„Wissenschaft ist Gedankenaustausch, Debatte und Transfer von Information und Wissen“

Interview mit Professor Dr. Thorsten Quandt, Organisator der vierten internationalen Summer School „Trust in Mediated Communication“, die vom 29. Mai bis 3. Juni in Münster stattfand.

Professor Dr. Thorsten Quandt ist Professor für Online-Kommunikation am Institut für Kommunikationswissenschaft und Antragsteller des DFG-Graduiertenkollegs „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“. Die vierte internationale Summer School, direkt nach der diesjährigen 68. Hauptkonferenz der International Communication Association (ICA) in Prag, hat Thorsten Quandt zusammen mit seinen Mitarbeitenden organisiert und Senior- und Nachwuchswissenschaftler aus 11 Nationen in Münster zusammengebracht. Zu Inhalten, Konzept und Ergebnissen der internationalen Summer School haben wir Thorsten Quandt befragt.

Das Thema Vertrauen und Kommunikation ist aktuell durchaus präsent in den Medien. Das Vertrauen in den Journalismus und die Politik wird unter dem Stichwort Fake News diskutiert; beim Vertrauen in die Technologie zeigen Studien, dass die Menschen Algorithmen nicht vertrauen, obwohl diese vielleicht objektivere Entscheidungen treffen würden; das Vertrauen in Big Data wird ebenfalls diskutiert. Zieht die Wissenschaft bei der Diskussion mit?

Mein Eindruck ist, dass die Wissenschaft auf diese Debatte durchaus reagiert - in Teilen sogar etwas überreagiert. Nicht jedem Trend muss man nachjagen und manche Begriffe aus der öffentlichen Diskussion sind wissenschaftlich problematisch. Dazu gehört sicherlich auch „Fake News“ - meist als Vorwurf in einer politisch aufgeheizten Debatte benutzt. Andererseits verweist die öffentliche Thematisierung auf ein relevantes gesellschaftliches Problem, dem sich die Wissenschaft auch stellen muss. In der Summer School widmen wir uns diesem Problem - mit der notwendigen Seriosität und Augenmaß. Neue methodische Zugänge spielen dabei durchaus eine Rolle - also auch die Analyse von „Big Data“. 


Das Graduiertenkolleg „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“ ist bewusst fächerübergreifend angelegt und auch die Summer School ist interdisziplinär konzipiert. Warum ist das wichtig und wie macht sich das im wissenschaftlichen Austausch zum Thema Vertrauen für Sie bemerkbar?

Mit dem Denken in wissenschaftlichen Silos kann man die aktuellen Probleme nicht lösen, weder theoretisch noch methodisch. Das merkt man als Kommunikationswissenschaftler ganz konkret dann, wenn man bei der Datenerhebung und -analyse mit Problemen konfrontiert wird, die üblicherweise in der Informatik oder der Computerlinguistik behandelt werden. Aber auch die psychologischen Grundlagen und die gesellschaftlichen Auswirkungen der aktuellen Debatte über Vertrauen in Zeiten von Social Media und permanenter Vernetztheit müssen betrachtet werden - insofern gibt das Thema die Interdisziplinarität bereits vor. 


Bekannte Forscherpersönlichkeiten, ein fokussiertes Teilnehmerfeld, viel Austausch in kurzer Zeit - die Teilnahme an einer Summer School ist für junge Wissenschaftler sehr intensiv. Welche Chancen bieten solche Veranstaltungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs?

Einerseits können die Nachwuchswissenschaftler ihre Arbeiten vor führenden Wissenschaftlern im Feld vorstellen und bekommen wertvolles Feedback. Andererseits erfahren sie auch von den aktuellen Studien dieser Forscher - und im Gegensatz zum Literaturstudium können sie diese Arbeiten auch direkt mit den jeweiligen PIs diskutieren. Darüber hinaus bieten diverse Workshops wertvolle Einsichten in die Karriereplanung, Publikationsstrategien und vieles mehr. Und nicht zuletzt ist so eine Summer School auch eine tolle Möglichkeit zur Vernetzung über Standorte und enge Themengebiete hinaus. Diese Mischung macht den Reiz der Summer School aus - und letztlich die Atmosphäre, die nur entstehen kann, wenn über mehrere Tage intensiv zusammengearbeitet wird.


Sie konnten für die Summer School zahlreiche renommierte und internationale Sprecher gewinnen. Das zeigt Interesse und Wertschätzung. Was macht den Austausch mit Nachwuchswissenschaftlern für etablierte Wissenschaftler so spannend?

Wissenschaft ist Gedankenaustausch, Debatte und Transfer von Information und Wissen. Insofern dürfte sich die Frage gar nicht stellen: Ob etabliert oder nicht - Forscher, die mit Herz und Seele dabei sind, wollen mit anderen über ihre Ideen diskutieren und auch Neues von anderen Wissenschaftlern erfahren. Insofern ist es auch für die ‚Seniors‘ eine tolle Erfahrung. Zumal die Nachwuchswissenschaftler oft anders fragen, damit unverbrauchte und frische Ideen in die Debatte bringen. Die Resonanz auf unsere Teilnahme-Anfragen bei den Seniors war jedenfalls extrem gut - übrigens genauso wie die Resonanz auf den Call bei den Juniors: Wir hatten über 80 Einreichungen aus der ganzen Welt, so dass das Review-Verfahren und die Zulassung sehr kompetitiv waren.

Weitere Informationen zur internationalen Summer School 2018 "Trust in Mediated Communication" finden sich auf der Internetseite des Instituts für Kommunikationswissenschaft hier.

Professor Dr. Thorsten Quandt ist Professor für Online-Kommunikation am Institut für Kommunikationswissenschaft und Antragsteller des DFG-Graduiertenkollegs „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“.
Professor Dr. Thorsten Quandt ist Professor für Online-Kommunikation am Institut für Kommunikationswissenschaft und Antragsteller des DFG-Graduiertenkollegs „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“.
© Susanne Lüdeling
© Tim Schatto-Eckrodt
© Tim Schatto-Eckrodt
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