Forschungsfragen

Welche Kommunikation schafft und erhält Vertrauen in einer zunehmend digitalisierten Welt? Ausgewählte Fragen greifen Forschungsthemen aus dem Graduiertenkolleg "Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt" auf. Ehemalige Kollegiatinnen und Kollegiaten beantworten diese Fragen und liefern einen Einblicke in ihre Forschung.

  • Medien

    Welche Rolle spielen Wissen über und Vertrauen in das Online-Publikum für die Entscheidung, persönliche Informationen in sozialen Medien preiszugeben?
    Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien geben trotz häufig geäußerter Sorgen um ihre Privatsphäre persönliche Informationen einer großen (Teil-)Öffentlichkeit preis. Erklärt wird dieses sogenannte Privatheitsparadox im bisherigen wissenschaftlichen Diskurs wie folgt: Nutzerinnen und Nutzer wägen potenzielle Kosten und erhoffte Nutzen der Selbstoffenbarung gegeneinander ab und treffen auf dieser Basis eine rationale Entscheidung. Im Rahmen meiner Dissertation wurden kognitive Mechanismen untersucht, die diese Kosten-Nutzen-Abwägung systematisch verzerren können. Die empirischen Studien des Projekts zeigten erstens, dass Nutzerinnen und Nutzer kaum wissen, wer Zugriff auf ihre preisgegebenen Informationen hat. Sie konnten darüber hinaus auf einer metakognitiven Ebene nicht zuverlässig einschätzen, wie zutreffend ihr eigenes Wissen über dieses potenzielle Publikum ist. Zweitens wurde im Rahmen des Projekts die Bedeutung impliziter Annahmen über das Verhalten der Publikumsmitglieder experimentell untersucht. Die Ergebnisse legen nahe, dass Nutzerinnen und Nutzer darauf vertrauen, dass Mitglieder des Publikums trotz Zugriffsmöglichkeit nur in Einzelfällen ihre Informationen wirklich lesen würden. Sie scheinen aufgrund eigener Erfahrungen in sozialen Medien anzunehmen, dass das Publikum unter einer Informationsüberflutung leidet und daher mit der eigenen Aufmerksamkeit ökonomisch umgehen muss. Derlei implizite Annahmen können die Kosten-Nutzen-Abwägung weiter verzerren, weil die subjektiv empfundene Wahrscheinlichkeit des Zugriffs durch die Publikumsmitglieder nicht notwendigerweise mit Anzahl und Art tatsächlicher Leserinnen und Leser übereinstimmt.Sowohl mangelndes Wissen über als auch implizites Vertrauen in das potenzielle Publikum stellen in Frage, inwieweit Nutzerinnen und Nutzer ihre eigene Privatsphäre in sozialen Medien kompetent regulieren können.
    Dr. Ricarda Moll, Titel der Dissertation: "Metacognitive mechanisms of privacy regulation on Social Networking Sites"

    Im Gespräch mit KI – Was beeinflusst Nutzerzufriedenheit und Vertrauen bei Sprachassistenten?
    Sprachassistenten und virtuelle Dialogsysteme nehmen seit einigen Jahren vermehrt Einzug in unser Leben: In Form „smarter“ Lautsprecher, auf Handy und Laptops und in Autos sind sie „auf Zuruf“ verfügbar. Bekannte Produkte sind Alexa/Echo von Amazon, Siri von Apple und der Google Assistant. Durch Verfahren der Künstlichen Intelligenz hat sich die Erkennung und die Produktion gesprochener natürlicher Sprache zunehmend verbessert. Manche Gestaltungsmerkmale fallen bei der Nutzung auf: Die Geräte haben meist per Voreinstellung eher weibliche Stimmen und zeigen eine bestimmte Art von Humor. Andere Gesprächsmuster, die Sprachassistenten, aber auch wir selbst zeigen können, sind uns oft nicht bewusst. Eines ist das Phänomen der sprachlichen Anpassung: Wir übernehmen beispielsweise eher Begrifflichkeiten von einer Person (oder einer Maschine), wenn wir uns ihr nah fühlen, ob emotional oder thematisch („lexical alignment“). Wenn sich ein Sprachassistent auf der Wortebene an die Nutzerin oder den Nutzer anpasst, kann das dessen Akzeptanz und die Nutzungsabsicht erhöhen. Auf Zuhörende wirkt der Sprachassistent dann außerdem vertrauenswürdiger. Für Menschen kann es umgekehrt aber auch noch einen anderen Grund geben, sich an die Worte des Sprachassistenten anzupassen: Wenn das System wenig menschenähnlich und vom Ausdruck eher eingeschränkt spricht, passen wir unsere Worte an, um sicher verstanden zu werden. Eine Umkehr bei der Gestaltung von Sprachassistenten sollte das aber nicht bedeuten: Eloquentere Systeme werden als liebenswürdiger wahrgenommen.
    Dr. Gesa Linnemann, Titel der Dissertation: "Alignment and Spoken Dialogue Systems – Influences on Trustworthiness and User Satisfaction"

