© C. Stein

Frühe Erde - Magmaozean

In einer frühen Phase der Erdentstehung (vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren) kollidierte die Erde mit zahlreichen planetaren Körpern, die teilweise die Größe des heutigen Mars erreichten. Diese Kollisionen führten zu großflächigen Aufschmelzungen (Magmaozeane) auf der Erde. Diese erstreckten sich teilweise über die gesamte Erdoberfläche und erreichten Tiefen von einigen hundert Kilometern.
  • Kristallisation des Magmaozeans

    Wir untersuchen, wie diese Magmaozeane abkühlen und wieder kristallisieren. Eine wichtige Frage ist zum Beispiel, ob die entstehenden Gesteinskristalle (Silikate) von der Strömung mitgerissen werden (sogenannte Gleichgewichtskristallisation) oder ob sie sich absetzen können (fraktionierte Kristallisation). Eine fraktionierte Kristallisation würde dazu führen, dass nach der vollständigen Erstarrung des Magmaozeans Gesteinsschichten mit unterschiedlicher Zusammensetzung im Mantel vorhanden wären, was einen großen Einfluss auf die weitere Konvektion im Mantel hätte.

  • Dynamik des Magmaozeans (Silikatkristalle)

    Zur Zeit der Magmaozeane rotierte die Erde sehr viel schneller als heute und benötigte für eine vollständige Umdrehung nur ca. fünf Stunden, während sie heute ca. 24 Stunden für einen vollständigen Umlauf benötigt.

    Wir untersuchen den Einfluss der Erdrotation auf die Dynamik von Gesteinskristallen (Silikate) mithilfe von Computerexperimenten in einer rotierenden Kugelschale. Aus unseren Ergebnisse lässt sich ableiten, dass durch die schnelle Erdrotation großskalige chemische Anomalien im unteren Erdmantel entstehen könnten (Maas & Hansen, 2019), welche auch heutzutage noch durch Seismologen beobachtet werden.

    Simulationsergebnisse zum Einfluss der Rotationsstärke. Ohne Rotation (links) sind Kristalle (grün) überall im Magmaozean, während sie mit Rotation, abhängig von der Stärke der Rotation (Mitte: langsam, rechts: schnell), in bestimmten Bereichen zu Boden sinken. Die Farben auf der rechten Seite symbolisieren jeweils die Temperaturen im Magmaozean (blau: kalt; rot: heiß). Die Rotationsachse der Erde liegt in z-Richtung des Koordinatensystems.
    © C. Maas

    Weitere Publikationen:

    Maas & Hansen (2015), Möller & Hansen (2013), Höink et al. (2006)

  • Dynamik des Magmaozeans (Eisentropfen)

    Nach der Bildung des Erdkerns brachten Einschläge von kleineren planetaren Körpern zusätzliches Metall in den Magmaozean. Dabei ist unklar, wie viel von diesem Material in den Erdkern eingetragen wurde bzw. im Erdmantel zurückblieb. Aus diesem Grund untersuchen wir die Verteilung von Eisentropfen in einem Magmaozean mithilfe von Computerexperimenten.

    Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die Verteilung und das Sinkverhalten der Metalltropfen im Magmaozean je nach Einschlagsort der planetaren Körper unterscheiden (Maas et al., 2021).

    Simulation der Verteilung von Metalltropfen nach dem Einschlag eines Protoplaneten mit einem Durchmesser von 750 Kilometern auf die frühe Erde. Schwarz dargestellt ist die Verteilung der aus dem Einschlagskörper stammenden Metalltropfen im Magmaozean nach dem Einschlag. Links: Einschlag am Nordpol; Mitte: Einschlag 45 Grad geographische Breite; rechts: Einschlag am Äquator. Die Farben symbolisieren die Temperaturen im Magmaozean (blau: kalt; rot: heiß). Die Rotationsachse der Erde liegt in z-Richtung des Koordinatensystems.
    © C. Maas

    Zeitungsartikel: https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=11916

    Video: https://video.uni-muenster.de/de/mp4/750_km_impactor.mp4

Mantelkonvektion

Der Erdmantel bildet die Gesteinschicht zwischen den Oberflächenplatten und dem Erdkern. Auf geologischen Zeitskalen (Milliarden von Jahre) ist das feste Material verformbar, so dass Konvektion stattfinden kann.
 
