Vorlesung: Italien und Europa 1900-1945: vom liberalen Königreich bis zum Zusammenbruch des Fascismo
Mittwoch, 12-14 Uhr; Raum: bitte dem HISLSF entnehmen; Beginn: 17.10.2012
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schien im Königreich Italien unter dem vielfachen Ministerpräsidenten Giolitti eine Demokratisierung des oligarchischen politischen Systems zu gelingen. Zugleich entstanden erstmals moderne Mitgliederparteien der Katholiken und Sozialisten, aber auch ein radikaler Nationalismus, der Giolitti in einen Kolonialkrieg um Libyen trieb. Der Beginn des Ersten Weltkriegs zeigte, dass die nationalistische Erziehung der Bürger schlechter gelungen war als in den anderen europäischen Staaten. Infolgedessen war das Land nach seinem Kriegseintritt auf Seiten der Entente wenig erfolgreich. Der Kriegsausgang, der – obwohl Italien zu den Siegermächten gehörte – als Niederlage wahrgenommen wurde, leitete die finale Krise des liberal-parlamentarischen Systems in Italien ein. 1922 ernannte der König den Führer der wachsenden faschistischen Bewegung, Benito Mussolini, zum Ministerpräsidenten und stattete ihn unter Bruch der Verfassung mit diktatorischer Gewalt aus. Der italienische Faschismus war zwar das Vorbild des deutschen Nationalsozialismus, erreichte aber nie dessen Radikalität – weder was die Unterdrückung der inneren Opposition betrifft, noch was die mörderischen Dimensionen seines Rassismus und seiner imperialen Abenteuer angeht.
Anhand der Ähnlichkeiten und Unterschiede zum Nationalsozialismus sollen in der Vorlesung die wichtigsten Charakteristika des italienischen Faschismus als politische Bewegung und als politisches Regime herausgearbeitet werden.
Literatur: Hans Woller: Rom, 28. Oktober 1922. Die faschistische Herausforderung, München 1999; Brunello Mantelli: Kurze Geschichte des italienischen Faschismus. Berlin 1998;
Denis Mack Smith: Mussolini. A Biography. New York 1983;
Philip Morgan: Italian Fascism 1919-1945. London 1995.
Hauptseminar: Nationsbildung in Deutschland vor der Reichsgründung 1750-1870
Mittwoch, 16-18 Uhr; Raum: bitte dem HISLSF entnehmen; Beginn: 17.10.2012
Der Nationalismus und damit die Nationsbildung begannen im Deutschen Bund (wie überall) als eine Bewegung der Intellektuellen. Ihnen gelang es, die Nation als neue politische Leitidee zu entwickeln, die sich in den antinapoleonischen Kriegen und in der Revolution 1848/49 stark ausbreitete. Die Schaffung eines neuen, mächtigen Deutschen Reichs wurde zumindest für die bürgerliche Opposition zum wichtigsten politischen Ziel. Die Vorstellungen von „Vaterland“ und „Nation“ wandelten sich aber zwischen dem Siebenjährigen Krieg und der Reichsgründung ganz grundlegend. Im Seminar werden repräsentative Intellektuelle nach ihren Konstruktionen von Nation und Nationalstaat, von „deutschem Wesen“ und „deutscher Sendung“ befragt. Im Mittelpunkt stehen Kontroversen um Kosmopolitismus und Patriotismus, das Verhältnis zu Frankreich, die Gegensätze zwischen „Groß-„ und „Kleindeutschland“ und zwischen „Nation“ und „Demokratie“.
Literatur: Bernhard Giesen: Die Intellektuellen und die Nation. Eine deutsche Achsenzeit, Frankfurt/M. 1993. Christian Jansen/Henning Borggräfe: Nation – Nationalität – Nationalismus. Frankfurt/M. 2007. Hagen Schulze: Der Weg zum Nationalstaat. Die deutsche Nationalbewegung vom 18. Jahrhundert bis zur Reichsgründung, München 1997. Johannes Willms: Nationalismus ohne Nation. Deutsche Geschichte 1789-1914, Frankfurt/M. 1985.
Hauptseminar: Die 1970er Jahre: Krise und Umbruch der alten Bundesrepublik
Dienstag, 18-20 Uhr; Raum: bitte dem HISLSF entnehmen; Beginn: 23.10.2012
Das Seminar behandelt die Zeit, in der die Bundesrepublik Deutschland von sozialliberalen Koalitionen regiert wurde – die Jahre 1969-1982. Die leitende Fragestellung gilt dem gesellschaftlichen Wertewandel in der Folge von „1968” und den sowohl intendierten als auch nicht intendierten Auswirkungen der Reformprojkete der sozialliberalen Regierungen, die mit hohen Ansprüchen angetreten waren („Mehr Demokratie wagen”).
Neben politikgeschichtlichen Themen werden die Herausforderung und Veränderung des politischen Systems durch terroristische Gruppen und die „Neuen Sozialen Bewegungen” (Frauen-, Ökologie- und Friedensbewegung, Internationalismus und alternative Projekte) im Mittelpunkt stehen. Bei Interesse können auch alltags- und kulturgeschichtliche Aspekte
behandelt werden (populäre Musik, Filme, Literatur, Fernsehen, Kinder und Jugendliche). Diese Gruppen versuchten auf sehr unterschiedliche Weisen, die Gesellschaft „gegen den Staat”, also „von unten her” zu revolutionieren. Dabei soll die These überprüft werden, dass diese ursprünglich subversiven Bewegungen letztlich zu einer Erweiterung der Legitimationsbasis des politischen Systems der Bundesrepublik beitrugen.
Literatur: Anselm Döring-Manteuffel/Lutz Raphael: Nach dem Boom: Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970. Göttingen 2008. Werner Faulstich (Hg.): Die Kultur der Siebziger Jahre. München 2004. Gerd Koenen: Das rote Jahrzehnt. Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967-1977. Frankfurt/M. 2005 (Fischer-Taschenbuch). Massimilano Livi et al. (Hg.): Die 1970er Jahre als schwarzes Jahrzehnt. Politisierung und Mobilisierung zwischen christlicher Demokratie und extremer Rechter. Frankfurt/M. 2010. Edgar Wolfrum: Die 70er Jahre: Republik im Aufbruch. Darmstadt 2007.