Im Gespräch mit… Alexander Brosch (M.A.)
Wer sind Sie und was ist Ihre Rolle in der Kooperation mit der National Taiwan Normal University?
Ich heiße Alexander Brosch und bin Studienfachberater am Institut für Sinologie und Ostasienkunde der Universität Münster. Bei mir laufen die bestehenden Kooperationen des Fachbereichs 09 Philologie nach Taiwan zusammen – ich betreue den Austausch, berate Studierende und halte den Kontakt zu unseren Partneruniversitäten. Gleichzeitig lehre ich regelmäßig Klassisches Chinesisch, was auch eine Verbindung zum Sprach-, Geschichts- und Literaturschwerpunkt der NTNU darstellt.
Wie kam die Kooperation mit der National Taiwan Normal University ursprünglich zustande?
Der Ursprung liegt schon länger zurück. Prof. Dr. Reinhard Emmerich und Prof. Dr. Chen Deng-wu von der NTNU hatten sich überschneidende Forschungsinteressen in der chinesischen Rechtsgeschichte. Daraus entstanden über die Zeit nicht nur gemeinsame Sammelbände, sondern auch die Idee einer festen Kooperation. Seitdem wurde die Zusammenarbeit kontinuierlich ausgebaut – auf Institutsebene, im Fachbereich Philologie und auf Hochschulebene, sodass nun Studierende aller Fächer zum Austauschstudium an die NTNU gehen können und auf Fachbereichsebene über ein Faculty Exchange Agreement auch Austausch von Mitarbeitenden möglich ist.
Was ist das Besondere an der National Taiwan Normal University?
Die NTNU ist schlicht eine der besten Adressen, wenn es um den Spracherwerb geht. Das Mandarin Training Center dort genießt weltweit einen exzellenten Ruf. Wer nach Taiwan geht, hat die Chance, in kleinen Gruppen von sechs bis sieben Personen zu lernen – ein enormes Privileg. Viele unserer Studierenden berichten begeistert, dass sie dort in kurzer Zeit einen großen Sprung machen – von B1 zu B2 oder C1. Das lässt sich in Deutschland kaum erreichen. Und dann gibt es noch die Besonderheit, dass in Taiwan weiterhin Klassisches Chinesisch gelehrt wird. In China ist das nicht mehr der Fall. Manche Masterstudierenden, die nur in China waren, stellen in meinen Kursen dann überrascht fest, dass die klassischen Langzeichen ihnen plötzlich wieder fremd sind. In Taiwan hat man diese Basis automatisch.
Wie funktioniert der Austausch konkret?
Ganz unkompliziert: Wir bekommen vom College of Liberal Arts und dem Department of Chinese as a Second Language jedes Jahr Plätze zugeteilt. Studierende bewerben sich auf diese über das Institut für Sinologie und Ostasienkunde und werden im nächsten Schritt von uns nominiert. Anschließend folgt eine zweite Bewerbung an der NTNU, die nach erfolgter Nominierung jedoch nur Formsache ist. Die Hürden sind niedrig – in manchen Semestern werden die Plätze gar nicht voll ausgeschöpft.
Warum ist die Kooperation mit taiwanischen Universitäten so relevant? Die Verbindung nach Taiwan ist für uns momentan relevanter als Kooperationen mit Universitäten der Volksrepublik China. Dort gibt es das CSC-Stipendium – ein Programm, bei dem man sich die Uni fast frei aussuchen kann. Für China braucht es daher nicht zwingend festen Partnerschaften für den Studierendenaustausch, wobei wir diese durchaus auch pflegen. In Taiwan ist das aber anders: Die Kooperationen sind die Grundlage für nachhaltige akademische Beziehungen, und wir sehen, dass sie langfristig Früchte tragen.
Außerdem sind die Erfahrungen vor Ort sehr positiv. Die NTNU ist unglaublich gastfreundlich – Lehrende kümmern sich intensiv um Austauschstudierende, es werden Ausflüge organisiert, und wir bekommen immer wieder Bilder und Berichte, wie gut die Integration funktioniert. Viele Studierende gehen sogar zweimal: erst im Bachelor und dann noch einmal im Master.
Welche Meilensteine oder besonderen Momente sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
Ein wichtiger Moment war sicher, dass Prof. Dr. Chen Deng-wu durch eine von Prof. Dr. Kerstin Storm eingeworbene Förderung über das DAAD-Gastdozentenprogramm für ein Jahr nach Münster kommen konnte. Das war im Sommersemester 2024 und im Wintersemester 2024/2025 eine große Bereicherung für unser Institut. Gleichzeitig konnten wir immer wieder sehen, dass die NTNU auch in schwierigen Zeiten – etwa während der Corona-Pandemie – ein verlässlicher Partner bleibt. Studierende durften damals ihre Austauschplätze über mehrere Semester aufschieben, was sehr großzügig war.
Gibt es auch Herausforderungen?
Natürlich. Zum Beispiel die unterschiedlichen Semesterzeiten, die Stipendienbewerbungen oft kompliziert machen. Besonders beim Huayu Enrichment Scholarship müssen sich die Studierenden ein Jahr im Voraus bewerben – das erfordert viel Planung. Aber auch Sprachbarrieren oder unterschiedliche Kommunikationswege können manchmal Stolpersteine sein. Wichtig ist, dranzubleiben, im Zweifel einfach anzurufen und den persönlichen Kontakt zu pflegen.
Welche Perspektiven sehen Sie für die Zukunft?
Auf studentischer Ebene wird die Kooperation definitiv weiterlaufen – das ist genau das, was wir brauchen. Auf Forschungsebene entstehen ebenfalls immer wieder neue Projekte. Und wer weiß: Vielleicht entwickelt sich über das Asienzentrum sogar einmal ein Studiengang mit Taiwan-Bezug.
Was würden Sie anderen empfehlen, die selbst eine internationale Kooperation aufbauen möchten?
Man braucht einen ersten Kontakt vor Ort, jemanden, auf den man sich verlassen kann. Außerdem hilft es, flexibel und kulant zu sein – sei es bei organisatorischen Fragen oder im Umgang mit Studierenden. Und man sollte die Studierenden selbst in die Verantwortung nehmen: Sie können vor Ort Netzwerke pflegen und so die Verbindung lebendig halten.
Und zuletzt: Ich habe Interesse an einem Aufenthalt an der NTNU, was kann ich tun?
Am besten frühzeitig planen und direkt ins Gespräch kommen, also bei mir oder bei der Fachschaft nachfragen. Dafür kann man sich auch einfach bei uns in die Institutsküche setzen – früher oder später kommen sicherlich Studierende vorbei, die schon an der NTNU waren. Ansonsten haben wir auch immer eine Sprachassistentin aus Taiwan hier vor Ort, die tolle erste Kontakte vermitteln kann und sich über den Austausch mit Studierenden freut.
Natürlich gibt es auch auf unserer Institutswebsite einen Bereich „Internationales“ mit allen Infos und in unserem Newsletter finden sich regelmäßig Erfahrungsberichte von Studierenden. Ansonsten ist die englische Website der NTNU auch wirklich sehr gut.
Ich möchte mich bei Alexander Brosch für das aufschlussreiche und herzliche Gespräch bedanken.