    Wie vertrauenswürdig sind Soziale Medien für JournalistInnen als Quellen für ihre Berichterstattung?
    Die Digitalisierung hat die Nachrichtendynamik nachhaltig beschleunigt: Rezipierende erwarten im Internet schnelle Informationen - viele Journalistinnen und Journalisten wollen die ersten sein, die diese liefern. Wenn sich bei Naturereignissen oder Terroranschlägen die Ereignisse überschlagen, sind soziale Medien wie etwa Twitter für den Journalismus eine bedeutende Quelle in der Berichterstattung. Diese „distanzierten Quellen“ werden insbesondere dann wichtig, wenn Journalistinnen und Journalisten noch nicht selbst vor Ort sein können. Im Umgang mit distanzierten Quellen nehmen diese jedoch ein erhöhtes Risiko wahr, dass die Informationen falsch oder gesteuert sein könnten. Dies führt dazu, dass sie ihre Verifikationsbemühungen verstärken, die Quelle benennen oder ihre Unsicherheit an die Rezipierenden weitergeben. Unter Zeitdruck kann auch ungeprüftes Material in die Berichterstattung gelangen. Der Journalismus riskiert hierbei einen Vertrauensverlust. Eine Inhaltsanalyse von 761 Medienbeiträgen zu acht krisenhaften Ereignissen in den Jahren 2011 bis 2015 hat ergeben, dass ein Viertel journalistischer TV-Beiträge und 14 Prozent der Print-Beiträge soziale Medien als Quelle nennen. Am häufigsten werden diese Quellen am Tag des Ereignisses zitiert. Deutlich wurde, dass avancierte Verifikationsstrategien wie forensische Methoden zur Bildanalyse oder sogenannte „crowd verification“, d.h. die Bewertung durch eine Social Media-Community, im Journalismus noch wenig verbreitet waren. Stattdessen wurden auch distanzierte Quellen mittels klassischer journalistischer Werkzeuge wie Cross-Recherche oder Kontaktaufnahme mit Expertinnen und Experten oder der Quelle selbst überprüft. Da sich das Zitieren aus Tweets und Postings inzwischen immer mehr als Quellen-Strategie des Journalismus etabliert hat, sollte sich der Journalismus in Ausbildung und Selbstreflexion noch stärker damit beschäftigen, welche Auswirkungen das auf Rezipierende hat und wie man dem begegnen kann. Transparenz über journalistische Arbeitsprozesse ist da nur ein Weg des Umgangs. Viel grundsätzlicher stellt sich die Frage nach der Selbstwahrnehmung des Journalismus in digitalisierter Informationsumgebungen. Die journalistische Norm „be first, but first be right“ steht durch die Beschleunigung der Informationsverbreitung und alternative Informationsangebote mehr denn je unter Druck.
    Dr. Florian Wintterlin, Titel der Dissertation: „Quelle: Internet. Journalistisches Vertrauen in distanzierte Quellen“