  • Schichtbildung

    Planetare Mäntel sind gekennzeichnet durch doppelt-diffusive Konvektion. Es existiert ein Temperaturgefälle zwischen dem Kern und der Planetenoberfläche. Desweiteren kann man davon ausgehen, dass das Gesteinsmaterial des Mantels nicht gleichmäßig verteilt ist. Somit stellt sich ein anderes Strömungsverhalten als bei rein thermisch getriebener Konvektion ein.

    Ein wichtiger Prozess, der entstehen kann, ist selbstorganisierte Schichtbildung. Diese ist zwar im Bereich der Ozeane gut verstanden, aber für ein System wie den Erdmantel, mit seinen besonderen und auch extremen Eigenschaften, ist dies noch sehr wenig erforscht.

  • Strukturen an der Kern-Mantel-Grenze

    Die Kern-Mantel-Grenze (CMB) stellt die untere Grenzschicht des Erdmantels dar und ist strukturell sehr komplex mit thermischen Aufströmen (Plumes), thermochemischen Hügeln (Piles, LLSVPs) und absinkenden (subduzierenden) Platten von der Erdoberfläche.

    Unsere thermochemischen Mantelkonvektionsmodelle zeigen, dass das Vorhandensein von dichtem Material oberhalb der CMB im Allgemeinen die Mobilität der Oberflächenplatten reduziert (Trim et al., 2014, Stein et al., 2020) , dass aber während der Plattenbewegung eine Vielzahl von Plumeklassen (z.B. linienartige Aufströme, Plumecluster) sowie thermochemische Hügel und subduzierte Platten auftreten und somit eine komplexe Struktur an der CMB hinterlassen (Stein et al., 2020).

    (a) Schema diverser Strukturen an der Kern-Mantel-Grenze, (b) Ergebnis einer Konvektionssimulation (rot: heiße Aufströme, blau: kalte, subduzierte Platten).
    © C. Stein
  • Kern-Mantel-Interaktion

    Von Seismologen beobachtete Strukturen an der Kern-Mantel-Grenze (CMB) haben möglicherweise eine höhere Dichte als ihre Umgebung. Diese Strukturen könnten laut geochemischer Analysen auf das Vorhandensein von Kernmaterial im Mantel hindeuten.

    Wir untersuchen daher Kern-Mantel-Wechselwirkung als eine mögliche Ursache. Unsere Simulationen zeigen, dass das Eindringen von eisenreichem Material in den Mantel an die konvektive Mantelströmung gekoppelt ist. Es bilden sich langlebige Ansammlungen (Piles) von dichtem Material (Stein and Hansen, 2023). 

    Simulation der zeitlichen Entwicklung von Temperatur (links) und des chemischen Feldes (rechts). Aufgrund der Kern-Mantel-Kopplung bildet sich anfänglich eine eisenreiche Schicht (rot im chemischen Feld bei 0 Milliarden Jahren). Diese wird aufgrund der Mantelkonvektion (blau: kalte Abströme, rot: heiße Aufströme im Temperaturfeld bei 3.84 Milliarden Jahren) zu heißen, eisenreichen Hügeln verformt.
    © C. Stein

Plattentektonik

Die Plattentektonik stellt die Ausprägung der Mantelkonvektion an der Erdoberfläche dar. Dabei bewegen sich die Erdplatten mit einigen Zentimetern pro Jahr, werden an Mittelozeanischen Rücken erzeugt und sinken an Subduktionszonen wieder ins Erdinnere. An den Plattengrenzen zeigen sich eine Vielzahl geologischer Beobachtungen, wie Vulkanausbrüche und Erdbeben.
  • Bildung plattenähnlichen Verhaltens

    Ein seit langem bestehendes Problem in der Geodynamik ist die Einbindung von Oberflächenplatten in Mantelkonvektionsmodelle. Platten wurden oft vom Modellierer vorgeschrieben (Stein & Lowman, 2010), aber nur durch die Verwendung einer komplexen Rheologie (variablen Viskosität) bilden sich Platten als natürliche Ursache der Mantelströmung.

