Wahl von Papst Leo XIV.

Regina Elsner zur Hoffnung auf einen proukrainischen Kurs des neuen Papstes und gefährliche Vereinnahmungsversuche durch die Russische Orthodoxe Kirche
Papst Leo XIV. am 18. Mai 2025 auf dem Petersplatz
© Emanuele Bertacchini

 Papst Leo XIV. und die Ökumene

Am frühen Abend des 8. Mai stieg weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle. Bereits im vierten Wahlgang – und damit überraschend schnell – hatten sich die 133 im Konklave versammelten Kardinäle mit großer Mehrheit auf einen neuen Papst geeinigt: Der 1955 in Chicago geborene Augustiner Robert Francis Prevost wurde zum Nachfolger Petri gewählt – als erster U.S.-Amerikaner und erstes Mitglied des Augustinerordens überhaupt, dem Orden übrigens, dem einst auch Martin Luther angehört hatte.

Seinen Papstnamen versteht Leo XIV. als bewusste Anknüpfung an Leo XIII. (Papst von 1878–1903), der als Verfasser der ersten Sozialenzyklika Rerum novarum (1891) als der Begründer der katholischen Soziallehre gilt. Aus ökumenischer Sicht war Leo XIII. allerdings eine ambivalente Gestalt: In seinem Apostolischen Schreiben Orientalium dignitas (1894) forderte er die Unterordnung der Ostkirchen unter den Papstprimat und in der Bulle Apostolicae curae (1896) sprach er den anglikanischen Weihen die Gültigkeit ab – ein Schritt, der bis heute das Verhältnis zur Anglikanischen Kirche belastet. Gleichzeitig erkannte er die Weihen der orientalischen und orthodoxen Kirchen ausdrücklich an.

Die Wahl und die ersten Schritte von Papst Leo XIV. werden in der Ökumenischen Theologie und in der Ostkirchenkunde natürlich mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Welche Akzente wird er setzen? Wie wird er das Verhältnis zu anderen Kirchen gestalten? Sein bischöflicher Wahlspruch „In illo Uno unum“ („In dem Einen sind wir eins“) – ein Zitat aus einer Predigt des heiligen Augustinus – betont die Einheit in Christus und kann auch als ökumenisches Programm verstanden werden. In seiner Ansprache an Vertreter anderer Kirchen, kirchlicher Gemeinschaften und Religionen am 19. Mai 2025 griff Leo XIV. diese Dimension ausdrücklich auf.

© KTF | Peter Leßmann

Regina Elsner zur Bedeutung der Papstwahl für die Ukraine

Am Lehrstuhl für Ostkirchenkunde und Friedensforschung des Ökumenischen Instituts steht insbesondere die Rolle des Vatikans gegenüber den Ostkirchen sowie zu Fragen von Krieg und Frieden im Fokus. Nach der Wahl Robert Prevosts wurde Prof. Dr. Regina Elsner in mehreren Medien zu den Erwartungen an den neuen Papst befragt. Die Hoffnung, dass er neue Akzente setzen und sich klar vom Kurs seines Vorgängers absetzen könnte, ist groß – insbesondere im Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Elsner betont, dass Papst Leo XIV. durch seine Betonung von Gerechtigkeit und mit der Forderung nach einer Entwaffnung von Sprache sowie seine klare Einordnung des Krieges als imperialistischer Angriffskrieg die Potentiale der vatikanischen Diplomatie für eine eindeutige Solidarisierung mit den Angegriffenen aufzeigt. Der Heilige Stuhl könne wirksam für Frieden eintreten, wenn er sich nicht von der anti-liberalen Agenda der russischen Politik und Kirche vereinnahmen lässt, sondern den Weg der Gerechtigkeit und ideologischen Abrüstung fortsetzt. Das Angebot des Vatikans, als Ort möglicher Verhandlungen zwischen Moskau und Kyjiw zu dienen, sah sie eher skeptisch. Zwar verfüge der Heilige Stuhl völkerrechtlich über Neutralität, doch sei dessen moralische Autorität in diesem Krieg umstritten. In der Glückwunschbotschaft von Patriarch Kirill etwa schwang bereits die Erwartung einer gemeinsamen Front gegen den liberalen Westen mit: Statt auf den „Arbeiterpapst“ Leo XIII. verwies er in seinem Schreiben auf Papst Leo den Großen (Papst von 440–461) als einem Verteidiger des Christentums gegen vermeintliche Barbaren. Unabhängig davon, ob zukünftige Vermittlungen im Vatikan selbst oder lediglich mit der Unterstützung des Heiligen Stuhls stattfinden, wird Russland jede Gelegenheit zur Instrumentalisierung nutzen.

Die Meldung wurde um einen am 27. Mai 2025 auf katholisch.de veröffentlichten Kommentar von Regina Elsner zu den Aussichten vatikanischer Vermittlungsbemühungen für die Ukraine ergänzt.