• Dissertationsprojekt

    Arbeitstitel: Die literarische Briefform in der Spätantike am Beispiel der Briefe des Hieronymus


    Römische Literaten ordneten ihre Texte in der Regel einer Gattung zu und banden sich somit an die literarischen Modelle ihrer Vorgänger an. Die christlichen Briefschreiber der Spätantike konnten auf zwei Kategorien von Briefen zurückgreifen: Die Briefsammlungen klassisch-paganer Autoren und die neutestamentlichen Episteln. So wichtig die Anbindung an literarische Vorbilder auch gewesen sein mag, bestand römische Literatur aber oft auch aus Innovation, in der die Ambition der Autoren lag. So wurde die Briefform in der Spätantike unaufhörlich modifiziert, dynamisiert, umgedeutet und erweitert. Man kann und muss also von einem konstanten Formwandel sprechen, durch den der Brief ständig geändert und für das christliche Umfeld adaptiert wurde.

    Einer Definition des Augustinus zufolge ist als ein Brief jeder Text zu bezeichnen, "in dem am Anfang steht, wer an wen schreibt". "Alles, was als Brief publiziert wurde, mit Anrede und Schlußformel, ist also ein Brief", schlussfolgert Michaela Zelzer in einem Artikel über den Brief in der Spätantike. Dementsprechend können Briefe sehr unterschiedliche Formen annehmen: Es kann sich, nach inhaltlicher Klassifizierung, um sehr kurze Freundschaftsbriefe handeln, um Empfehlungs-, Mahn- oder Konsolationsschriften oder um lange apologetische, polemische, dogmatische und exegetische Briefe. Diese Episteln können auch im Hinblick auf Adressaten variieren, vom engen Freund, über kirchenpolitische Autoritätspersonen, bis hin zu offenen Briefen an ein breites Publikum.

    Die Epistulae des Hieronymus eignen sich aus zwei Gründen für eine Studie zur Briefform. Einerseits kannte der Kirchenvater sehr gut die klassisch lateinische (Brief-)Literatur sowie die Bibel und damit die paulinischen und katholischen Briefe. Andererseits sind in seinem Briefkorpus, das 132 selbst geschriebene Briefe enthält, all diese Briefformen in mehrfacher Ausführung vorhanden und eignen sich deswegen besonders für eine Analyse dieser heterogenen Gattung. Es gibt Überschneidungen und Unterschiede, sowie eine gewisse Durchlässigkeit zwischen diesen Briefformen, die in meinem Dissertationsprojekt untersucht werden sollen. Um diese Gemeinsamkeiten und Differenzen zu erforschen, sollen folgende Fragen gestellt werden: Warum wurde für diese Schriften die Gattung Brief gewählt? Welche Gestalt haben sie? Was sind Aufgaben und Funktionen dieser Briefe? Wie werden Anspielungen auf literarische Modelle umgesetzt und wie werden klassische Brieftheorien rezipiert? An welchen Stellen lehnt Hieronymus diese ab? Wie werden Alltagsbanalitäten als Gegenwartsbezüge in diesen Episteln verhandelt?

    Die Grundlage zur Beantwortung dieser Fragen wird ein Vergleich der hieronymianischen Briefe bilden, durch den die verschiedenen Briefformen nebeneinander- und gegenübergestellt werden sollen. Durch eine detaillierte stilistische, rhythmische und kommunikationstheoretische Analyse soll gezeigt werden, wie der Autor seine Episteln als literarische Werke gestaltet hat.

  • Vita

    seit Oktober 2016 Promotionsstipendium am DFG-Graduiertenkolleg ,,Literarische Form. Geschichte und Kultur ästhetischer Modellbildung“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
    10/2015 - 06/2016 European Master in Classical Cultures
    Westfälische Wilhelms-Universität Münster
    06/2015 Unterstützung bei der Organisation und Durchführung des International Colloquium on Latin Linguistics
    09/2014 - 07/2015 European Master in Classical Cultures
    Université de Toulouse II - Jean Jaurès
    09/2013 - 07/2014 Bachelorstudiengang Klassische Philologie
    Université de Toulouse II - Jean Jaurès
    09/2012 - 07/2013 Bachelorstudiengang Klassische Philologie / Französisch
    Université de Nice - Sophia Antipolis (Erasmus - Auslandsjahr)
    10/2011 - 09/2012 Bachelorstudiengang Klassische Philologie / Französisch
    Ruhr-Universität Bochum

  • Vorträge

    2018

    Entre éloge et polémique: Étude sur la Lettre 38 à Marcella de Jérôme. Vortrag im Rahmen der Recontre des doctorants de la MOM in Lyon am 27.03.2018.

    doctrinae sal: Hieronymus' (metatextuelle) Reflexion über Briefformen. Workshopleitung im Rahmen der Jahrestagung des Arbeitskreises Patristik in Wuppertal am 25.03.2018.

    Zwischen Lob und Polemik: Eine Aufforderung zur Askese (Hier. epist. 38). Vortrag im Rahmen der XV. Ianualia in Wuppertal am 12.01.2018.

    2017

    «De l'écueil à la blessure. Quelques réflexions sur l'imaginaire de la Lettre 77, 1-5 à Océanus en vue d'une nouvelle traduction».

    Vortrag im Rahmen des Atelier autour de la retraduction de la Correspondance de saint Jérôme dans la Collection des Universités de France, Toulouse, 19.-20. Mai 2017.

    2016

    «Serpents, scorpions, chiens, ânes ... Les animaux désignant des anniversaires dans la correspondance de saint Jérôme».

    Vortrag im Rahmen der 25e Rencontres de patristique, Sylvanès, 23.-26. Juni 2016.

  • Lehre

    SoSe 2018 Lateinische Poesie-Lektüreübung: Tibull
    WiSe 2017/18 Lateinische Lektüreübung: Cicero, Verres, Buch 5
    SoSe 2017 Lateinische Prosa-Lektüreübung: Plinius, epistulae