Einblick in eine unbekannte Welt

Prof. Harald Strauß berichtete von seiner Forschungsfahrt zum Mittelatlantischen Rücken

Fotos

Das Forschungsschiff Meteor im Hafen von Las Palmas
Das Forschungsschiff Meteor im Hafen von Las Palmas
© Harald Strauß
  • Das ROV Quest 4000 an Bord der Meteor
    © Harald Strauß
  • Im Labor an Bord der Meteor
    © Harald Strauß
  • Schwarze Raucher am Mittelatlantischen Rücken
    © MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
  • Probenahme im Muschelfeld, Mittelatlantischer Rücken
    © MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Kein Licht dringt auf den Ozeanboden, in über 3.000 Metern Tiefe ist das Meerwasser gerade einmal vier Grad Celsius kalt. An einem Schwarzen Raucher sind Muscheln, Garnelen, Krebse, und Fische zu sehen. Blühendes Leben in der lichtlosen Tiefe des Ozeans - vor rund 50 Jahren wurde so etwas erstmals im östlichen Pazifik entdeckt. Auch heute noch ist es nur wenigen gegönnt, einen Blick darauf zu werfen. Einer von ihnen ist der Geologe Prof. Harald Strauß, Direktor des Geomuseums.

Beim ersten Vortrag der Reihe „Geos unterwegs“ im neu eröffneten Geomuseum am Dienstag, 12. Oktober 2023, berichtete er vor rund 90 Zuhörer*innen von der Fahrt mit dem 98 Meter langen deutschen Forschungsschiff „Meteor“ in diesem Sommer zum Mit­telat­lan­ti­schen Rü­cken zwischen 29 und 38 Grad Nord, süd­lich der Azo­ren. Ziel der Reise war die Erforschung so genannter „Schwarzer Raucher“. Diese heißen Quellen sind es, die Leben am Meeresboden ohne Sonnenlicht ermöglichen. „Zu finden sind die Hydrothermalquellen entlang der mittelozeanischen Rücken, dort, wo die Kontinentalplatten auseinanderdriften“, erläuterte Strauß. „In zwei bis drei Kilometer Tiefe wird aus einer Lavablase, die bis zu 1.200 Grad Celsius heiß ist, neuer Ozeanboden gebildet, hier entfernen sich die Erdplatten pro Jahr zwei bis drei Zentimeter voneinander.“

An diesen Stellen kann kaltes Meereswasser in den Meeresboden eindringen, wobei es aufgeheizt wird. In diesem heißen Wasser lösen sich chemische Elemente wie Schwefel, Eisen, Zink und Kupfer aus dem Vulkangestein. Tritt das heiße Wasser dann in die kalte Umgebung am Meeresboden aus, formen sich Minerale und bilden die „Schwarzen Raucher“. „Die chemischen Elemente im heißen Wasser bilden die Nahrungsgrundlage für das üppige, blühende Leben“, so Strauß. Denn Bakterien nutzen die gelösten Elemente für ihren Stoffwechsel, bilden organische Materie, die wiederum Muscheln und Garnelen als Nahrung dienen.

Lebhaft und anschaulich berichtete der Geologe von der Fahrt auf der „Meteor“, die für 34 Besatzungsmitglieder und 28 Wissenschaftler*innen für vier Wochen Lebens- und Arbeitsort war. Von Las Palmas de Gran Canaria dauerte es sechs Tage, bis das erste Zielgebiet am Mit­telat­lan­ti­schen Rü­cken erreicht war – sechs Tage, die die Wissenschaftler nutzen konnten, um ihre Geräte auszupacken und in den Laboren an Bord aufzubauen, denn jeder Wissenschaftler bringt für die Forschungsfahrten seine eigenen Instrumente mit.

Dazu gehörte auch das wichtigste wissenschaftliche Großgerät an Bord: der Tauchroboter ROV-Quest, der fast täglich zwölf Stunden im Einsatz war und von je zwei Piloten in Vier-Stunden-Schichten von Bord der Meteor aus ferngesteuert wurde. In Wassertiefen von 800 bis 3.100 Metern wurden Proben von den Schwarzen Rauchern genommen und lebendiges Biomaterial an die Oberfläche gebracht. Sieben verschiedene Kamerasysteme und lichtstarke Scheinwerfer ermöglichten den Wissenschaftler*innen, die Arbeiten am Meeresboden durchzuführen und die Fahrten des ROV-Quest live zu verfolgen. „Diese brillanten Bilder waren überhaupt nicht mit dem zu vergleichen, was ich 2005 bei meiner ersten Forschungsfahrt gesehen habe“, erzählte Strauß, der das Publikum im Foyer des Geomuseums mit einem Videofilm an dem Erlebnis teilhaben ließ.

Die Zuschauer*innen waren hingerissen von der fremdartigen, fast farblosen Welt, von den Chimären genannten Fischen mit den fast blinden großen Augen, den Kolonien von hunderten gelber Muscheln, und den weißen Krebsen und unzähligen quirligen Garnelen. Das Interesse nach dem Vortrag war entsprechend groß, geduldig beantwortete Strauß die zahlreichen Nachfragen. In den kommenden Wochen wird er sich der Untersuchung der mitgebrachten Proben widmen, um die Prozesse an den Schwarzen Rauchern noch besser verstehen zu können.

Eine weitere Fahrt mit einem deutschen Forschungsschiff, diesmal mit der „Polarstern“, können Interessierte am 14. November um 19 Uhr nacherleben. Dann berichtet der Geochemiker Dr. Felix Genske in der Reihe „Geos unterwegs“ von der Erforschung des Meeresbodens entlang des sich über 1.800 Kilometer erstreckenden Gakkelrückens nördlich von Grönland. Der Eintritt ist frei.