„Kosmokratie" bezeichnet in der christlichen wie in der sog. paganen Antike das Bild von einem Weltenherrscher. Die Ikonographie von Christus als Kosmokrator gehört zu den eindrücklichen „Christusbildern" der Kultur- und Theologiegeschichte. Die Wurzeln der antik-christlichen Kosmokratievorstellungen liegen in den frühchristlichen Quellen, genauer: in den neutestamentlichen Schriften. Auch jenseits der Lexik (κοσμοκράτωρ/παντοκράτωρ) ist hier der Motivbereich kosmokratischer Vorstellungen, die mit der Christus-Gestalt verbunden werden, vielfältig präsent. Das KoPaC-Projekt sucht den neutestamentlichen Motivbereich umfassend zu beschreiben und in seinem zeitgeschichtlichen Kontext (Hellenismus und Prinzipat) auszuwerten. Folgende Forschungsfragen sind relevant:
- Mit welcher Funktion übertragen die frühchristlichen Texte kosmokratische Herrschaftsvorstellungen auf Christus?
- In welchen Texttypen werden die kosmokratischen Herrschaftsvorstellungen geprägt - welche religions- und sozialgeschichtlichen Hintergründe werden erkennbar?
- Welche Wirkung geht von der literarischen Inszenierung von Kosmokratie - im Unterschied zur figürlichen Darstellung (z.B. auf Münzen oder Gemmen) - aus?
- Sind „Kosmokratie" und „Pantokratie" konzeptionell zu unterscheiden?
- Welche Bedeutung hat die Kyrios-Lexik bei der Gestaltung von Kosmokratievorstellungen seit hellenistischer Zeit?
- Welche Wirkung haben die Vorstellungen von Christus als Kosmokrator auf die Entwicklung des christologischen Denkens einerseits und auf die Machtinszenierung römischer Kaiser in der Spätantike andererseits?
- Prägen die frühchristlichen Herrschaftsvorstellungen das Selbstverständnis (identity formation) des (antiken) Christentums als „anti-imperiale" Bewegung?
- In welcher Weise tritt der frühchristliche Vorstellungsbereich der Kosmokratie in den imperialen Machtdiskurs - im Spannungsfeld von Religion und Politik - ein?
Das KoPaC-Projekt soll den Motivbereich der Kosmokratie und seine übertragung auf die Christus-Gestalt im frühen Christentum lexikalisch und semantisch inventarisieren, traditionsgeschichtlich herleiten, religions- und motivgeschichtlich einordnen, ideengeschichtlich beschreiben und wirkungsgeschichtlich weiterverfolgen.