. Drucke in der Volkssprache und das kleine, erschwingliche Format der Flugschrift erschlossen größere Adressatenkreise und sorgten für einen bis dahin beispiellosen Druckschriften-Boom.

In der Veranstaltung werden Druckschriften und Einblattdrucke aus der Reformationszeit vorgestellt und interpretiert. Außerdem wird sich das Seminar mit den Produktions-, den Verbreitungs- und den Rezeptionsbedingungen der reformatorischen Publizistik (Autoren, literarische Gattungen, Drucktechnik, Auflagenhöhe, Vertrieb, Preise, Alphabetisierungsgrad, Zensur, Schnittstellen zum mündlichen Kommunikationsgeschehen, u.a.) beschäftigen.

Die Teilnahme an dem Hauptseminar setzt die Bereitschaft zur Übernahme eines Referates und zur Anfertigung einer Hausarbeit voraus.

Literatur: Johannes Burkhardt, Das Reformationsjahrhundert. Deutsche Geschichte zwischen Medienrevolution und Institutionenbildung 1517-1617, Stuttgart 2002; Michael Giesecke, Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, 4., durchgesehene und um ein Vorwort ergänzte Aufl. Frankfurt/M. 2006; Hans-Joachim Köhler (Hg.), Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit. Beiträge zum Tübinger Symposium 1980 (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit, Bd. 13), Stuttgart 1981; Marcel Nieden, Die Wittenberger Reformation als Medienereignis, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2012-04-23 <http://www.ieg-ego.eu/niedenm-2012-de> (mit weiterführenden Literaturangaben); Johannes Schwitalla, Flugschrift (Grundlagen der Medienkommunikation, Bd. 7), Tübingen 1999.

 

PHILIP HOFFMANN-REHNITZ

082375 Übung „Religion und Politik in der Stadt des 16. Jahrhunderts“ (mit Exkursion nach Basel, Konstanz, Überlingen und Zürich) / „Religion and Politics in 16th-Century Cities“


Vorbesprechung: Di, 05.05.2015, 18-20h, Inhaltliche Einführungssitzung: Mi, 22.07.2015, 16-20h
Geplanter Termin der Exkursion: 23.-28.09.2015
Politik und Religion waren in vormodernen Gesellschaften in konstitutiver Weise miteinander verbunden – dies gilt im Besonderen auch für die Städte. Die Städte des 16. Jahrhunderts waren dabei ein Laboratorium, in dem das Verhältnis von Religion und Politik in dynamischer Weise neu ausgehandelt und bestimmt wurde. So kam den Städten und insbesondere den süddeutschen Reichsstädten eine zentrale Bedeutung bei der Verbreitung der Reformation zu, existierten in ihnen doch besonders günstige Voraussetzungen für die Ausbildung reformatorischer Bewegungen (Städte als Zentren von Bildung und Kommunikation, ausgeprägter Antiklerikalismus, politische Partizipation der Bürger etc.). Die Frage nach der Reformation von Religion und Kirche war dabei immer auch eng mit politischen Fragen verknüpft, insbesondere dem Verhältnis von Rat und Bürgerschaft/Gemeinde oder auch der Beziehung zum Stadtherren – im Fall der Reichsstädte also zum Kaiser. Dieser Zusammenhang gilt dabei auch für die Umformung und Ausgestaltung der religiösen und kirchlichen sowie damit eng verbunden der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in den Städten im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts im Zuge der Konfessionalisierung. Wie das Verhältnis von Religion und Politik in den Städten zu Beginn der Neuzeit jeweils ausgeprägt war und wie es sich im 16. Jahrhundert entwickelte, war dabei von Stadt zu Stadt ganz unterschiedlich und entsprechend ausgesprochen vielgestaltig.

