Forschungsinteressen

Genuszuweisung/nominale Klassifikation
Deklinationsklassen im Deutschen
Der Erwerb flexionsmorphologischer Strukturen
Prototypische Sätze
Kontrollrelationen in der deutschen Syntax und in anderen Sprachen

Genuszuweisung/nominale Klassifikation

Eines meiner Hauptarbeitsgebiete ist die deutsche Morphologie. Insbesondere habe ich mich mit Klassifikationsprozessen in natürlichen Sprachen – spezifischer der Genuszuweisung im Deutschen – auseinandergesetzt. Dabei habe ich zusammen mit meinem Kollegen, Professor David Zubin, Buffalo, USA, die Auffassung vertreten, die Genuszuweisung sei motiviert und nicht, wie im allgemeinen angenommen, arbiträr organisiert. Gegenwärtig arbeiten Zubin und ich an einem Buch, in dem die Genuszuweisung als ein wichtiges kognitives Organisationsprinzip neben anderen nominalen Klassifikationsphänomenen in den Sprachen der Welt aufgefasst wird.

Deklinationsklassen im Deutschen

Hier geht es um die diachrone und synchrone Entwicklung der Deklinationsklassen im Deutschen. Es wird angenommen, dass sich die interne Organisation der Deklinationsklassen am besten im Sinne der Prototypentheorie beschreiben und erklären lässt. Ziel meiner Arbeiten  ist der Nachweis der formalen und semantischen Motivierung von Deklinationsklassen. Übergänge von der einen zur anderen Deklinationsklasse sind vor dem Hintergrund der Prototypentheorie nicht abrupt, sondern mit spezifischen Übergangsprobabilitäten versehen. Mit zunehmender Entfernung von den Prototypen der verschiedenen Deklinationsklassen nehmen Übergangsprozesse in konkurrierende Deklinationsklassen zu.

Der Erwerb flexionsmorphologischer Strukturen

In neuerer Zeit hat sich in der linguistischen Forschung das Interesse an morphologischen Fragestellungen und Erklärungskonzepten verstärkt. Großen Anteil an dieser Entwicklung haben die Forschungen im Bereich der sog. „Natürlichkeitsmorphologie“ und die Arbeiten zur schematischen Repräsentation morphologischer Konzepte. Gemeinsam haben diese Arbeiten gezeigt, dass sich die einzelsprachlichen Tatsachen nicht zufällig und willkürlich ordnen, sondern in ihrer Strukturierung allgemeinen und universellen Prinzipien unterliegen. Im Rahmen der traditionellen, streng taxonomischen Fragestellungen verhafteten Morphologie lassen sich diese Prinzipien nicht aufdecken, wohl aber wenn man annimmt, dass die Morphologie kognitiv basiert sei. Zentrale allgemeine Fragestellungen in diesem Rahmen sind u. a.: – Wie sind morphologische Klassen und Paradigmen strukturiert? – Wie kommt es zu morphologischer Produktivität? – Wodurch sind morphologische Veränderungen motiviert und nach welchen Prinzipien erfolgt die Umorganisation morphologischer Systeme? Und spezifisch im Hinblick auf den Spracherwerb: Wie werden komplexe morphologische Systeme erworben? Welchen Status haben Flexionsklassen und -paradigmen? Handelt es sich dabei nur um theoretische Konstrukte oder sind sie psychisch real im Sinne von Mustern/Schemata, Regeln/Regularitäten, Relationen usw.? Welche Einblicke in die Strukturierung des menschlichen Geistes ermöglichen Sprachaufbauprozesse? Die Flexionsmorphologie ist ein bestens geeigneter Untersuchungsbereich, um das Wirken von Präferenzprinzipien und die Interaktion und Vernetzung verschiedener Lernstrategien aufzudecken. Im Rahmen dieser Forschungen sollen Fragenstellungen des Erwerbs von Flexionsmorphologie auf der Grundlage eines spezifischen linguistischen Theoriekonstrukts aufgriffen werden. Dies führt mehrere miteinander verwandte bzw. aufeinander aufbauende theoretische Konzepte zusammen, die weitgehend unabhängig von Fragestellungen des Spracherwerbs entwickelt wurden.

