Lernen, Forschen und Lehren in Stanford

Antragsteller Prof. Dr. Thorsten Quandt berichtet von seinem Aufenthalt als Gastprofessor an der Universität Stanford (Kalifornien, USA)

Während seines Forschungsfreisemesters von März bis Juli 2018 hat Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Quandt an den Universitäten Oxford und Stanford gelehrt und geforscht. Im zweiten Abschnitt des Semesters, von Mai bis Mitte Juli, war Thorsten Quandt auf Einladung von Prof. Jeremy Bailenson Gastprofessor am H-Star-Institute der Universität Stanford. Dort beschäftigte er sich insbesondere mit Technologien zu Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR). Über seine Erfahrungen und Eindrücke hat Thorsten Quandt noch aus Stanford einen kurzen Erfahrungsbericht geschrieben und Fotos vom Campus geschickt.

Eindrücke aus Stanford von Prof. Dr. Thorsten Quandt:

Stanford ist ein völlig anderer Typ Universität als das, was man so aus Deutschland kennt. Es ist fast schon ein utopischer Ort: Der Campus ist riesig (33 Quadratkilometer), obwohl die Uni gerade mal 16.430 Studenten hat. Die „Farm“ - wie Stanford auch genannt wird - hat ein eigenes Bus-System, ein professionelles Football-Stadium und diverse Fitness-Studios, sowie Labore und Einrichtungen, von denen man bei uns eigentlich nur träumen kann. Das hat allerdings auch seinen Preis: Der Betrieb kostet Milliarden, und die Studiengebühren für BA-Studierende betragen über 40 Tausend Dollar - und zwar pro Jahr. Zudem ist Stanford extrem selektiv: Die Annahmequote liegt bei gerade mal fünf Prozent im Undergraduate-Bereich. Umgekehrt bedeutet das, dass die Leistungsbereitschaft extrem hoch ist und auch völlig andere Anforderungen gestellt werden als an deutschen Universitäten.

Das Department hat mit Leuten wie Jeremy Bailenson und Byron Reeves einige führende Forscher im Schnittstellenbereich zwischen Medienpsychologe und der Erforschung neuer Technologien. Bailenson verfügt über ein Labor, das sehr ähnlich ist wie das VR-Lab an meinem Arbeitsbereich. Wir arbeiten an gemeinsamen Studien, speziell zu exzessiver Nutzung und zur Veränderung der (Selbst-)Wahrnehmung durch VR/AR.

Interessant ist bei der Arbeitsweise der Kolleginnen und Kollegen hier, dass eigentlich immer stark problem- und anwendungsorientiert gedacht wird: wofür kann ich das nutzen, wie kann man das im Alltag anwenden? Disziplingrenzen spielen weniger Rolle, oft aber die Frage nach der Verwertbarkeit: Viele der Professorinnen und Professoren haben eigene Firmen, und auch die Studierenden gründen - teilweise sehr erfolgreich - Startups. Allerdings sind die Voraussetzungen hierfür auch anders als in Deutschland. Zu Facebook kann ich mit dem Fahrrad in 20 Minuten fahren, Google ist ebenfalls in „bike distance“, und nach Cupertino zu Apple ist es mit dem Auto ein Katzensprung. Die Tech-Firmen sind eng mit dem Campus verbunden, und Absolventinnen werden direkt vom Campus wegengagiert.

Die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Leuten des Departments und dem Leben im Silicon Valley sind extrem hilfreich. Einiges davon lässt einen auch den eigenen Ansatz überdenken, und die vorwärts gewandte Denkweise ist bewundernswert. Andere Dinge lassen einen mit Verwunderung zurück - aber: auch das ist hilfreich, um die Situation vor Ort auch nochmal zu reflektieren. Insofern ist der Aufenthalt hier sehr lehrreich, und in manchen Dingen auch abenteuerlich - im besten Sinne des Wortes.

© Thorsten Quandt
© Thorsten Quandt
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