Mehr als 40 Personen aus Wissenschaft und Praxis tauschten sich zu den Herausforderungen rund um Missbrauchserfahrungen in kirchlichen Kontexten aus.
© Organisationsteam der Tagung

Engagierte Beiträge zu spirituellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt

Eine wissenschaftliche Theologie, die für die Realität des Missbrauchs sensibel ist, ist unverzichtbar. Auf Grundlage dieser Überzeugung fand vom 4. bis 6. August 2025 im Katholisch-Sozialen Institut in Siegburg eine interdisziplinäre Vernetzungstagung statt. Drei Wissenschaftlerinnen der Katholisch-Theologischen Fakultät gestalteten sie mit.

Ziel der Vernetzungstagung „Machtanmaßung – spiritueller Missbrauch – sexualisierte Gewalt. Den Herausforderungen begegnen und neue Wege denken“  war es, Wissenschaftler:innen in der Qualifikationsphase zu vernetzen und gemeinsam neue Perspektiven im Umgang mit den vielfältigen Herausforderungen rund um Missbrauchserfahrungen in kirchlichen Kontexten zu entwickeln. Insgesamt nahmen mehr als 40 Personen aus Wissenschaft und Praxis teil, die wechselseitig von den Perspektiven und Erfahrungen der jeweils anderen Berufsgruppe profitierten. 

Julia van der Linde, Juliana Osterholz und Julia Pape (v.l.n.r.) beteiligten sich an der Tagung.
© KTF | JO

Gemeinsam wurden in Gruppen- und Plenumsarbeit relevante Themen und offene Fragen herausgearbeitet. Dazu gehören unter anderem das Bedürfnis nach Handlungssicherheit in der Praxis, zu definierende Grenzen von Seelsorgebeziehungen und Ziele der eigenen Forschung. Sowohl herausfordernd als auch wichtig ist der reflektierte Umgang mit persönlicher Betroffenheit und der Tatsache, dass man sich angesichts eigener Macht und Interessen anfragen lassen muss. Ebenfalls diskutiert wurden die Bedeutung der Intentionalität von Täter:innen, ökumenische und interkulturelle Perspektiven und die Schwierigkeit - auch angesichts pluraler Realitäten in der Praxis - angemessene Definitionen zu finden.

 

 

Von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster nahmen Juliana Osterholz, Julia van der Linde und Julia Pape aktiv an der Tagung teil und brachten ihre Forschungsthemen in Vorträgen und Workshops ein:

> Juliana Osterholz leitete einen Workshop zur mentalen Gesundheit junger Wissenschaftler:innen im Kontext Gewaltforschung und hielt einen Vortrag zum Thema „Spiritueller Missbrauch in Geistlichen Gemeinschaften” aus einer systemischen Perspektive.
> Julia van der Linde beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit „Epistemischer Ungerechtigkeit im Kontext autobiographischer Erzählungen über Missbrauch“. Ihr Fokus lag dabei auf Missbrauchs- und Vergewaltigungsmythen, die dazu führen, dass vorhandene Konzepte von Missbrauch in der Praxis verengt verwendet und infolgedessen Handlungen nicht als Missbrauch oder Vergewaltigung verstanden oder anerkannt werden. Davon ausgehend machte sie auf die Relevanz von (theologischen) Gegennarrationen aufmerksam, die den Mythen und der damit zusammenhängenden verengten Begriffsverwendung entgegenwirken. 
Julia Pape setzte sich in ihrem Beitrag mit „Biblischen Legitimationen von Missbrauch“ und parallelen Motiven in christlicher Spiritualität wie wissenschaftlich-exegetischer Literatur auseinander und leitete daraus Präventionsansätze ab.

Die Tagung bot den Teilnehmenden vielfältige Gelegenheiten zum Austausch und zeigte eindrucksvoll, wie wichtig die theologische Auseinandersetzung mit verschiedenen Missbrauchsformen für die zukünftige kirchliche Praxis ist.

Da in diesem Bereich noch viel Forschungs-, Aufarbeitungs- und Präventionsarbeit zu leisten ist, wird es auch nach der Tagung weitergehen: Kurzfristig wird ein Verteiler eingerichtet, über den Veranstaltungen und Informationen zum Themenspektrum der Tagung versandt werden. Wer Interesse hat, in den Verteiler aufgenommen werden und/oder eigene Veranstaltungen sowie Material teilen will, kann sich unter vernetzung-msg@uni-regensburg.de melden. Neben der Veröffentlichung eines Sammelbandes mit den Beiträgen der Tagung ist außerdem eine Follow-Up-Tagung angedacht.