Prototypische Sätze

In der Vergangenheit haben mich immer wieder auch Einzelfragen der deutschen Syntax beschäftigt, etwa die Abfolge von Subjekt und Objekt im Mittelfeld des deutschen Satzes oder die Bestimmung von Kontrollrelationen in Infinitivkomplementen (vgl. unten). Leitende Frage war auch hier, wie schon für die Forschungsprojekte im Bereich der Morphologie, die nach der funktionalen Motivierung gegebener Strukturen. Gegenwärtig beschäftige ich mich mit dem Begriff des Satzes und mit Satztypen. Dabei sollen Einsichten der Sprechakttheorie mit kognitiven Konzepten von Grammatik kombiniert werden. Im spezifischen Fall interessieren mich Deklarativ-, Interrogativ- und Imperativsätze des Englischen und Deutschen. Sätze sollen nicht nur hinsichtlich ihrer Strukturen klassifiziert werden, sondern insbesondere auch hinsichtlich ihrer kognitiven und kommunikativen Funktionen. M.E. müssen die grammatische Form dieser Sätze und der propositionale Gehalt, der normalerweise durch diese Sätze ausgedrückt wird, aufeinander abgebildet werden. Ich gehe davon aus, dass Satztypen eine jeweils ihnen zugeschriebene typische kommunikative Funktion und einen typischen Inhalt haben. Tatsache ist jedoch, dass diese Satztypen auch kommunikative Funktionen erfüllen, die weniger typisch und damit mehr in der Peripherie ihres Spektrums liegen. Mit anderen Worten: Im strengen Sinne gibt es hier keine 1:1-Korrespondenz zwischen grammatischer Form und Funktion/Inhalt. Trotzdem glaube ich, dafür argumentieren zu können, dass die Beziehung zwischen Form und Funktion keineswegs arbiträr ist, sondern auch hier von der Motivierung der grammatischen Form auszugehen.

Kontrollrelationen in der deutschen Syntax und in anderen Sprachen

Die Interpretation leerer Elemente, d. h. ausdrucksseitig nicht realisierter sprachlicher Zeichen, ist ein klassisches Problem der modernen Sprachwissenschaft. Nullelemente sind in der Linguistik auf verschiedenen Ebenen des sprachlichen Systems und Gebrauchs postuliert worden, insbesondere in der Morphologie und Syntax. Auch für das Verständnis von Diskurs ist eine Modellierung der Rolle des Nichtgesagten (Konversationsimplikaturen) von zentraler Bedeutung. Auf der Ebene der Syntax hat in den vergangenen 30 Jahren die Interpretation von leeren Subjekten in nicht-finiten Sätzen als sog. „Kontrollproblem“ große Aufmerksamkeit erfahren. Es wurde zunehmend erkannt, dass das Verstehen solcher Leerstellen nicht ausschließlich syntaktisch bestimmt ist, sondern durch eine Reihe semantisch-pragmatischer Faktoren beeinflusst wird. Ziel dieser mit dem Kollegen Professor Klaus Panther (Universität Hamburg) durchgeführten Forschungen ist eine kognitiv fundierte Kontrolltheorie, die universell gültige Kontrollprinzipien in ihrem Zusammenspiel mit einzelsprachlichen Struktureigenschaften darstellt. Insbesondere soll geklärt werden, in welchem Verhältnis syntaktische, semantische und pragmatische Informationen bei der Interpretation von leeren Subjekten zueinander stehen. Im Zentrum steht die Analyse des Deutschen und Englischen. Zu diesen Sprachen sollen neben Informantenbefragungen und experimentellen Erhebungen umfangreiche Korpora der gesprochenen und geschriebenen Sprache untersucht werden. Schließlich soll untersucht werden, wie Kinder Kontrollrelationen erwerben und welchen Prinzipien sie bei der Interpretation dieser Strukturen folgen.