

Europäischer Forschungsrat zeichnet Thorsten Quandt mit Advanced Grant aus
(18.06.2025) Prof. Dr. Thorsten Quandt erhält einen mit 2,5 Millionen Euro dotierten „ERC Advanced Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC). Mit dieser Förderung wird er in den kommenden fünf Jahren erforschen, wie bestimmte Online-Communities, die vornehmlich aus jungen Männern bestehen, zu gefährlichen Milieus werden. Insgesamt erhielten in einem zweistufigen Auswahlverfahren mit über 2.500 Bewerbungen aller Disziplinen nun 281 Wissenschaftler*innen einen der begehrten Advanced Grants, darunter 35 aus Deutschland.
Die Online-Welt von jugendlichen Nerds galt lange als Zufluchtsort für Fans digitaler Spiele, Science-Fiction und Fantasy-Filmen oder Comics. Seit einiger Zeit lassen sich in diesen Sphären Radikalisierungsprozesse und das Entstehen „dunkler Communities“ beobachten, die menschenverachtende Ideologien, Frauenfeindlichkeit und extremistische Ansichten verbreiten. Ein Beispiel ist die sexistische „Incel“-Bewegung, deren Vertreter einem archaischen Geschlechterverständnis anhängen, sich als unfreiwillig zölibatär lebend betrachten (Incel = Involuntary Celibates) – und daraus Hass auf Frauen entwickeln. „Wir möchten erforschen, wie solche toxischen Milieus im Internet entstehen. Welche Prozesse stecken dahinter, wer ist daran beteiligt, welche Rolle spielen gezielte Manipulationen von Dritten?“, umreißt Thorsten Quandt sein Forschungsvorhaben. Gerade junge Männer, die zu Gewalttätern werden, würden oft als Einzelfälle betrachtet, was die Bedeutung der Online-Communities vernachlässige. „Bislang hat man vor allem auf die Spitze des Eisbergs geschaut, aber die viel alltäglicheren Erfahrungen junger Männer in solchen toxischen Umgebungen vernachlässigt.“ Ein weiteres Ziel sei es darum auch, Interventions- und Schutzstrategien zu entwickeln, um die digitale Sphäre wieder zu einem „besseren Ort“ zu machen – auch für die Communities selbst.
Das Forschungsprojekt mit dem Titel „DANCE – Dark Nerd Communities: A multi-method exploration of toxic degradation in the adolescent technosphere“ betritt auch methodisch Neuland. Neben klassischen qualitativen und quantitativen Formen der Sozialforschung wie Beobachtungen von Live-Events und Umfragen kommen zusätzlich computergestützte Methoden, Experimente und Simulationsstudien zum Einsatz. „Diese Kombination ist bisher einzigartig. Wir erhoffen uns dadurch fundierte Einblicke in wenig erforschte Bereiche, zu denen es bislang nur einzelne anekdotische Berichte gibt“, betont Thorsten Quandt.
Bereits 2010 erhielt Thorsten Quandt als erster Kommunikationswissenschaftler einen „Starting Grant“ des ERC für das Projekt „The social fabric of virtual life: A longitudinal multi-method study on the social foundations of online gaming“. Mit Advanced Grants fördert der europäische Forschungsrat herausragende Forscher*innen in allen Wissenschaftsbereichen. Auswahlkriterien sind wissenschaftliche Exzellenz des Antragsstellers gepaart mit einem innovativen zukunftsweisenden Projekt. Weitere Förderlinien des ERC sind „Starting Grants“, „Proof of Concept Grants“ und „Synergy Grants“.
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