    Unsere Modelle zeigen, dass eine temperaturabhängige Viskosität zu einer festen, unbeweglichen Oberfläche (Stagnant Lid) über dem konvektiven Mantel führt. Während dieses Szenario für den Mars oder den Mond geeignet ist, können die sich bewegenden Platten und Plattengrenzen, wie sie auf der Erde zu beobachten sind, nicht erklärt werden. Dies wird erreicht, indem man zusätzlich eine Spannungsabhängigkeit der Viskosität berücksichtigt. Wenn die Spannungen in der konvektiven Strömung hoch sind, kommt es zu Verformung des Stagnant Lids, was zu subduktionsähnlichen Ereignissen führt. Der Prozess läuft jedoch episodisch ab, was eher der Venus als der Erde ähnelt. Eine kontinuierliche Oberflächenbewegung erhält man durch die zusätzliche Berücksichtigung einer druckabhängigen Viskosität (Trompert & Hansen, 1998, Stein et al., 2004).

    Zeitliche Abfolge einer plattentektonischen Episode dargestellt anhand der modellierten Temperatur (rot: heiß, blau: kalt). (a) Der anfängliche Stagnant Lid (blau) oberhalb der konvektiven Strömung bricht auf sobald ein heißer Aufstrom (Plume) die Oberfläche erreicht (vordere Ecke in b). Die Platte (grauer Bereich in b+c) bewegt sich vom Plume weg und sinkt ins Innere. (d) Sobald die gesamte Platte abgesunken ist, kommt die Subduktion zum Erliegen und (e) es bildet sich wieder ein Stagnant Lid. (f) Eine starke Temperaturabhängigkeit der Viskosität führt zur Bildung des Stagnant Lids, der aufgebrochen werden kann, indem die Spannungsabhängigkeit der Viskosität erhöht wird.
    © C. Stein
  • Zeitliche Entwicklung der Plattentektonik

    Wir verwenden Computermodelle, um den Einfluss dichter Strukturen im tiefen Erdmantel auf die Entwicklung der Plattentektonik zu untersuchen. Solche Strukturen aus dichtem, eisen-reichen Material haben einen stabilisierenden Einfluss auf die Strömung im Erdmantel (Trim et al., 2014).

    Unsere Modelle zeigen, dass das Vorhandensein von dichtem Material die tektonische Entwicklung verzögert.  Der mobile Zustand ähnlich der heutigen Plattentektonik wird später erreicht. Er entwickelt sich nach dem Durchlaufen verschiedener Phasen: beginnend von einer unbeweglichen Oberflächen über episodische Mobilisierungen der Oberfläche (Kreielkamp et al. 2022).

    Zeitliche Entwicklung der Oberflächenbewegung für einen Fall mit und einen Fall ohne dichtes Material. Zusätzlich werden die Temperatur und die chemische Zusammensetzung für die verschiedenen Phasen des Modells mit dichtem Material gezeigt.
    © P. Kreielkamp
  • Strukturen an der Oberfläche in der Mongolei

    Die Zentralmongolei ist durch eine Hebung der Erdoberfläche gekennzeichnet, liegt aber weit von Plattengrenzen entfernt. Die Deformation der Oberfläche innerhalb einer Erdplatte ist rätselhaft.

    Wir verwenden thermomechanische Computermodelle unter Einbeziehung der verfügbaren Beobachtungsdaten. Aufgrund eines Dichtesprungs, der nach geologischen Annahmen in einer verdickten Erdkruste wie in der Mongolei auftritt, kommt es zu einer dynamischen Ablösung der unteren Kruste (Delamination) (Stein et al., 2022), die zu einer Hebung der Erdoberfläche innerhalb der Platte führt, da das darunter liegende Mantelmaterial aufsteigt (Comeau et al., 2021).