  • Wirtschaft

    Warum ist Vertrauen in digitalen Teams wichtig und wie lässt es sich aufbauen?
    Vertrauen ist in digitalen Teams deshalb so wichtig, weil es die Effektivität dieser Teams positiv beeinflusst. Umso mehr die Teammitglieder einander vertrauen, desto eher teilen sie Informationen mit ihren Kolleginnen und Kollegen, bitten um Hilfe und Feedback bei Problemen und desto eher lösen sie Konflikte konstruktiv. In Teams mit einem hohen Vertrauenslevel engagieren sich die Teammitglieder mehr, sie Unterlassen die Kontrolle ihrer Kolleginnen und Kollegen und verbringen auch eher ihre Freizeit miteinander. Diese Verhaltensweisen führen in Summe zu einer höheren Teameffektivität im Sinne von Teamzufriedenheit und einer höheren Arbeitsleistung. Um Vertrauen in digitalen Teams aufzubauen, sollten die Teammitglieder dafür sorgen, dass alle Mitglieder sich kompetent, wohlwollend, integer und transparent verhalten. Insbesondere in digitalen Teams ist es wichtig, dass Kommunikationswege (z.B. geeignete Groupware-Lösungen) genutzt werden, die es ermöglichen, die Vertrauenswürdigkeit des Teams im Sinne von Kompetenz, Wohlwollen, Integrität und Transparenz wahrzunehmen.
    Dr. Christina Breuer, Titel der Dissertation: "Maximierung von Vertrauen in virtuellen Teams durch innovative Groupware-Lösungen"

    Welche Rolle spielt Vertrauen in der strategischen Organisationskommunikation?
    Für Organisationen ist das Vertrauen ihrer Stakeholder von enormer Bedeutung: Es ist die Basis, auf der Organisationen in einer modernen, differenzierten, volatilen Gesellschaft ihre Ziele langfristig erreichen können. Nehmen Stakeholder Risiken in der Beziehung zu Organisationen wahr, z.B. aufgrund der schwer einschätzbaren Qualität der Produkte oder einer unsicheren Erfüllung von Dienstleistungen, dann ist Vertrauen ein Mechanismus, um mit diesem wahrgenommenen Risiko umzugehen. Die Funktion von Vertrauen ist die Tolerierung von Risiken in Beziehungen. Vertrauen in Organisationen basiert maßgeblich auf deren wahrgenommener Vertrauenswürdigkeit. Die durchgeführten Studien am Beispiel von politischen Parteien und Nichtregierungsorganisationen zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Vertrauenswürdigkeit der Organisationen und der Bereitschaft, die Partei zu wählen bzw. deren Güter und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der Bedeutung von Vertrauen sollten Organisationen bei der Planung, Umsetzung und Evaluation ihrer Kommunikationsmaßnahmen Vertrauen berücksichtigen. Die durchgeführten Studien zeigen, dass Vertrauen vor allem durch die Art und Weise entsteht, wie sich Vertrauensobjekte präsentieren. Die strategische Kommunikation von Organisationen, z.B. in Form von Kampagnen, spielt daher eine zentrale Rolle für den Aufbau von Vertrauen zu ihren Stakeholdern. Die strategische Organisationskommunikation kann ein wichtiges Bindeglied beim Aufbau von Vertrauensbeziehungen zwischen Organisationen und ihren Stakeholdern sein. Berücksichtigt man die in den Studien vorgestellten Antezedenzien wahrgenommener Vertrauenswürdigkeit, sollten Organisationen ihre Fähigkeit, ihr Wohlwollen und ihre Integrität entsprechend betonen.
    Dr. Christian Wiencierz, Titel der Dissertation: Vertrauen in Parteien durch Gespräche über Wahlwerbung. Der Einfluss interpersonaler Kommunikation über Wahlwerbung auf das Vertrauen in politischen Parteien.

