Verena Wecker

PhD student at the Graduate School Empirical and Applied Linguistics from WiSe 2009/2010 to WiSe 2014/2015

Employee at the German Institute, University of Münster: /Germanistik/Lehrende/wecker_v/

 

Dissertation

Der Erwerb des deutschen Numerussystems durch Grundschulkinder mit türkischer und russischer Ausgangssprache

Das deutsche Numerussystem ist aus zwei Gründen komplex und damit schwer zu erlernen. Zum einen gibt es mehrere Möglichkeiten der Pluralbildung, womit das Verhältnis zwischen (grammatischer) Form und (semantischer) Funktion einer Viele-zu-Eins-Relation entspricht, zum anderen ist die Zuweisung der Pluralflexive zu den Nomen oft intransparent, da die linguistisch ermittelbaren Regularitäten meist nur tendenzielle Gültigkeit aufweisen.
In diesem Dissertationsvorhaben wird untersucht, wie das deutsche Numerussystem von Grundschulkindern mit den Ausgangssprachen Russisch und Türkisch, die Deutsch als Zweitsprache lernen, erworben wird. Wie gehen die Kinder vor, um vor dem Hintergrund multipler, komplexer Regularitäten die zielsprachliche Pluralmarkierung aus den verschiedenen Optionen auszuwählen? Welche Kriterien oder Faktoren dienen ihnen dabei zur Orientierung? Verwenden sie bestimmte Pluralmarkierungen präferiert, während andere dispräferiert werden? In welchen Schritten erfolgt die Annäherung an das Zielsystem? Mit den Ausgangssprachen Russisch und Türkisch wurden Sprachen gewählt, die verschiedenen Sprachtypen angehören: Das Türkische ist eine agglutinierende Sprache, während das Russische wie auch das Deutsche zu den flektierenden Sprachen gezählt wird. Hat der unterschiedliche ausgangssprachliche Hintergrund der Kinder einen Einfluss auf den Erwerbsverlauf?
Die ProbandInnen dieser Untersuchung sind etwa 30 Grundschulkinder mit türkischer und russischer Ausgangssprache. Nach der Erhebung des Sprachstandes mittels C-Test und Profilanalyse werden die ProbandInnen nach den Kriterien Erstsprache und Sprachstand in der Zielsprache Deutsch (hoch - mittel - niedrig) in sechs Gruppen unterteilt. Fünf weitere Kinder, die monolingual deutsch aufgewachsen sind, bilden die Kontrollgruppe. Innerhalb eines Schulhalbjahres wird mit allen ProbandInnen dreimal im Abstand von etwa zwei Monaten ein Test zur Elizitierung von Pluralformen durchgeführt. Zusätzlich wird ein Beurteilungstest durchgeführt, in dem die Kinder zu zweit aus einer Auswahl von je drei Pluralformen zu einer gegebenen Singularform die beste auswählen sollen. In einem
offline Entscheidungstest schließlich sollen die Kinder entscheiden, ob eine gegebene Wortform eine Plural- oder Singularform darstellt. Bei allen Tests wird mit Kunstwörtern gearbeitet.
Mit dieser Untersuchung soll ein Beitrag zur aktuellen Diskussion um den Erwerb und die Repräsentation flexionsmorphologischen Wissens geleistet werden.