    (a) Karte der Mongolei mit dem erhöhten Plateau in der Hangai-Region, (b) Schema zur Veranschaulichung der heutigen Konfiguration, in der ein heißer Aufstrom die Hebung der Oberfläche unterstützt, (c+d) modellierte Temperaturfelder (rot: heiß, blau: kalt), die die Bildung eines Auftstroms zeigen, der zu einer erhöhten Oberflächen-Topographie führt.
    © M. Comeau, C. Stein

     Video

Planetare Körper

Planeten und Monde unterscheiden sich in ihrer Größe und Struktur von der Erde. Während terrestrische Planeten zwar eine ähnliche Zusammensetzung wie die Erde aufweisen, führt die Mantelkonvektion dennoch zu einer anderen Struktur an der Oberfläche. Gasplaneten und Eismonde haben eine andere Zusammensetzung, sind aber trotzdem durch konvektive Strömung geprägt.
  • Topographie an der Oberfäche mit modelliertem Temperaturfeld (rot: heiß, blau: kalt) zu verschiedenen Phasen der Mantelkonvektion. Eine negative Topographie korreliert mit absinkenden Strukturen (s. Pfeile).
    © C. Stein

    Terrestrische Planeten (Mars, Venus)

    Die Plattentektonik der Erde scheint ein einzigartiges Phänomen unter den terrestrischen Planeten zu sein. Während auf der Erde die äußere Schale in einzelne Platten aufgeteilt ist, die sich relativ zueinander bewegen, sind die Oberflächen von Mars, Merkur und dem Mond durch eine unbewegliche Platte (Stagnant Lid) charakterisiert. Im Gegensatz zu den sich ständig bewegenden Platten der Erde geht man davon aus, dass es auf der Venus zu globalen Erneuerung der Oberfläche gekommen ist. Dies bedeutet, dass Phasen der Stagnant Lid Konvektion durch gelegentliche Mobilisierungen der Oberfäche unterbrochen werden.

    Eine weitere Besonderheit der Venus ist die Topographie, die durch Hochland- und Tieflandregionen in Verbindung mit kleineren kraterähnlichen Strukturen (Coronae) gekennzeichnet ist. Bei den Hochländern handelt es sich um große plateauartige Erhebungen, die mit Mantelaufströmen verbunden sind. Die Coronae scheinen sich in der Nähe der Hochlandregion zu konzentrieren und könnten entweder kleine Plumes tief im Mantel oder Instabilitäten sein, die sich von der Oberfläche lösen. Unsere Computermodelle deuten darauf hin, dass die letztere Annahme wahrscheinlicher ist (Stein et al., 2010).

    Weitere Publikationen: Stein et al. (2004), Loddoch et al. (2006)

  • Supererden

    Dank der Fortschritte bei den astronomischen Beobachtungen wird die Liste der entdeckten extrasolaren Planeten, die ihren Mutterstern umkreisen, immer länger. Meistens haben diese neu entdeckten Exoplaneten Massen, die mit denen des Jupiters vergleichbar sind, aber auch die Zahl der Planeten mit Massen, die denen der Erde nahe kommen, nimmt zu. Man geht davon aus, dass diese Supererden eine erdähnliche innere Struktur haben und könnten daher erdähnliches Oberflächenverhalten aufweisen. Computermodelle eignen sich gut für eine systematische Analyse der verschiedenen Parameter, die mit der Planetenmasse skalieren.

    Weiterführende Publikationen: Stein et al. (2011), Stein et al. (2013)

  • Eismonde

    In den Eismonden des äußeren Sonnensystems könnten Ozeane unter der Oberfläche vorherrschen. Schwerkraftmessungen und Oberflächenmerkmale deuten darauf hin, dass die eisigen Hüllen vom Inneren entkoppelt sind. Direkte Aufnahmen von aufströmenden Material (Plumes) auf Enceladus durch Cassini und auf Europa durch das Hubble-Weltraumteleskop sowie Magnetfeld- und Plasmawellenbeobachtungen durch Galileo deuten auf Wasserquellen im Untergrund hin. Diese Ozeane unterhalb der Oberfläche sind mit ziemlicher Sicherheit bis zu einem gewissen Grad salzhaltig, was die Möglichkeit einer Schichtung durch den Prozess der doppelt-diffusiven Konvektion gibt.

    Wir wollen die Frage beantworten, ob Konvektion und möglicherweise Plattentektonik auf den Eismonden möglich sind, ob der Transport durch den Ozean effizient ist und wie die Ozeanzirkulation mit den Beobachtungen an der Oberfläche in Verbindung gebracht werden kann (Wong et al., 2022).

Ozeandynamik

  • Salzfinger

    in Bearbeitung