    Welche Bedeutung hat Vertrauen in Verhandlungen und können auch digital geführte Verhandlungen erfolgreich sein?
    Vertrauen und Verhandeln sind eng verbunden. Es ist inzwischen gut erforscht, dass gegenseitiges Vertrauen in Verhandlungen zu besseren Ergebnissen für beide Seiten führt. Wer vertraut, geht transparenter mit seinen Wünschen und Zielen um und teilt diese Informationen. Das ist einerseits zwar riskant, denn eine Verhandlungsseite erfährt, was der anderen wichtig ist und kann das mit strategischem Gegenfordern ausnutzen. Doch grundsätzlich überwiegen die Vorteile, wenn beide Seiten nach guten gemeinsamen Verhandlungsergebnissen suchen. Ältere Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass Verhandlungen per Email weniger vertrauensvoll geführt werden und die Verhandlungsergebnisse für beide Seiten schlechter ausfallen. Inzwischen hat sich vieles verändert: Die technischen Möglichkeiten der Bildübertragung sind besser geworden und die Menschen gehen generell routinierter mit digitalen Übertragungen um. Außerdem hat die Coronapandemie dem Thema digitale Verhandlungen einen starken Schub verpasst. Im Rahmen einer Laborstudie haben wir Probanden deshalb entweder persönlich oder per Videokonferenz miteinander verhandeln lassen und untersucht, wie und warum Vertrauen und Verhandlungsergebnisse in den jeweiligen Settings beeinflusst werden. Im Ergebnis zeigte sich, dass sich persönliche Verhandlungen und Video-Verhandlungen tatsächlich nur geringfügig im Hinblick auf Vertrauen der Verhandelnden und die Verhandlungsergebnisse unterschieden Lediglich die Wahrnehmung von persönlicher Verbundenheit war in digitalen Verhandlungen leicht reduziert. Insofern scheint es heutzutage durchaus möglich zu sein, Verhandlungen erfolgreich digital zu führen, wenn Medien wie Videokonferenzen genutzt werden. Und auch in Zukunft gäbe es Vorteile, wenn mehr Verhandlungen online stattfinden könnten: weniger Fahrt- und Flugemissionen, geringerer Zeit- und Kostenaufwand durch eingesparte Reisen und weniger individuelle Belastungen.
    Dominik Sondern, Arbeitstitel der Dissertation: Vertrauensentwicklung in dyadischen Verhandlungen.

  • Wissenschaft

    Warum ist Vertrauen in Online-Gesundheitsforen relevant und welche Kriterien nutzen Ratsuchende, um einzuschätzen, welchen Informationen sie glauben und wem sie vertrauen können?
    Das Internet ist in vielfältiger Weise Plattform zur Informationssuche und zum Austausch von Erfahrungen geworden. Dabei können Nutzerinnen und Nutzer auch selbst zur Quelle von Informationen werden. In den meisten Online-Foren fehlen jedoch sogenannte Gate-Keeping-Mechanismen: Es erfolgt keine Prüfung der Informationen auf Richtigkeit. Ratsuchende Laien können die Richtigkeit der dargestellten Informationen oft nur schwer beurteilen. Sie müssen folglich auf Hinweise in der Kommunikation zurückgreifen, um die Glaubwürdigkeit der Informationen und die Vertrauenswürdigkeit der Autorinnen und Autoren einzuschätzen. Diese Einschätzung ist aufgrund der Sensibilität der Informationen und der hohen persönlichen Bedeutung für Betroffene bei gesundheitsbezogenen Themen besonders relevant. In verschiedenen experimentellen Untersuchungen haben wir unter anderem untersucht, wie sich Merkmale der Sprache, Attribute des Schreibenden und Meinungen anderer Nutzerinnen und Nutzer auf den Vertrauensaufbau auswirken. Die Ergebnisse zeigten, dass Ratsuchende medizinische Aussagen selbstausgewiesener Ärzte als glaubwürdiger bewerteten als Aussagen anderer Berufsgruppen. Im Kontrast dazu war die Verwendung medizinischer Fachsprache in den Beiträgen eher hinderlich für den Vertrauensaufbau. Ratsuchende bevorzugten nicht nur verständliche Alltagssprache, sie erhöhte auch deren Fähigkeit, die Richtigkeit der Informationen zu beurteilen. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Bewertung anderer Nutzerinnen und Nutzer, wie man sie vorwiegend bei Produktrezensionen im Onlineshopping kennt (z. B. “4 von 5 Sternen”), die Glaubwürdigkeit medizinischer Aussagen beeinflussen kann.
    Dass solche Mitläufer-Effekte bei der Beurteilung der Richtigkeit von Informationen jedoch irreführend sein können, reflektierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie kaum.
    Dr. Franziska M. Bhakta, ehemals Thon, Titel der Dissertation: "Establishing Trust in Online Health Communication: The Role of Privacy, Expertise, and Social Validation in Online Forums"