Die Übung geht den angesprochenen Zusammenhängen und Entwicklungen genauer nach, und zwar in unmittelbarer Anschauung vor Ort. Die Exkursion wird dabei nach Basel, Konstanz, Überlingen und Zürich führen; die Entwicklung von Religion und Politik zu Beginn der Frühen Neuzeit und die jeweiligen Erfahrungen, vor denen diese stattfanden, waren in diesen vier Städten ganz unterschiedlich; entsprechend soll die Exkursion die angesprochene historische Vielgestaltigkeit konkret erfahrbar machen. Dabei ist neben der Besichtigung zentraler historischer Schauplätze auch der Besuch von Archiven und stadtgeschichtlichen Museen vorgesehen.
Die Kosten für Fahrt und Unterkunft werden aller Voraussicht nach zum Teil übernommen.
Die Teilnehmerzahl ist auf 25 beschränkt. Interessenten werden gebeten, sich per Mail bis zum 28.02.2015 bei philip.hoffmann@uni-muenster zu melden; die Plätze werden nach Eingang der Anmeldung vergeben.
Organisatorische Fragen werden bei der obligatorischen Vorbesprechung am 05.05.2015 besprochen.

Einführende Literatur: Heinz SCHILLING: Die Stadt in der Frühen Neuzeit, München 2. Aufl. 2004; Bernd MOELLER: Reichsstadt und Reformation, Neuausgabe, Göttingen 2011; Berndt HAMM: Bürgertum und Glaube. Konturen der städtischen Reformation, Göttingen 1996 (v.a. 1. Kapitel)


DR. TILMAN HAUG

Proseminar: Einführung in das Studium der neueren Geschichte: Ein Platz an der Sonne? – Politik, Gesellschaft und Kultur im Frankreich Ludwigs XIV. (1661 - 1715)


Mo, 10-12h u. 14-16h

L’État, cest moi, „der Staat, das bin ich“, gehört zu den bekanntesten Sätzen, die eine historische Persönlichkeit vermutlich nie gesagt hat. Der Satz schien jedoch perfekt zu Ludwig XIV. zu passen. Dieser galt lange Zeit als absolutistischer Mustermonarch, der unterstützt von einem mächtigen bürokratischen Verwaltungsapparat, unumschränkt herrschen konnte und den Adel an seinem Hof in Versailles „domestizierte“.

Im Proseminar soll anhand jüngerer Forschungen danach gefragt werden, wie uneingeschränkt die Herrschaft des Königs tatsächlich war. Denn auch ein absoluter Monarch musste ein kooperatives Verhältnis zu den traditionellen Eliten suchen und ihre alten Privilegien berücksichtigen, und auch seine „moderne“ Verwaltung beruhte auf Patronage und etablierten Netzwerken. War das wirkmächtige Image des allmächtigen „Sonnenkönigs“ gar eine Inszenierung, für die man nicht zuletzt die „schönen Künste“ instrumentalisierte? Darüber hinaus wird sich die Veranstaltung jedoch auch mit beispielsweise aus religiösen Gründen unterdrückten und rebellierenden Untertanen sowie dem Alltag von zwanzig Millionen Franzosen befassen.

Das Proseminar soll anhand eines zentralen Themenbereiches der historischen Forschung in die neuere Politik-, Sozial- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit einführen und dabei grundlegende geschichtswissenschaftliche Arbeitstechniken vermitteln.

Französischkenntnisse sind hilfreich, jedoch nicht notwendig für eine erfolgreiche Teilnahme an der Veranstaltung. Erwartet wird dagegen die Bereitschaft zur Lektüre längerer englischsprachiger Texte. Voraussetzungen für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind regelmäßige Teilnahme, die Übernahme eines Impulsreferates, das Bestehen einer Abschlussklausur sowie die Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit.

Lektüre zur Einführung in das Studium der Neueren Geschichte: Birgit Emich, Geschichte der Frühen Neuzeit studieren (UTB basics), Konstanz 2006. Zur ersten Einführung in das Thema: Peter Burke, Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs, Berlin 1993; Geoffrey Treasure, Klaus Malettke, Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung, Göttingen 1994.