„Ökumene kann nur durch ein Konzil beflügelt werden“

Evangelischer Theologe Prof. Dr. Hans-Peter Großhans zur bevorstehenden Papstwahl

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Prof. Dr. Hans-Peter Großhans

Die Ökumene zwischen der katholischen und evangelischen Kirche wird mit großer Wahrscheinlichkeit keinen neuen Aufwind durch die Wahl des neuen Papstes bekommen. „Wirkliche Veränderungen wären nur durch ein neues Konzil der katholischen Kirche denkbar“, betont der Direktor des Instituts für ökumenische Theologie der Evangelisch-Theologischen Fakultät an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), Prof. Dr. Hans-Peter Großhans, der auch dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ angehört. Nach Jahren einer langen „Auswertungsphase“ des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) mit vielseitigen innerkirchlichen Annäherungen sei ein neues Konzil „sicher wünschenswert“, um beispielsweise gemeinsame Eucharistiefeiern von evangelischen und katholischen Christen zu ermöglichen. „Vom neuen Papst kann dazu die Initiative ausgehen“, sagte Prof. Großhans.

Einen Stillstand oder gar Rückschritte in der Ökumene durch den scheidenden Papst Benedikt XVI., wie er von Christen in Deutschland bisweilen beklagt wird, sieht der Theologe allerdings nicht. „Was Benedikt XVI. geschrieben hat, ist sicher nicht modern, aber doch enthalten seine Schriften einige interessante Anknüpfungspunkte für eine Vertiefung der Ökumene.“ Der Experte verweist unter anderem auf eine ganze Reihe von Formulierungen und Ideen in den Enzykliken des Papstes oder in seinen Reden beim Deutschland-Besuch 2011, die sich ähnlich bei Martin Luther finden. Trotz bleibender Differenzen der Kirchen kommt darin für den evangelischen Ökumeneexperten eine grundsätzliche Übereinstimmung evangelischer und katholischer Theologie in den zentralen Fragen des Glaubens zum Ausdruck.

Der evangelische Theologe, der auch im bekannten Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen aktiv ist, wünscht sich durch die Papstwahl eine Stärkung der liberalen und weltoffenen Seiten der katholischen Kirche, sieht aber auch die Verantwortung seiner eigenen evangelischen Kirche auf dem Weg der Ökumene. „Die evangelischen Kirchen sollten ihr Profil stärker nach außen tragen und offensiver ihre Stärken und ihre Modernität – die beispielsweise in der Rolle der Frau in der Kirche zum Ausdruck kommt – darstellen. So unterstützen sie die ökumenisch interessierten Katholiken am besten.“ (upm)