    Wem vertrauen Menschen, wenn sie nach Online-Gesundheitsinformationen suchen und welche Rolle spielt dabei die Sprache der Expert:innen, die diese Informationen im Netz anbieten?
    Das Internet ist als Rechercheweg für Gesundheitsinformationen beliebt. Hier können sich Menschen ohne viel Aufwand, anonym und unabhängig von Terminen in Praxen über gesundheitliche Probleme oder Gesundheitsthemen im Allgemeinen informieren. Dies geht häufig mit bedeutsamen Entscheidungen für die Gesundheit der Menschen einher. Menschen ohne medizinische Ausbildung können jedoch nur schwierig alleine beurteilen, ob die gelesenen Informationen tatsächlich richtig, vollständig und angemessen sind. Sie müssen entscheiden, auf wen und auf welche Informationen sie sich verlassen können. In mehreren experimentellen Untersuchungen haben wir untersucht, inwiefern der Sprachstil, mit dem die Expertinnen und Experten im Netz ihre Informationen anbieten, dabei eine Rolle spielt. Wir haben uns gefragt, ob es vertrauenswürdiger ist, wenn diese eine Sprache verwenden, die für die betreffende Online-Plattform auch typisch ist. Unsere Ergebnisse liefern Einblicke in die Rolle eines angemessenen Sprachgebrauchs für Foren-Beitrage und Videos über Ernährungsmythen: So ist die Verwendung von medizinisch-fachsprachlicher Sprache in Foren für Medizinerinnen und Mediziner vertrauenswürdiger als in Foren für Laien, wohingegen genau in solchen Laien-Foren, eine nicht medizinisch-fachliche Sprache vertrauenswürdiger wirkt. Auch auf anderen Plattformen wie YouTube und Moodle, wo Informationen auch in Videos und nicht nur in schriftlicher Form präsentiert werden, spielt es eine Rolle, ob die Sprache angemessen für die jeweilige Plattform und den Kontext ist. Zum Beispiel wurde es als angemessener erachtet, wenn die Expertin eine personalisierte und damit für YouTube-typische Sprache auf YouTube verwendete. Bei der Suche nach Online-Gesundheitsinformationen sollten wir uns daher auch über die sprachlichen Besonderheiten bestimmter Medien und Plattformen bewusstwerden, wenn wir entscheiden, wem und welchen Informationen wir im Internet vertrauen können.
    Dr. Maria Zimmermann, Titel der Dissertation: "Trust in Health Information Online—On the Role of Language Style and Context of Communication Online"

  • Sport

    Wie geht die Öffentlichkeit mit dopingverdächtigten SportlerInnen um? Ist das Vertrauen verspielt oder Rettung durch Kommunikation möglich?
    Doping ist ein zentrales Vertrauensrisiko im Sportbereich. Allein der Verdacht führt mitunter zu emotionalen Reaktionen: auf AthletInnenseite, aber auch auf ZuschauerInnenseite. Soziale Medien wie Twitter, Instagram oder Facebook ermöglichen und suggerieren hierbei eine direkte Verbindung zwischen AthlethInnen und Publikum. Schaut man besonders auf die Bereiche Vertrauen und Ruf, stellt sich die Frage, ob ein öffentlicher Dopingverdacht AthletInnen nachhaltig schadet oder ob sie durch Kommunikationsstrategien ihre Außendarstellung positiv beeinflussen können. Im Rahmen meiner Promotion habe ich herausgefunden, dass das Publikum vergleichsweise nachsichtig mit Rechtfertigung oder kompletter Ignoranz durch AthletInnen umgeht. Entschuldigungen oder Eingeständnisse schwächen eher den Ruf und das Vertrauen. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob das AthletInnen-Statement über eine journalistische Quelle oder über ein Soziales Medium wahrgenommen wird. Weiterhin spielt es keine Rolle, ob sich der Dopingverdacht in einer besonders dopingbehafteten Sportart ereignet hat. Vielmehr können AthletInnen Unterstützung generieren, indem sie ihr Verteidigungsstatement in einem sozialen Medium veröffentlichen, wie eine Analyse der Facebook-Reaktionen auf den Dopingverdacht gegen den spanischen Radrennfahrer Alberto Contador zeigte. Bezogen auf die Ausgangsfrage kann man fragen, ob die Öffentlichkeit überhaupt gewillt ist, hinter den Vorhang des Leistungssports zu schauen und dopingverdächtige SportlerInnen von ihrem Olymp zu stoßen – insbesondere dann, wenn es um „HeldInnen“ der eigenen Nation geht.
    Dr. Katharina Pöppel, Titel der Dissertation: Believe it or not: The effect of athlete's crisis communication on trustworthiness and reputation in case of doping allegations.

    Welche Rolle spielt Vertrauen bei der Nutzung von Fitness-Armbändern und -Apps?
    Das Wissen um getätigte Schritte am Tag oder geschlafene Stunden in der Nacht kann einen gesünderen Lebensstil fördern. Für die "digitale Selbstvermessung" liefern Fitness-Armbänder und dazu passende Apps  immer genauere Ergebnisse. Anhand von Vertrauensmodellen habe ich Einstellungen und Auswirkungen untersucht, die mit der Nutzung von Fitness-Armbändern in Verbindung stehen. Hierfür habe ich eine umfangreiche Studie durchgeführt, in deren Rahmen 150 Teilnehmende sechs Wochen lang ein Fitness-Armband nutzten und täglich über ihr Smartphone einen Fragebogen ausfüllten. Auch eine Online-Befragung von Nutzenden und Nicht-Nutzenden von Fitness-Armbändern und -Apps war Bestandteil meiner Forschung. Zu den Ergebnissen: Vertrauen in Technik allgemein oder in spezifische technische Funktionen waren bei Nutzenden von Fitness-Armbändern höher, als bei Nicht-Nutzenden. Während das allgemeine Technik-Vertrauen den Beginn der Nutzung begünstigt, verlängert die wahrgenommene Funktionalität die Dauer der Nutzung. Vertrauen, Nutzung und körperliche Aktivität stehen damit in Zusammenhang. Das ist eine wichtige Erkenntnis für die Sportpsychologie und für viele weitere Forschungsfragen interessant, denn viele gesundheitliche Probleme in der Bevölkerung, wie Übergewicht, Diabetes oder Haltungsschäden, gehen auf physische Inaktivität zurück. Ein weiteres Ergebnis: Auf das Vertrauen der Nutzenden in ihren eigenen Körper hatten die Fitness-Armbänder und Apps im Rahmen der Studie keinen Einfluss, das heißt die Nutzenden fühlten sich durch die ermittelten Daten weder sicherer noch unsicherer in Bezug auf ihr Körpervertrauen. Das Vertrauen in die Sicherheit ihrer körperbezogenen Daten schien bei der Nutzergruppe auch keine große Rolle zu spielen und tritt, wie bei vielen datenbezogenen Anwendungen, angesichts eines wahrgenommenen Nutzens in den Hintergrund.
    Dr. Lena Busch, Titel der Dissertation: Gesundheitsorientiertes Verhalten durch Selbstvermessung? Die Rolle von Vertrauen für die nachhaltige Nutzung von Fitness-Apps, 2019.